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Attila - Die Welt in Flammen

Attila - Die Welt in Flammen

Titel: Attila - Die Welt in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Napier
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auf.
    «Chanat wiegt zahlreiche Schafe auf. Und ich schätze Männer, die verwegen sind. Manchmal.» Mit diesen Worten wandte er sich endlich an Aëtius und reichte ihm eine Nachricht. «Hier, das ist für deinen Kaiser, dieses Schwein. Du und ich, wir werden uns wiedersehen.»
    «Auf dem Schlachtfeld?», erwiderte Aëtius ruhig. «Am Ende einer Schlacht? Nachdem Zigtausende von Männern einen unnützen Tod gestorben sind?»
    «Leben bedeutet Opfer», sagte Attila. «Die Welt ist ein Opferaltar.»
    * * *
    Attila ließ sie den ganzen Tag warten, bis in die Dämmerung hinein.
    Aëtius stand rastlos auf den Zinnen und wartete. Der Mond war noch nicht aufgegangen, aber er konnte ihn über dem schimmernden Schwarzen Meer im Osten und auf den blauweiß leuchtenden Flanken des Kaukasus erahnen, auf dem silbrig scheinenden Donaudelta und der geisterhaften Weißen Insel, auf der Achilles und Helena lebten. Matrosen behaupteten, sie hätten sie beim Liebesspiel gehört, als sie vorbeisegelten, und hätten Achilles’ Schwert wie eine gespenstische Flamme hoch in der Takelage zucken sehen.
    Dann kam Gamaliel auf ihn zu. Der Zustand der Kaiserin verschlechterte sich zwar nicht, besserte sich aber auch nicht.
    Aëtius sagte nichts.
    «Und Attila? Vertraust du ihm?»
    «Keinen Deut», erwiderte Aëtius. «Ich kenne ihn schon lange. Aber Pferde können Mauern wie diese nicht hinaufgaloppieren, und ich habe keinerlei Gerät zur Belagerung gesehen. Selbst diese kleine Stadt ließe sich ohne entsprechendes Gerät nur schwer in Besitz nehmen.»
    «Ihr habt genaue Betrachtungen angestellt.»
    «Einer der Gründe, weshalb ich mit ihm reden wollte – um die Lage einzuschätzen.»
    Gamaliel schmunzelte. «Aber es ist nur eine einzige Division.»
    «Eine von vielen. Die anderen werden entsprechendes Belagerungsgerät haben.»
    «Und wo sind sie?»
    Aëtius machte ein betrübtes Gesicht. «Fragt die Bürger von Sardica, von Adrianopel, vielleicht auch von Thessalonika. Sie wissen mittlerweile nur zu gut, wie viel Erfahrung die Hunnen mit Belagerungen haben, und wir können ihnen überhaupt nicht helfen. Der Osten hat keine nennenswerte Armee, nur noch die letzte der Kaiserlichen Wachen, und allenfalls einige isaurische Hilfstruppen, die uns beistehen können, falls Konstantinopel selbst angegriffen wird.»
    «Das also blüht uns?»
    «Oh ja, genau das steht uns bevor.»
    Nach einer Pause, um diese schlimmen Nachrichten zu verdauen, sagte Gamaliel: «Früher habe ich immer gebetet, die Menschen mögen Gott mehr lieben als die Macht.» Er machte eine Pause. «Ich bete immer noch darum.»
    Aëtius brummte nur unbestimmt.
    «Erinnerst du dich an den anderen Jungen, der mit dir im Lager der Hunnen war?»
    «Der griechische Sklave Orestes.» Er nickte. «Er ist noch immer dort. Älter, kahler.»
    «Nein, der keltische Junge, Cadoc, der Sohn jenes tapferen Offiziers Lucius.»
    «Mein Gott», sagte Aëtius leise, traurig und voller Erinnerungen. Man darf niemals zurückschauen, heißt es. Nicht, wenn man stark bleiben will. Doch jetzt … «Ich kann mich gerade noch so an ihn erinnern.» Es schien so lange her zu sein. Eine derart lange Zeitspanne, und alles hatte sich so sehr verändert. Schmerzlich spürte er eine unbestimmbare Sehnsucht. Wonach? Er ahnte es: Nach einer anderen Welt.
    Dann nahm er wieder Haltung an. Nein. Es gab noch anderes zu tun.
    Als habe er seine Gedanken gelesen, sagte Gamaliel: «Eine große Wende steht bevor. Einiges endet, anderes beginnt, und wir müssen dabei zwangsläufig als Geburtshelfer dienen.»
    Draußen im Dunkeln rührte sich etwas. Die Hunnen bestiegen ihre Pferde.
    «Sprecht bitte nicht in Rätseln», fuhr Aëtius ihn an. «Ich muss über genügend anderes nachdenken.»
    «Erinnert Ihr Euch an das letzte der Sybillinischen Bücher? Sie sind wichtig. Jener Junge, Cadoc, und vor ihm sein Vater Lucius sind die Letzten, die sich daran erinnern können. Die Pergamente wurden allesamt vernichtet, bis auf eines, das General Stilicho selbst gerettet hat. Lucius und Cadoc, dort im fernen, vergessenen Britannien, sind die letzten lebenden Sybillinischen Bücher.»
    Allmählich wurde Aëtius des alten Mannes überdrüssig. «Ich glaube nicht an sybillinische Weissagungen oder an Prophezeiungen. Das sind Kindereien. Ich glaube an eine Infanterie in Reih und Glied – oder vielleicht auch eine Kolonne gotischer Wolfskrieger.»
    «Trotzdem», beharrte Gamaliel. «Der Sohn Gottes wurde unter einem Stern geboren, den

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