Attila - Die Welt in Flammen
ihm nach. «Das dürft ihr nicht tun!»
Theoderich wandte sich um. «Verzeiht, mein alter römischer Freund, aber ich stand niemals unter Eurem Kommando und werde dies auch niemals! Doch seid unbesorgt. Meine Wolfskrieger werden die Hunnen niedermachen. Eure Flanke ist gesichert.»
* * *
Die Sonne schien nun von hinten, als die Wolfskrieger losritten, eine einzige, riesige Kolonne aus Tausenden von schwerbewaffneten Reitern. Vor ihnen eine Horde aus noch viel mehr Männern, die inzwischen zögerlich und unbestimmt gegen die Sonne blinzelten. Die Visigoten mussten tatsächlich einen weiten Bogen machen, um die aufgehäuften Leichen zu umgehen. An ihrer Spitze ritt ihr weißhaariger König, der keinen Schild trug, sondern nur eine Streitaxt mit Doppelklinge. Einige römische Soldaten, die ihn so reiten sahen, vermuteten später, er sei bewusst in den Tod geritten.
Sobald sie die Kolonne erspähten, schossen die Hunnen Pfeile auf sie ab. Doch da sie die Schilde erhoben und ihre Spangenhelme tief ins Gesicht gezogen hatten, richteten diese nur wenig Schaden an. Ihre riesigen Streitrösser besaßen, obwohl sie den ganzen Tag galoppiert waren, noch eine solche Energie, dass sie mit fliegender Mähne über das aufgewühlte und tief zerfurchte Feld stürmten, bis die Grasnarben durch die Luft flogen.
Die Hunnen wichen zurück, als die donnernde Kolonne mit den gezückten Lanzen auf sie zuraste, doch sie stießen dabei zwangsweise mit den eigenen Leuten zusammen. Sie standen zu dicht, als dass sie hätten ausweichen können, sie gerieten in Panik und schrien auf, als die Wolfskrieger sich gegen sie warfen. Die Visigoten gingen mit einer derartigen Wucht vor, dass sie schon bald aus dem Blickfeld der Römer verschwunden waren. Nur noch ein gelegentlich aufscheinendes Banner zeigte an, wo sie gerade kämpften.
Einige Augenblicke lang ließ sich unmöglich sagen, wie die Lage war. Inzwischen hatte die letzte Grenzlegion aufopferungsvoll alles gegeben, und es war zu einem erschöpften Patt gekommen. Hier und dort kamen Hunnen so nahe, dass sie die Spieße mit dem Lasso aus dem Boden rissen und sie niederritten. Das Zentrum, der eigentliche Brustpanzer des römischen Heers, fiel auseinander.
«Schickt jeden Mann in die Schlacht, der noch übrig ist!», brüllte Aëtius. «Haltet die Linie! Behaltet um jeden Preis die Formation bei! Es darf kein einziger Mann ausbrechen, sonst sind wir verloren!»
Die wenigen übrig gebliebenen Soldaten, die Spezialeinheit der Bataver, die Freiwilligenarmee der Bretonen und die zweihundert Kelten mit Lucius an der Spitze, drängten vorwärts und boten den erschöpften und völlig ausgedünnten Legionen ein letztes Mal Deckung. Eine Schar hunnischer Reiter hatte sich von hinten herangewagt, sie ließen ihre gekrümmten Schwerter kreisen. Die Männer blickten über ihre Schulter und schrien auf, sie wussten, dass sie umzingelt waren und gleich tot sein würden, egal, wie heftig sie sich wehrten. Es geschah in Augenblicken wie diesen, dass Männer ausbrachen und losrannten, um ihre Haut zu retten – und es sich entschied, ob eine Schlacht gewonnen wurde oder nicht.
Gleich darauf schrien die Hunnen jedoch selbst auf und drehten sich um, weil sie sich verteidigen mussten. Zwei römische Reiter galoppierten mit voller Wucht auf sie zu. Einer von ihnen schwang sogar brüllend eine riesige Hippe über dem Kopf und schlitzte den Hunnen Brust und Kehle auf, bis er selbst über und über blutbespritzt war.
Die Hunnenformation zerfiel. Einer versuchte, sich über die römische Linie hinwegzusetzen und zu fliehen, doch ein Riese mit einer Keule mit Bleispitze schlug ihn aus dem Sattel und trat ihm dann mit seinem linken Stiefel den Schädel ein. Als der Römer sich umwandte, um wieder zu seinen Linien zu gelangen, blieb er plötzlich wie angewurzelt stehen. Die geschwungene Klinge eines
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war ihm über den Skalp gefahren, und er fiel vornüber, sein Gesicht eine dicke Maske aus Blut. Der Hunne, ein alter, aber noch muskulöser Kerl mit fliegendem grauem Haar und prächtigem Schnurrbart, ritt zurück und setzte gerade ein zweites Mal an, als ein schlanker Orientale einen Satz nach vorn machte und sich seitlich vorgebeugt über den Keulenschwinger stellte, das Schwert in Hüfthöhe ausgestreckt. In letzter Sekunde duckte er sich, richtete sich wieder auf und beschrieb mit dem Schwert in einer einzigen geschmeidigen Bewegung einen weiten Bogen. Der alte Krieger warf den Kopf in den Nacken und
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