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Attila - Die Welt in Flammen

Attila - Die Welt in Flammen

Titel: Attila - Die Welt in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Napier
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klammerten sich an Balkentrümmern fest. Aëtius ließ suchend den Blick über sie schweifen, bis er das längliche, mitleid- und ausdruckslose Gesicht des Kapitäns entdeckte, und machte einen der visigotischen Bogenschützen auf ihn aufmerksam. Der Kapitän, dem das fast weiß gebleichte Haar an den hageren Wangen klebte, blickte unverwandt herüber, fixierte Aëtius mit seinen stechend blauen Augen, während sich seine Lippen bewegten, vermutlich irgendeine uralte Verwünschung murmelnd. Der Bogenschütze legte einen Pfeil ein, zielte und traf ihn genau zwischen den Augen. Er sank zurück, seine Arme trieben leblos neben ihm im Wasser, die toten Augen blickten himmelwärts. Noch im Tod war sein Mund halb geöffnet; er war mit den Worten seines Fluchs auf den salzverkrusteten Lippen gestorben.
    Einige der anderen Piraten hatten sich in Richtung der
Haifisch
in Bewegung gesetzt, ihre letzte Hoffnung, hielten aber dann auf halbem Weg inne, weil sie ahnten, dass man sie mit Speeren empfangen würde.
    Aëtius schickte den Ausguck in den Mastkorb hinauf.
    Der Mann zeigte in eine Richtung knapp südlich der Sonne. Aëtius sprang auf das erhöhte Steuerdeck und rief den zwanzig oder dreißig im Wasser paddelnden Piraten zu: «Seid froh, dass wir euch nicht im Wasser abschlachten, wie ihr es eigentlich verdient hättet!»
    Den Schiffbrüchigen stand Todesangst ins Gesicht geschrieben, während sie ihm zuhörten.
    «Ob ihr ertrinkt oder ob euch die Haie fressen, was kümmert das uns? Aber wenn ihr in die Richtung schwimmt», Aëtius ließ den Arm zur Seite schnellen, «südlich der Sonne, da befindet sich Land, vielleicht erreicht ihr es ja. Möge Gott entscheiden.»
    Ein hektisch strampelnder Schwimmanfänger schrie: «Wie weit ist es noch bis dahin?»
    «Zehn Meilen vielleicht.»
    Rufus murmelte etwas. Aëtius sah noch einmal blinzelnd zum Horizont, konnte aber nichts erkennen. Der Bursche mit seinen noch jungen Augen aber hatte Land gesehen. «Vielleicht auch weniger», rief er den Piraten zu. «Vielleicht auch nur sechs oder sieben Meilen.»
    «Wir werden ertrinken», riefen sie. «Ihr verurteilt uns zum sicheren Tod!»
    «Im Gegenteil, ich überlasse euch dem Tod – den ihr verdient habt –, wohl wissend, dass ihr möglicherweise mit dem Leben davonkommt. Ihr befindet euch in Gottes Hand. Das Meer ist ruhig, die Sonne scheint. Das Wasser um euch herum ist voller Blut, und in diesen Breiten wimmelt es von Haien. Macht also besser, dass ihr hier wegkommt.»
    Er wandte sich um. «Hortator! Schlag die Trommel!»
    In der Stille war erneut das Geräusch von Rudern zu vernehmen, die im Gleichtakt ins Wasser eintauchten, und die Liburne setzte sich gemächlich mit Kurs auf Osten in Bewegung, am Bug silbrig umspült von den sanften Wellen der Ägäis. Die Piraten sahen voller Verzweiflung, wie sich die
Haifisch
von ihnen entfernte, auf der ein Seemann bereits damit beschäftigt war, die Runen am Bug auszukratzen und mit einem neuen Namen zu überpinseln:
Cygnus
II
. Es war alles so schnell gegangen, so erschreckend planvoll und straff organisiert. Dann wendeten sich schließlich jene Piraten, die den Mut noch nicht ganz aufgegeben hatten, mit ihren Balkentrümmern in die andere Richtung und fingen an, sich mit den Beinen vorwärtszustoßen.
    Der Schiffsführer schüttelte den Kopf. «Caesar hat seine Piraten damals noch kreuzigen lassen.»
    Aëtius schnaubte. «Caesar war auch ein größerer Mann als ich.»
    * * *
    Thorismund verkaufte seine Sklaven in Thessalonika. Selbst der Verlust dieser beiden Stunden verdross Aëtius, das war nicht zu übersehen, aber sie mussten ohnehin Wasser und Proviant an Bord nehmen. Der Prinz erzielte einen Gewinn von dreißig Solidi.
    Er grinste. «Kein schlechter Fang.»
    «Folgt mir nach, ich will euch zu Menschenfischern machen», zitierte sein Bruder trocken, während er den prallen Geldbeutel musterte. «Aber ganz so hat Christus es wohl nicht gemeint, oder?»
    Aëtius brach in schallendes Gelächter aus.
    Die übrige Reise verlief dann, alles in allem, recht angenehm.

5. YANKHIN
    A uf die Nachricht von seiner Ankunft hin eilte ich, Priscus von Panium, umgehend zum Hafen des Julian hinunter, um ihn zu begrüßen.
    Er sah mich lächelnd an. «Und wer magst du sein, alter Mann? Ein ergrauter Bettler, der um Almosen heischt?» Er legte mir die Hand auf die Schulter. «Lass uns später miteinander sprechen. Ich muss dringend mit dem Kaiser sprechen, dringender noch als mit meinem alten

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