Attila - Die Welt in Flammen
keine Hunnin. «Verzeiht, dass wir Euch so grob behandelt haben», sagte er freundlicher. «Wo wurdet Ihr gefangen genommen?»
«Philippopolis», sagte sie. «Mein Mann …»
«Beruhigt Euch. Ihr seid jetzt frei.»
Sie wollte noch etwas sagen, doch eine andere Stimme unterbrach sie.
«Lasst sie», brummte die Stimme. «Sie reitet sich gut!»
Nachdem sie den anderen Sack heruntergenommen hatten, kam ein alter Krieger mit prächtigem langem grauem Haar und geöltem Schnurrbart zum Vorschein. Sein nackter kupferfarbener Oberkörper schimmerte im Licht der Lampe, er war glatt und hart wie der eines vielleicht halb so alten Mannes. Seine Armmuskeln waren angeschwollen und wehrten sich gegen die Fesseln.
«Du hast kein Recht, mir Befehle zu erteilen», sagte Aëtius. «Und ich verspüre nicht das Bedürfnis, über deine fleischlichen Begierden unterrichtet zu werden.»
«Astur verfluche dich», fauchte der alte Krieger. «Schneide mir die Kehle durch und mach ein Ende. Wisse jedoch, dass ich keine Angst vor dir und deinen Weibern habe, die sich nachts heimlich in unser Lager schleichen wie erbärmliche Sklaven!»
Jormunreik machte einen Schritt auf ihn zu, doch Aëtius hielt ihn zurück. Ihn begann dieser ungebärdige Krieger zu interessieren. Dann kam Arapovian nach vorn und inspizierte das Gesicht des Kriegers von nahem.
«Du warst in Viminacium. Du bist uns auf der Straße begegnet.»
Der Hunne sah teilnahmslos zu ihm auf.
«Das nächste Mal, wenn du uns begegnest, wirst du uns töten, sagtest du zu uns.» In Arapovians Augen glitzerte kalte Freude. «Nun, hier sind wir.»
Der Hunne fletschte die Zähne.
Arapovian drehte sich zu dem General um. «Der hier wiegt die Frau auf. Das ist ein richtiges Pfand – ein Khan.»
«Du scheinst wertvoll zu sein für uns», sagte Aëtius. «Wie lautet dein Name?»
«Ich bin der edle Chanat, Sohn des edlen Subotai. In meiner Jugend war ich einmal in eurem Ravenna, auf Wunsch König Rugas. Ich habe eure Stadt nie vergessen.»
«Tatsächlich?»
«Oh ja: Der üble Gestank dort wird mir ewig in Erinnerung bleiben – schlimmer noch als der Gestank dieser schlangenhaften Weiber, die hier um mich herumstehen.»
Aëtius grinste. «Wenn du glaubst, Ravenna stinke, solltest du einmal nach Rom kommen.»
Chanat heulte bei dieser flapsigen Bemerkung auf. «Damals versuchten die Römer, König Rugas Neffen, den Knaben Attila, zu töten!»
Aëtius nickte. «Den kannte ich damals. Wir ritten zusammen aus.»
Einen Augenblick lang sah Chanat verwirrt drein, während er den Römer eingehend musterte.
«Soweit ich es mitbekommen habe», sagte Aëtius, «war es nicht ganz so einfach. König Ruga fand Gefallen an der Idee, sein Unruhe stiftender Neffe könnte, nun ja, verschwinden, auf die eine oder andere Weise. Das Gold der Römer hatte es ihm sehr angetan!»
«Du lügst!» Chanat versuchte, sich von seinen Fesseln zu befreien, doch Arapovian griff nach der Peitsche und zurrte sie wieder fester.
«Alte Geschichten», sagte Aëtius und machte eine wegwerfende Handbewegung. «Ist König Attila bei euch?»
«Glaubst du, ich würde dir das sagen?»
«Egal. Bald haben wir es sowieso herausgefunden.»
Chanat zischte: «Jetzt ist Attila Tashur-Astur unser König, er ist der Große Tanjou, und ihr habt versucht, ihn zu töten, auf eure weibisch-schlangenhafte Weise. Wie Diebe wolltet ihr ihm die Kehle durchschneiden, während er schlief, bei eurem Besuch in vermeintlich freundlicher Absicht.» Er beugte sich vor und spuckte auf den Boden. «Es ist euch natürlich misslungen. Astur wacht über ihn, die ganze Zeit. Nichts kommt gegen ihn an. Und nun kommt er, um euch zu töten.» Er schaute in die Runde. «Euch alle!»
Aëtius ging nicht darauf ein. «Wir haben also einen Khan der Hunnen hier, außerdem eine von seinen Sklavinnen.»
«Ich habe sieben Ehefrauen», sagte Chanat würdevoll. «Aber es ist lange her, seit ich sie erkannt habe.»
Aëtius überlegte und befahl dann, Chanat in den Kerker zu bringen. Zu der Frau sagte er: «Die Schwestern im Kloster werden sich deiner annehmen.»
Die Frau blickte Chanat mit so etwas wie Todesfurcht nach. «Herr!», rief sie. Dann drehte sie sich verzweifelt zu Aëtius um. «Ich bleibe bei ihm!»
«Du … du würdest ihm in den Kerker folgen?» Aëtius runzelte die Stirn. «Hast du nicht einen Ehemann?»
Sie spuckte aus. «Ein Schwein!»
Chanat drehte sich im Torbogen zum Kerker um, ein triumphierendes Grinsen auf seinem breiten
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