Attila - Die Welt in Flammen
Wand. Der Junge schnappte nach Luft und duckte sich ängstlich.
«Und nun geht wieder zu eurer verdammten Maschine und bringt sie gefälligst her!», brüllte Tatullus. Kleine Spucketröpfchen sprühten in ihre zu Tode erschrockenen Gesichter. «Ihr seht doch das Ziel, ist ja wohl nicht zu übersehen!
Da!
»
Tatsächlich ragte der Angriffsturm direkt vor ihnen auf, die Geröllhalde der eingestürzten Mauern war dank rasch ausgelegter Planken und einer im Handumdrehen von den wieselflinken Hunnen errichteten Winde bereits überwunden.
Ein Stück weiter griffen die Hunnen an, ohne von der Artillerie behelligt zu werden. Aëtius bemerkte es gerade noch rechtzeitig.
«Vorsicht, sie klettern herüber!», rief er warnend. «Wolfskrieger, her zu mir!» Und schon eilte er in südlicher Richtung zu dem bedrohten Mauerstück. Ein Schwung halbnackter Hunnen war von ihren Pferden herabgesprungen und mittels eines improvisierten Stegs über den Graben gelaufen, als wäre das Wasser darin nichts als eine bessere Pfütze. «Jammern können wir später», brummte Aëtius zu sich selbst. «Hier hat der Teufel seine Hand im Spiel!»
Jormunreik und Valamir rannten mit ihm hinüber, die Pfeile längst eingenockt.
«Stellt euch hier auf», befahl Aëtius. «Trefft sie an der Flanke, sobald sie über die Mauer klettern.» Und schon war er weitergelaufen.
Die Hunnen kamen über die zerstörten Mauern gerannt, sie stolperten über die Kalksteinbrocken, die sie doch selbst fabriziert hatten. Ein kurzer, heftiger Pfeilhagel der Goten traf sie von der Seite, und so dicht gedrängt, wie sie standen, fielen ihm viele zum Opfer. Den Dolch zwischen die Zähne geklemmt, folgten ihnen jedoch unzählige weitere Krieger nach. Sie benutzten zum Klettern ihre glitzernden
chekans
, grausam gespickte Äxte.
Aëtius befahl Hauptmann Andronicus mit seiner Zenturie herauf und postierte sie entlang der Zinnen. «Sie erstürmen die Mauer», wies er sie kurz ein. «Macht euch bereit, gleich könnt ihr eure Speere baden!»
Die gotischen Krieger schossen unermüdlich ihre langen Pfeile aus Eschenholz ab, die in die Flanke der eindringenden Horde trafen, die Flut aber kaum eindämmten. Irgendwo weiter hinter in der Ebene saß Attila auf seinem Pony, ohne an den Tod zu denken, weder an den eigenen noch an den der Feinde. Sein ganzes Sinnen und Trachten war auf Eroberung gerichtet.
Die Fußsoldaten der Hunnen hatten bereits die Terrasse unterhalb der innersten Mauer erreicht. Die Pfeile der Verteidiger und selbst die ungeordnet herabgeworfenen Steine und improvisierten Geschosse der Stadtbevölkerung forderten zwar schreckliche Opfer unter den derart exponierten Köpfen und Körpern, aber die Hunnen bewegten sich im Schwarm, planvoll und organisiert wie eine Ameisenkolonie. Ein gerissener alter Kriegsherr war unter ihnen, Geukchu, der auf seinem weißen Ross bis nach vorn vorgedrungen war; er gab ihnen ruhige Kommandos. Immer wieder versuchten die Verteidiger, ihn zu treffen, doch er schien unter magischem Schutz zu stehen. Rascher als das Auge es fassen konnte, lösten sich sechs bis acht Scharfschützen aus dem Hunnenschwarm, schossen mit Enterhaken versehene feine Hanfseile in die Luft und wichen erst zurück, als sie genau zwischen den Zinnen gelandet waren.
«Durchtrennt sie!», brüllte Aëtius. «Lasst sie nicht hochkommen!»
Die Kaiserliche Wache befolgte seine Befehle, sobald sie sich jedoch vorbeugten, um die Seile aufzuschlitzen, traf sie das Feuer der Hunnen. Es war entsetzlich: Das Trommelfeuer von drei-, vielleicht vierhundert beängstigend genau gezielten Pfeilen schoss über die Mauer, direkt in Brust und Gesicht der verzweifelten Verteidiger. Männer schrien auf, der Kopf blutverschmiert, ruderten mit den Armen, pressten die Hände auf Augen und Kehle. Auch Andronicus wurde getroffen, ein Pfeil steckte in seiner Schulter und er sank zu Boden. Er packte den Schaft und zog ihn heraus. «Scheißkerle», murmelte er. Das konnte doch nicht der ganze Kampf gewesen sein.
«Weg mit den Haken!», brüllte Aëtius verzweifelt. «Reißt sie raus. Bürgerwehr, nach unten!»
Doch die Haken waren zu tief verankert und die Hunnen kletterten bereits die Seile hinauf, von denen kein einziges durchtrennt worden war. Faustriemen erblickte den ersten Hunnen auf der Mauer und stapfte sogleich auf ihn zu, um ihm die Haut abzuziehen. Der Hunne bewegte sich spinnengleich, er sprang über die Zinnen, den Dolch zwischen den Zähnen, doch er blieb nicht stehen,
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