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Attila - Die Welt in Flammen

Attila - Die Welt in Flammen

Titel: Attila - Die Welt in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Napier
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Schlucht im Haemus-Gebirge wand.
    Tatullus schüttelte den Kopf. «Das können wir nicht riskieren.»
    «Aber der Weg über die Berge ist zu beschwerlich», wandte Arapovian ein. «Wir drei würden das noch schaffen, aber nicht mit den Familien, und nicht ohne Proviant.»
    Er hatte recht. Die Kinder waren geschwächt und schon ganz aufsässig vor Hunger. Zweimal waren sie in den Hügeln auf entlegene Weiler gestoßen, ohne auch nur irgendetwas zu finden: keine Menschen, keine Lebensmittel, kein Vieh, gar nichts. Sie ernährten sich von Brennnesseln, Schafgarbe, den dünnen weißen Wurzeln des Bärenklaus, die sie in Wasser kochten, und erjagten hin und wieder etwas Wildbret. Aber das war niemals genug, nicht für zwanzig Personen, die Tag für Tag weitermarschieren mussten.
    «Die Barbaren werden nach Süden gezogen sein», brummte Faustriemen. «Warum sollten sie wieder kehrtmachen?»
    «Ja, ist unwahrscheinlich», sagte Tatullus. «Aber falls sie doch umkehren …» Ihnen allen war klar, was sie für ein Schicksal erwartete, wenn sie auf dem Pass den Hunnen in die Arme liefen. «Wir könnten die Angehörigen hier zurücklassen und uns zu dritt über die Berge durchschlagen.»
    Sie sahen zu den entkräfteten, verhärmten Menschen hinüber, die ihre Entscheidung abwarteten, schicksalsergeben wie Vieh.
    Tatullus seufzte. «Na schön. Also, nehmen wir den Succi-Pass. Aber beeilen müssen wir uns.»
    Alle drei setzten sich ein Kleinkind auf die Schultern und stapften los. Die übrigen Angehörigen hielten mit ihnen Schritt, so gut es ging, aber dennoch mussten die Soldaten unterwegs immer wieder haltmachen und warten, bis sie aufgeholt hatten. Obwohl die Sonne oben am Himmel immer höher stieg, war keine Wärme zu spüren. Der Pass, der sich immer mehr zu einer empfindlich kühlen Klamm verjüngte, war düster und seltsam beklemmend. Je weiter sie vordrangen, desto bedrohlicher und schroffer ragten links und rechts die dunklen Felswände aus Schiefer empor. Fluchtmöglichkeiten gab es hier keine. Hoch oben stieß sich ein Rabe von seinem Felssims ab und kreiste krächzend über ihnen.
    Die Angehörigen schleppten sich in weitem Abstand hinter ihnen her, wobei die beiden Älteren am langsamsten waren.
    «Schneller!», rief Tatullus heiser. In diesem Tempo würden sie den Pass nicht in einer Stunde hinter sich bringen, sondern bestimmt zwei dafür brauchen.
    Der Pass verbreiterte sich etwas, links und rechts säumten herabgestürzte Felsbrocken den Weg. An einem Geröllhang, an dem sich weiter oben ein dichtes kleines Gehölz befand, verengte sich die Lücke, und der folgende Abschnitt der Straße war sogar noch dunkler und schmaler. Arapovian kämpfte sich den Hang zu den Bäumen hoch, um die Wasserquelle dort ausfindig zu machen und ihre Feldflaschen aufzufüllen. Er tauchte jedoch umgehend wieder zwischen den Bäumen auf, trat auf einen Felsen und spähte mit seltsam abwesendem Blick über sie hinweg.
    «Was ist, Mensch?», zischte Tatullus. «Beeilung, los!»
    Arapovian verzog keine Miene, heischte aber mit erhobener rechter Hand um Ruhe.
    Alle verstummten und rührten sich nicht.
    Dann sagte er: «Versteckt euch zwischen den Bäumen, ihr alle. Auf der Stelle.»
    Die Kinder kraxelten den Hang mühelos hinauf und suchten Schutz im grünen Dickicht der Bäume, die Älteren aber taten sich schwer und brauchten Hilfe.
    Faustriemen winkte die Kinder zu sich und kauerte sich mit ihnen hinter dichte Farnbüschel. «Keinen Mucks jetzt», brummte er.
    Mit vor Angst aufgerissenen Augen drängten sie sich um ihn herum.
    Der Letzte, der sich den Geröllhang hochquälte, war der alte Mann. Noch während Tatullus ihn an seinen mageren, zitternden Armen zu sich hochzog, vernahm er das Geräusch, das der Armenier mit seinem feinen Gehör bereits wahrgenommen hatte: das Klappern vieler, vieler Pferdehufe, die näher kamen.
    Über ihnen krächzte wieder der Rabe. Arapovian malte sich das boshafte Funkeln seiner schwarzen Knopfaugen aus. Der alte Mann schrie leise auf und drehte sich um. Das Hufgeklapper war inzwischen ganz nah. Die Reiter ließen ihre Tiere zwar nur Schritt gehen, mussten aber jeden Moment um die Ecke gebogen kommen. Tatullus zog den Alten an den Handgelenken so grob hoch, dass dessen dürre Arme fast ausgekugelt wurden. In diesem Moment fiel ihm der knotige Gehstock aus der Hand, holperte das Geröll hinunter und landete auf der Straße. Tatullus warf sich den vor Angst bebenden Alten über die linke Schulter und sah

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