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Attila - Die Welt in Flammen

Attila - Die Welt in Flammen

Titel: Attila - Die Welt in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Napier
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nicht schon die Kriegerseele mitsamt seinem himmlischen Vater, einem großen Adler, zum Ewigen blauen Himmel auf? Hoch überm endlosen Grasland, seiner geliebten Heimat, wo im nächsten Frühling die Blumen gelb erblühen, würde er für immer über die weißen, leuchtenden Berge des Heiligen Altai schweben. Denn die Erde selbst war ja der Himmel.
    Der alte Mann griff nach den Zügeln des reiterlosen Pferdes, wendete und steuerte wieder auf den Graben zu, seinen Sohn vor sich im Schoß, das reiterlose Pferd hinterdrein trottend. Im letzten Moment drehte er sich noch einmal um und blickte zu den Zinnen hinauf. Seine alten Augen waren sehr hell, das sah man sogar jetzt, als er als dunkle Silhouette vor der sinkenden Sonne stand und der Himmel hinter ihm farbenprächtig glühte.
    Einen Augenblick lang starrten der alte Krieger und die Verteidiger oben auf der Mauer einander an, und Chanat versuchte, den Befehlshaber zu erspähen, der die Situation so gut verstanden und die entsprechende Order gegeben hatte. Seine Augen waren müde, sein Blick ein wenig verschwommen, und er konnte nicht so weit sehen. Und doch schien es ihm, dass einige der Männer auf der Mauer die Hand hoben, ohne Waffen. Also hob auch er sie. Dann riss er sein Pferd am Zügel, das zweite folgte, und führte sie über die geborstene Behelfsbrücke und dann quer über die immer dunkler werdende Ebene.

24. BLUT UND GOLD
    I n jener Nacht fanden Aëtius und seine Männer Schlaf. Im Morgengrauen wurde er in den Palast gerufen.
    Bevor er sich dorthin begab, kam eine Nachricht von Hauptmann Andronicus, der ihn bat, auf die Plattform des Turms zu kommen. Er tat es und sah in die Ferne.
    Da war nichts außer einer niedrig hängenden Staubwolke. Die Hunnen waren verschwunden, als hätte es sie nie gegeben.
    * * *
    Der Kaiser und die Kaiserin hatten sich zum Rat eingefunden. Außerdem natürlich die sauertöpfisch dreinblickende Schwester des Kaisers, Pulcheria, und Themistius, ein betagter Gelehrter und Redner und zugleich Kammerherr, schließlich der Bischof der Stadt, Epiphanius. Als Aëtius eintrat, verneigten sich zu seiner Beschämung einige Personen so tief, dass ihre Stirn den Boden berührte. Der Kaiser befahl ihnen rasch, sich wieder aufzurichten.
    «General Aëtius», sagte er, «da haben wir uns ja glänzend geschlagen. Hast du gesehen, was wir erreicht haben? Der Feind ist», er breitete die Hände weit aus und lächelte, «weg!»
    Aëtius nickte. «Aber nicht vergessen.»
    «Sie prallten gegen den Stein der Seuche», intonierte Bischof Epiphanius, «Ross wie Reiter gleichermaßen. Die Sünder zogen den Bogen auf und hakten den Pfeil ein, und dann blies die Krankheit über sie hinweg und wehte die meisten zurück in die Wildnis. Ehre sei Gott in der Höhe!»
    Ein zustimmendes Gemurmel setzte ein, etliche Kreuze wurden vor der Brust geschlagen.
    Reichlich poetisch, dachte Aëtius, biss sich aber auf die Zunge. Die Pferde litten ja gar nicht an Lagerfieber. Nur die Menschen starben wie die Fliegen. Er fand, dass auch seine Männer ein wenig Lob verdient hätten, aber das war vermutlich zu viel verlangt.
    «Es wurde Friede geschlossen», sagte der Kaiser. «Sieh nur, wir haben ein Dokument hier.»
    Der alte Themistius reichte es dem General. Attila selbst hatte es unterzeichnet.
Attila, Tashur-Astur. Flagellum Dei,
die Geißel Gottes.
    «Seine königliche Unterschrift», setzte Theodosius eifrig hinzu.
    Aëtius schüttelte den Kopf. «Das ist nicht seine königliche Unterschrift. Das ist Hunnisch.»
    Theodosius wich zurück. «Und du sprichst natürlich diese raue Sprache!»
    Aëtius gab keine Antwort.
    «Nun», rief Theodosius ungeduldig, «warum machst du ein so ernstes Gesicht? Das ist ein Friedensdokument! Das ist das Signal für das Ende des Blutvergießens, und ganz bestimmt ein Grund zum Feiern! Oder willst du noch mehr Krieg?»
    «Ich nicht», murmelte Aëtius.
    Themistius warf ihm einen Blick zu, doch der jubelnde Kaiser hatte Aëtius nicht gehört.
    «Ein weiteres Mal», sagte er, erhob sich und schritt vom Thron herab, «wie damals zur Zeit König Uldins, ist das Volk der Hunnen, sind diese barbarischen und doch, so glaube ich, edlen Steppenkrieger unsere Verbündeten!»
    «Unsere Verbündeten!», rief Aëtius aus. «Aber er hat doch mit ‹Attila, die Geißel Gottes› unterzeichnet!»
    Theodosius gab ein unsicheres kurzes Lachen von sich. «Nun, das ist wohl ein Name, den ihm ein gallischer Chronist verliehen hat, und er hat ihn

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