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Attila - Die Welt in Flammen

Attila - Die Welt in Flammen

Titel: Attila - Die Welt in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Napier
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verzweifelt nach unten. Der glänzend lackierte Stock mit dem noch warmen Griff lag am Rand der Straße. In der kühlen Luft war bereits das süßliche Aroma der Pferde zu riechen.
    «Keine Zeit», raunte der Armenier zwischen den Bäumen hervor.
    Tatullus stieg das letzte Wegstück hoch und rettete sich zwischen die Bäume. Er setzte den Alten hinter dem Dickicht aus Farn ab und kauerte sich selbst auch dahinter.
    Da tauchten unter ihnen auch schon die Reiter auf. Es waren Hunnen.
    Sie machten halt und sahen sich merklich verwirrt um. Einige nahmen bereits ihre Bogen von den Schultern. Jägern wie ihnen entging kein noch so kleines Zeichen.
    In dem Gehölz hielten alle den Atem an. Keiner rührte sich.
    An der Spitze der Hunnen, einer Abordnung von einigen hundert Kriegern, ritt ihr Anführer, ein älterer Mann mit langem grauem Haar und einem herabhängenden, sorgsam eingeölten Schnurrbart. Obwohl gewiss schon über sechzig, wenn nicht über siebzig, waren sein Oberkörper und seine Arme noch immer kräftig und muskulös. Er wickelte sich die Zügel um die Fäuste, während er vom Sattel aus mit seinen tiefliegenden Augen um sich spähte. Seine Nasenflügel bebten leise, als würde er in alle Richtungen wittern.
    Sein Blick fiel auf den Gehstock, und er ritt hinüber, um ihn sich näher anzusehen. Dann saß er ab, hob den Stock auf und drückte sich den knotigen Griff prüfend an die Wange. Noch warm.
    Leichtfüßig stieg er ein paar Schritte den Geröllhang hinauf, wandte sich um und schwang sich dann mit Anlauf, den Stock in der Hand, zurück auf sein Pferd. Er legte sich den Stock über die Schulter wie einen Speer, saß ruhig im Sattel da und wartete.
    Die über zweihundert Reiter verharrten reg- und lautlos auf ihren Pferden. Einzig das Krächzen des Raben über ihnen war in der Stille zu vernehmen. Unter den Bäumen wagten sie kaum zu atmen.
    Und dann bekam eins der hungrigen Kinder Schluckauf.
    Es war der kleine Stephanos. Faustriemen ließ die Pranke vorschnellen und hielt dem Kleinen den Mund zu, der zwar die Augen aufriss, sich aber sonst nicht wehrte.
    Der Anführer der Hunnen unten auf seinem Pferd rührte sich nicht. Vielleicht hatte er den Hickser nicht gehört. Vielleicht …
    Dann drehte er ganz langsam den Kopf in ihre Richtung und lächelte.
    Lautlos wie eine Katze huschte Arapovian durch das Gehölz, um sich überall umzusehen. Doch es war, wie er befürchtet hatte. Am Ende des Wäldchens ragte, dunkel und feucht, eine Felswand empor, an die hundert Meter hoch. Sie saßen in der Falle. «Nun ja», flüsterte er, während er sein Schwert zog. «Meinetwegen. So sterben wir denn hier. Weil ein Kind Schluckauf bekommen hat.»
    Dann drang von unten die Stimme des hunnischen Anführers herauf.
    «Rauskommen! Alle. Die Jungen, die Alten, der Greis, der hier gerade seinen Gehstock verloren hat. Und wagt es nicht, eure Waffen zu ziehen. Meine Männer strecken euch schneller nieder, als ihr auftauchen könnt.»
    Nach kurzem Zögern steckte Arapovian sein Schwert wieder zurück.
    Langsam traten die Menschen zwischen den Bäumen hervor. Sie kamen ein Stück den Hang hinunter und blieben schließlich, mit mutlos gesenkten Köpfen, im Geröll stehen. Hunderte Pfeile waren auf sie gerichtet.
    Stephanos musste abermals hicksen.
    Der Kriegsherr musterte sie der Reihe nach, wobei die drei Soldaten seine besondere Aufmerksamkeit erregten. Schließlich begann er ruhig und ernst: «Ich bin der Edle Chanat. Ihr Römer habt viele meiner Männer umgebracht.»
    Tatullus nickte, die Hand auf seinen Schwertknauf gelegt. «Oh ja. Und in der nächsten Schlacht bringen wir noch viel mehr um.»
    Chanat versank in tiefes, versonnenes Schweigen, ehe er wieder sprach. «Ihr Römer seid nicht alle Memmen. Bist du ein Khan?»
    «Nein, ich bin Zenturio.»
    «Du führst also Männer an? Oder hütest du immer nur Frauen und Kinder?»
    «Ich führe Männer an», knurrte Tatullus. «Achtzig an der Zahl.»
    «Das ist gut.» Der Hunne nickte. «Du wirst dich uns anschließen. Du wirst Hunnen befehligen.»
    Tatullus schien kurz völlig entgeistert. Doch er hatte sich sofort wieder im Griff. «Ich bin Römer. Ich kämpfe nur für Rom.»
    «Euer Reich ist zerstört.»
    Tatullus biss fest die Zähne aufeinander und lächelte ein wenig. «Nein, noch lange nicht.»
    «Dann bringe ich dich um.»
    «Versuch’s nur.»
    Chanat gab ein eigentümliches Schnalzen von sich. Es würde gegen alle Regeln der Kriegerehre verstoßen, einen Mann zu

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