Attila - Die Welt in Flammen

Titel: Attila - Die Welt in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Napier

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Seegefechten mit solchen Angreifern wurden aus sicherer Entfernung Geschosse, Bolzen, Brandpfeile abgefeuert, diese verfluchten Brandmittel aus Alexandria. Nur ein Wahnsinniger würde heute noch auf Rammen als Taktik setzen.
    «Alles klarmachen zum Rammen», bekräftigte er nochmals. «Aber lass sie erst noch näher herankommen.»
    «Dann wird die Entfernung nicht ausreichen, um das nötige Tempo zu gewinnen.»
    Aëtius wiederholte seinen Befehl nicht.
    «Ihr denkt wie ein Legionär von früher», ließ sich Prinz Theoderich vernehmen, der die Sache mit dem Helm inzwischen verwunden hatte.
    Aëtius wandte sich ihm stirnrunzelnd zu. «Inwiefern?»
    Theoderich erwiderte seinen Blick ehrerbietig, doch ohne Furcht. «Nun, Ihr wollt Eurem Feind entgegentreten, legt es auf einen Kampf an, bei dem Ihr ihm ins Auge sehen und ihm Euer altmodisches Kurzschwert in den Leib stoßen könnt. Weil das eben, Eurer Ansicht nach, die einzig mannhafte Form des Kampfes ist, selbst hier auf See. Ihr wollt diese Schiffe rammen und leckschlagen, ganz aus der Nähe. Aber es sind zwei, und sie sind höher als unser Schiff. Wenn Ihr eines rammt, steckt Ihr fest. Dann kommt das andere von der Seite heran, und wir werden an zwei Fronten angegriffen. Auf jedem dieser Piratenschiffe dürften sich an die hundert Seeräuber befinden. So kühn meine Wolfskrieger auch sind, sie sind keine Übermenschen. Sie werden alle umkommen.» Der junge Prinz reckte die Schultern. «Und ich lasse nicht zu, dass sie sinnlos geopfert werden.»
    Dieser hochmütige junge Prinz mit seinen hellblauen Augen und dem goldenen Stirnreif, ein grüner Junge ohne jede Erfahrung zur See, besaß die Frechheit, seine Seetaktik zu kritisieren? Aber Aëtius beherrschte sich. «Vertrau mir», sagte er nur.
    * * *
    Das zweite Schiff, noch zwei oder drei Meilen entfernt, näherte sich ihnen von achtern. Sie sollten also eingekreist werden, ganz wie erwartet. Aber die
Cygnus
würde ihnen eine Überraschung bereiten. Darauf kam es an, den Feind stets zu überraschen. Schlachten wurden nicht durch alchemischen Hokuspokus aus Alexandria gewonnen, sondern durch Mut, Disziplin und eine gute Prise unliebsamer Überraschungen. Aëtius grinste. Es tat gut, wieder kämpfen zu können.
    Vor dem Auslaufen hatte er bei Händlern in Massilia noch einen massiven Enterhaken sowie einige Enterplanken besorgen lassen. Nun gab er Befehl, diese praktischen Hilfsmittel an Deck zu bringen und am Heck bereitzulegen, den Enterhaken bereits an einem Seil vertäut.
    «Am Heck? Aber wir rammen sie doch am Bug!»
    «Führ einfach deine Befehle aus, Seemann.» Damit begab er sich unter Deck.
    Die gotischen Kämpfer waren kernige, prächtige Recken, aber jetzt stand ihnen die Furcht in die blassen, seekranken Gesichter geschrieben. Das laute Krachen des Rammsporns, der ungewohnte Lärm eines Seegefechts, all das würde sie zu Tode erschrecken. Bei aller Kühnheit und Körperkraft blieben sie doch Barbaren, denen es an Disziplin fehlte. Möglich, dass sie heute in diesen salzigen Fluten fern der Heimat den Tod fanden. Kein sonderlich heldenhafter Tod, als Futter für die Fische zu enden, das widersprach all ihren Ehrbegriffen. Sie blickten ratsuchend ihre Prinzen an und den Befehlshaber, diesen Aëtius, den Römer, auf den ihr König Theoderich so große Stücke hielt; nein, er machte nicht den Eindruck, als hätte er mit dem Leben abgeschlossen.
    Prinz Thorismund tauchte neben Aëtius auf.
    «Habt Vertrauen», wiederholte der General mit Nachdruck. «Vergesst nicht, wie sehr ich euren Vater achte und schätze. Er ist ein weiser König und wahrer Christ, und ihr seid seine Söhne. In meiner Obhut seid ihr sicher.» Würde König Theoderich auf seine Tochter doch nur ebenso gut achtgeben, dachte er bitter.
    Thorismund blickte merklich beruhigter drein.
    Aëtius erteilte dem Schiffsführer weitere Instruktionen. «Lass jetzt die Rudersklaven losketten. Sobald wir den Feind rammen, lass sie hochkommen und sich am Heck sammeln. Verstanden? Dafür den Ballast am Bug verstärken. Unser Vordeck dürfte schon bald von den Piraten unter Beschuss genommen werden. Die Wolfskrieger sollen unter Deck bleiben und meinen Befehl abwarten. Und sorg dafür, dass deine Seeleute bereit sind, den Enterhaken auszuwerfen.»
    «Wohin?»
    «Auf das zweite Schiff», sagte Aëtius geduldig.
    «Woher wollt Ihr wissen, dass es in unsere Nähe kommt?»
    «Es wird kommen. Sie sollen den Enterhaken hinüberwerfen und dann die Enterplanken