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Attila - Die Welt in Flammen

Attila - Die Welt in Flammen

Titel: Attila - Die Welt in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Napier
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haben. Er wird ihre Schädel skalpiert haben, um sein Pferd damit zu schmücken, und er wird den euren wollen, um damit dasselbe zu tun. Seine Kameraden unten am Boden werden euch einem ständigen Regen von Pfeilen aussetzen, es sind vielleicht die besten Bogenschützen der Welt. Ihr aber steht über ihm, hinter starken Mauern, von denen ihr einige selbst errichtet habt.» Erneuter Jubel brandete auf, etwas nüchterner als zuvor. «Ihr seid durch die Mauer geschützt. Er nicht. Ihr müsst ihn töten. Schlagt einmal zu, nur einmal. Schleudert ihn zurück, feuert ihn nach unten, schlagt ihm den Schädel mit dem ersten, gezielten Hieb ein. Dann geht in Deckung. Die Palatinische Garde wird unter euch sein, und ihr werdet jeden ihrer Befehle befolgen. Weitere Unterweisung braucht ihr nicht. Nun geht an eure Plätze und tut eure Pflicht.»
    Und auf einmal wandelte sich diese völlig unkriegerische, zutiefst religiöse Stadt, dieses neue Rom mit seinen endlosen Liturgien und verzwickten theologischen Debatten über die wahre Natur des dreieinigen Gottes zu einem aufgeregten Haufen mit schallenden Trompeten und dem rhythmischen Klang marschierender Soldatenstiefel. Theoderich fasste es mit der Bemerkung zusammen, die Byzantiner hätten sich in Spartaner verwandelt. Es war ein außerordentliches Kunststück, und niemand hätte zu sagen vermocht, wer das vollbracht hatte.
    Tatullus sagte, dafür sei das Erdbeben verantwortlich.
    Aëtius sagte, dafür sei die Macht verantwortlich, die das Erdbeben verursacht hatte.
    * * *
    Am Vormittag machte die Nachricht die Runde, die Kundschafter seien eingetroffen. Die ersten Hunnen waren gesichtet worden: keine zehn Meilen entfernt. Zusammengekniffene Augen schauten über die Befestigungen, schwitzige Hände griffen nach Scheren und Gartenmessern, zitternde Hände fügten oben an den gezackten Mauern letzte Ziegelsteine ein. Der erregte Jubel war verstummt.
    Ein heiliger Mann mit irrem Blick wandte sich an die Frauen und Kinder auf dem großen Platz um die Kirche der heiligen Apostel und hielt eine weitere Predigt. Der Text stammte aus dem Deuteronomium:
    «Der Herr wird ein Volk über dich schicken von ferne, vom Ende der Erde, wie ein Adler fliegt, ein Volk, dessen Sprache du nicht verstehst, ein freches Volk, das nicht Rücksicht nimmt auf die Alten und die Jungen nicht schont. Es wird dich ängstigen in allen deinen Städten, bis es niedergeworfen hat deine hohen und festen Mauern, auf die du dich verlässt. Du wirst die Frucht deines Leibes, das Fleisch deiner Söhne und deiner Töchter, die dir der Herr, dein Gott, gegeben hat, essen in der Angst und Not, mit der dich dein Feind bedrängen wird.»
    Es war ein schlecht gewählter Text und zum Erstaunen des Predigers begannen die Umstehenden, diesen zu schmähen. Nur wenige Tage zuvor hätten sie wohl zugehört, geklagt und sich bekreuzigt, doch nun verpasste eine Frau dem schlecht beratenen Unglückspropheten einen Hieb mit ihrem Waschbrett, worauf er jammernd in eine Seitengasse floh, verfolgt von einem wütenden Mob, der ihn bald einholte und ihm eine tüchtige Abreibung verpasste. Darunter sollen auch ein oder zwei schwarz gewandete Dechanten gewesen sein, die mit ihren Sandalen auf ihn eintraten.
    * * *
    Und wieder wurde es Nacht über der einsamen, entschlossenen Stadt. Einige arbeiteten weiter, versuchten Mauern zu errichten, so gut sie konnten. Die Maurermeister bescheinigten ihnen, sie seien so solide, wie es eben innerhalb dieser kurzen Zeit möglich war. Erst als das Land in völlige Dunkelheit getaucht war, sahen sie von ihren Mauern und Türmen aus, dass dort draußen in der verlassenen Landschaft zahllose Feuer brannten. Die letzten Gehöfte, ein paar isolierte Kapellen, Heuschober und Scheunen waren von Männern auf zottigen Ponys angezündet worden, deren Zügel und Sattelriemen Skalpe, Totenschädel und abgeschnittene Hände zierten.
    In einer dieser einsamen Kapellen, kaum größer als eine Einsiedelei im Wald, mit weiß gekalkten Wänden, einem schlichten Steinaltar am einen Ende und einer grob gefertigten hölzernen Ikone darüber, harrte ein einzelner heiliger Mann auch dann noch aus, als alle anderen schon geflohen waren. Er wolle als Märtyrer sterben und zu Christus gelangen, sagte er, und es klang, als sei er unheimlich müde und sehne sich nach Schlaf.
    Nun kniete er vor dem Altar und betete zu Christus. Auch als die hölzerne Tür aufschwang und er das Trappeln von Pferdehufen und das gedämpfte

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