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Attila - Die Welt in Flammen

Attila - Die Welt in Flammen

Titel: Attila - Die Welt in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Napier
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beiden sprach den Namen des barbarischen Kriegsherrn aus. Wie viel Ironie des Schicksals lag in all dem, doch lachen konnte man darüber nicht. Dennoch versuchte Lucius einen kleinen Scherz zu machen.
    «Selbst wenn er euch besiegt», sagte er und starrte Aëtius an, «und mit hunderttausend tätowierten Reitern bis an die Ufer Nordgalliens zieht, zu den weißen Klippen von Gesoriacum, und hinüber zu den Geschwisterklippen Britanniens blickt, selbst dann», er fletschte die Zähne, «selbst dann würde Attila nicht in unser Land einfallen. Nicht einmal dieser alles verschlingende Welteroberer würde unser erbärmliches, nebliges kleines Inselreich haben wollen!»
    Aëtius’ Augen blitzten belustigt auf. Er berührte den Älteren an dessen kräftigem rechten Arm. «Glaub mir, alter Freund und Führer, in diesen Tagen seid ihr, du und dein ganzes Volk, besser auf eurer grünen Insel aufgehoben.»
    Lucius hätte nie geglaubt, Aëtius jemals so reden zu hören, als wäre er bereits jetzt besiegt.
    «Wie geht es deiner Familie?», fragte der General.
    Es war absurd, sich jetzt nach derartigen Kleinigkeiten zu erkundigen. Es war Zeit, nun nach Hause, ins kriegsgebeutelte Britannien zurückzukehren. Mit leeren Händen. Doch indem er sich erhob, sagte Lucius, seine Frau sei noch am Leben, seine Kinder seien alle erwachsen und gesund.
    «Was ist mit deinem Sohn? Dem Träumer?»
    «Cadoc. Der träumt noch immer, aber mittlerweile kämpft er tapfer an meiner Seite.»
    Draußen wartete Aëtius, bis Lucius aufgesessen war, als plötzlich ein Reiter die Straße von Aquileia herbeigaloppiert kam. Aëtius kniff die Augen zusammen. Der Mann hatte ein ganz angespanntes Gesicht, und seine Kleider waren sowohl durchnässt als auch schmutzig, als wäre er geritten, ohne auf die Unbilden des Wetters zu achten. Er fiel beinahe vom Pferd und stand schwer keuchend da.
    Lucius wendete sein Pferd, als ob er hier nichts mehr zu tun hätte, doch Aëtius’ Miene war wie versteinert. «Sprich, Mann!»
    Der Mann salutierte hastig. «Herr, die Hunnen haben den Rhein überquert. Ganz Gallien steht in Flammen.»
    Lucius brachte sein Pferd wieder zum Stehen.
    Aëtius starrte den Boten wie benommen an. «Gallien?», wiederholte er dumpf.
    «Das haben wir von den Außenposten am Rhein gehört. Er überquerte …»
    «Es gibt keinen Außenposten am Rhein mehr!», brüllte Aëtius, der einen vorübergehenden Trost darin fand, den Boten bloßzustellen. «Alle verbliebenen Truppen an der Grenze wurden abgezogen und sind hier! Alle verdammten viertausend oder weniger!»
    «Trotzdem: Die letzten Späher dort haben die Nachrichten überbracht, Herr. Er überquerte den Rhein in der Nähe von Argentoratum, kehrte dann um, überfiel die Stadt und zerstörte sie.»
    Kurzzeitig herrschte überraschtes Schweigen.
    «Und dann …?»
    «Dann die Städte Vangiones, Moguntiacum und Colonia Agrippina, Herr.»
    Die größte Grenzstadt am Rhein. Selbst Aëtius’ kräftige Stimme klang brüchig. «Colonia … ist zerstört?»
    «So lauten die Berichte, Herr.» Das Gesicht des Boten nahm einen schmerzlichen Ausdruck an. «Alles liegt in Schutt und Asche, die Bevölkerung wurde niedergemetzelt. Das Eis auf dem Rhein ist blutrot, so heißt es.»
    Tausende weitere Opfer, Zehntausende. Er hatte sie getäuscht. Hatte nicht Rom überfallen, sondern war nach Norden und dann nach Westen gezogen. Er wollte alles andere zuerst ausradieren und behielt sich Rom, den größten Leckerbissen, bis zum Schluss auf. Wie hatte Aëtius das nicht vorhersehen können? Er hätte sich ohrfeigen mögen ob seiner Blindheit. Ganz Gallien lag darnieder, hatte sich nicht gegen den Hunnensturm wehren können. Sollten sie Attila je besiegen, so wäre ohnehin nichts mehr zu retten, denn das Reich war zerstört. Der Osten war bereits verwüstet. Africa war in den Händen von Attilas Verbündeten, den Vandalen. Und nun würden die üppigen Felder Galliens, der reichsten und schönsten Provinz im Westen, ebenfalls in Schutt und Asche gelegt werden. Italien würde er sich bis zuletzt aufheben – und Rom kam ganz zum Schluss.
    Er ballte die Fäuste so sehr, dass die Knöchel weiß hervortraten. «Du hast mir noch nicht alles erzählt!»
    Der Mann schüttelte den Kopf. «Außerdem scheint sich seine Armee zweigeteilt zu haben. Der eine Teil zog von den Ruinen Colonias genau in westlicher Richtung weiter und machte Tornacum und Cameracum dem Erdboden gleich, anschließend zog er nach Süden und zerstörte

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