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Attila - Die Welt in Flammen

Attila - Die Welt in Flammen

Titel: Attila - Die Welt in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Napier
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Arapovian an, ohne ihn wahrzunehmen. Auf seinen gefurchten, eingesunkenen Wangen zogen sich durch den Schmutz aus Staub und Ruß zwei helle Spuren.
    Nach und nach belebte sich der Blick des Zenturio.
    «Du!», flüsterte er heiser. «Du hast überlebt.»
    Arapovian nickte und salutierte. «Herr. Zwei von uns, und die Angehörigen aus dem Kerker. Und der Häftling, Barrabas. Da unten – seht.»
    Tatullus löste sich nur langsam aus der Starre seines Albtraums. Er umfasste die rechte Hand des Armeniers. Das Licht war in seine Augen zurückgekehrt, doch er vermochte noch nicht zu sprechen. Dann ließ er Arapovians Hand unvermittelt los, wandte sich ab und wischte sich fahrig über die Wangen.
    Schließlich hatte er seine Stimme wiedergefunden. «Geh und treibe Wasser auf.»
    «Die Brunnen sind verseucht, Herr. Aber oben in den Hügeln …»
    Tatullus nickte und hatte offenbar noch immer Mühe, ins Hier und Jetzt zurückzukehren. «Also gut. Lass sie eine Kolonne bilden.» Er holte tief Luft. «Wir marschieren nach Süden.»
    Als sich die Überlebenden hintereinander aufgestellt hatten, je zwei nebeneinander, kam Tatullus nach unten. Er musterte sie der Reihe nach. Schließlich stand er vor Barrabas, der weiter seine Ketten trug.
    «Der Getreidedieb.»
    Barrabas scharrte verlegen mit den Füßen und senkte den Blick.
    «Vortreten.» Tatullus zog sein Schwert. «Und jetzt knie nieder.»
    Vor den Augen der bestürzten Frauen und Kinder hob er sein Schwert. Aber er konnte es nicht niedersausen lassen. Ein Arm, der stärker war als der seine, hielt ihn davon ab: Faustriemen. Eine ganze Weile blickten sie einander wortlos in die Augen. Dann entspannte sich der Arm des Zenturio endlich, und Faustriemen ließ ihn los.
    Der Rheinländer klaubte einen schweren Stein vom Boden auf und schob die Füße des knienden Häftlings auseinander. Barrabas schloss die Augen. Faustriemen ließ den Stein auf die Kette niedersausen und schmetterte sie so entzwei. Dann zog er ihn auf die Füße, breitete die Kette seiner Handfessel quer über einen Mauerstumpf und schmetterte sie ebenfalls entzwei. Barrabas schob sich die Eisenringe die Arme hoch und rieb sich die schmerzenden Handgelenke.
    «Nun gehe hin und sündige hinfort nicht mehr», sagte Faustriemen spöttisch.
    Der Getreidedieb stolperte davon in die Einöde, und dabei hielt er die Ketten seiner gesprengten Fesseln an die Brust gedrückt.
    * * *
    Auf ihrem Weg über die niedergebrannten Felder und durch die verheerten Obstgärten behielten sie den Horizont stets wachsam im Auge. Aber dort tauchten keine Reiter auf. Der Feuersturm war nach Süden weitergezogen. Sie stiegen hoch in die Hügel, wo sie in einem flachen Tal auf einen klaren Bach stießen. Die Soldaten füllten immer wieder ihre Feldflaschen auf und ließen sie herumgehen. Sie sorgten dafür, dass ihre Schutzbefohlenen langsam und in kleinen Schlückchen tranken. Und die wundersame Wirkung, vor allem bei den Kindern, ließ nicht lange auf sich warten. Wie bei Hirschen, die man in den Bergen jagt, dachte Arapovian. Eben noch zu Tode erschöpft, mit heraushängender Zunge, bedeckt mit schaumigem Schweiß, so hatte er sie selbst schon gesehen, auf seinem Pferd im Dickicht innehaltend, den Speer in der Armbeuge. Hatte beobachtet, wie der todmatte Hirsch sich zum Wasserlauf hinunterbeugte, trank, sich aufrichtete und um sich blickte, dann weitertrank. Um dann, wie neugeboren, mit einem weiten Satz davonzuspringen und mit frischem Schwung bergauf zu setzen, und die Jagd konnte weitergehen.
    Ein kleiner Junge wischte sich den Mund ab, reichte die Flasche weiter und sah zu ihm hoch. «Ich heiße Stephanos», sagte er. «Ich habe Hunger.»
    Sie rasteten den ganzen Tag in dem grünen Tal, im Schutz eines kleinen Erlengehölzes, wo sie ihre Wunden neu verbanden. Später zogen die drei Soldaten los und kehrten mit Wildgeflügel und Pflaumen zurück, die zwar noch nicht ganz reif, aber in kleinen Mengen durchaus genießbar waren. Endlich bekamen die Menschen etwas zu essen. Außerdem stellten sie Fallen aus Rosshaar auf und konnten so am Morgen Kaninchen töten, die sie als Proviant mitnahmen.
    So überquerten sie die Hügel.
    * * *
    Zwei Tage später kamen sie einen bewaldeten Hang hinab und erspähten weiter unten die Straße, die südwärts nach Naissus führte. Links und rechts davon erhoben sich immer höhere Hügel, die in karstiges Gebirge übergingen. Dies war der Succi-Pass, der sich schmal fünf Meilen weit durch eine

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