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Attila - Die Welt in Flammen

Attila - Die Welt in Flammen

Titel: Attila - Die Welt in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Napier
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rührten und regten sich nicht. Vigilas hatte die rechte Hand auf sein Obstmesser gelegt.
    «Ihr Dummköpfe!», brüllte der König unvermittelt und schlug mit der mächtigen Faust so heftig auf einen Tisch neben sich, dass die Speiseschüsseln zu Boden polterten. Es schien, als würden bei seinem Zornesausbruch die Filzwände des Zeltes selbst erbeben. «Ihr römischen Dummköpfe! Als würde auch nur einer aus meinem Volk euch um den Tand und Flitter beneiden, mit dem euer Sündenpfuhl von einem Palast geschmückt ist! Als würde auch nur einer von ihnen schnödes Gold gegen wahren Ruhm eintauschen!» In ruhigerem Tonfall fuhr er fort. «Es wäre nicht das erste Mal gewesen, dass Rom mir nach dem Leben trachtet, ein Imperium von Eunuchen, das seine Feinde lieber durch List und Tücke aus dem Weg räumt statt tapfer und mutig in offener Schlacht. Nach diesem jüngsten Versuch aber, dessen Plumpheit selbst ein Kind beschämt hätte, wird unsere Vergeltung an euch, dessen dürft ihr gewiss sein, nur umso schlimmer ausfallen.»
    Er wandte sich zu Geukchu und streckte ihm die Hand entgegen. Geukchu reichte ihm ein Schwert.
    «Chrysaphius», sagte er, «Vertrauter des Kaisers Theodosius, tritt vor.»
    Der Gesandte war kreidebleich. Verzweifelt blickte er um sich, wandte sich stammelnd an seine Nachbarn, in der Hoffnung, sie würden ihm beistehen, aber vergeblich. Schließlich stand er auf und ging unsicher in die Zeltmitte. Er sah aus, als würde er jeden Moment ohnmächtig.
    «Also.» Attila musterte ihn verächtlich. «Du hast meinen Getreuen Geukchu und Orestes Gold angeboten, unermesslich viel Gold, damit sie dich und den Mörder Vigilas zu einer günstigen Stunde in mein Gemach führen, um mich dann im Schlaf zu ermorden.»
    «Herr, dagegen muss ich protestieren, da hat man Euch schändlich in die Irre –»
    Attila schlug ihm mit dem Handrücken so heftig ins Gesicht, dass er drei oder vier Meter zurücktaumelte und schließlich gegen einen Tisch krachte, von dem Schüsseln und Teller zu Boden klirrten. Niemand von uns sah sich bemüßigt, ihm zu helfen, auch keiner der Wolfskrieger. Hinterlist und Meuchelmord waren den Visigoten tief zuwider; sollte der Vorwurf gegen Chrysaphius der Wahrheit entsprechen, so verabscheuten sie ihn für die Schande, die er ihnen dadurch einbrachte.
    «Ich habe nicht um deinen Kommentar gebeten», knurrte Attila. «Ich befrage dich nicht, ich spreche zu dir und deinen entehrten Gefährten hier.»
    Zwei Hunnenkrieger hoben Chrysaphius auf und ließen ihn vor Attila zu Boden fallen. Er lag da, heftig aus Mund und Nase blutend, und rang mühsam um Atem.
    Ich spähte zu Vigilas hinüber. Er hatte inzwischen die Hand von dem Obstmesser genommen. Es war hoffnungslos. Von der anderen Seite des Zeltes aus waren zehn hunnische Pfeile auf sein Herz gerichtet.
    «Ich fahre fort», sagte Attila. «Geukchu und Orestes sind zum Spaß auf eure stinkende byzantinische Bestechung eingegangen. Sie haben euch hierhergeführt und mir umgehend Meldung von eurem erbärmlichen Komplott gemacht. Was haben wir zusammen darüber gelacht, meine Getreuen und ich. Und jetzt … stehen wir hier.»
    Er blickte uns an. Noch jemand war inzwischen aufgestanden: Aëtius.
    «Ah, Heermeister. Du wirst mir jetzt sagen, dass du an diesem Plan nicht beteiligt warst. Du wusstest nichts davon und hättest ein solches Vorgehen auch niemals gebilligt, wenn du davon erfahren hättest.»
    «Richtig.»
    «Das wusste ich bereits. Bitte nimm wieder Platz.» Er sah hinab auf den blutverschmierten Gesandten zu seinen Füßen. «Sage mir, wie viel du dem Mörder Vigilas für den Mord an mir bezahlt hättest.»
    Chrysaphius atmete schwer. Blut drang ihm in Blasen aus der Nase. «Von fünf Pfund war die Rede, Herr.»
    «Ich weiß nicht, ob du tapfer bist oder dumm», sagte Attila, «aber du belügst mich noch immer.» Er hob den Fuß und ließ ihn mit voller Wucht auf den nackten Knöchel des Gesandten niedersausen. Chrysaphius brüllte auf und wollte davonkriechen, konnte aber nicht. Ich zuckte zusammen und wandte den Blick ab. Der Hunnenkönig ließ sein gesamtes Gewicht auf diesem Knöchel lasten, und mir war, als hörte ich Knochen knacken. Durch solche Grausamkeit werden alle Beteiligten erniedrigt, der Folterer, der Gefolterte und auch die Zuschauer. Auch Aëtius hatte den Blick abgewandt. Ich warf einen raschen Blick in die Runde: Die Hunnenkrieger im Zelt betrachteten das Schauspiel ungerührt und mit unbewegten

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