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Attila - Die Welt in Flammen

Attila - Die Welt in Flammen

Titel: Attila - Die Welt in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Napier
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zusetzte wie Aëtius, fragte sich mit zunehmender Beunruhigung, was genau sich in Valentinians Privatgemächern unter dem Palast abspielen mochte. Schließlich war ihr der Geduldsfaden gerissen. Vielleicht, räumte sie ein, mochte sie auch einfach nicht länger mutwillig die Augen vor dem Treiben ihres Sohnes verschließen. Also hatte sie seine Gemächer aufgesucht und Einlass verlangt. Ein Eunuch hatte ihr so frech und unverschämt den Zutritt verwehren wollen, dass sie in Wut geriet, ihm eine schallende Ohrfeige versetzte und an ihm vorbei in die Gemächer stürmte.
    Dort empfing sie ein entsetzlicher Anblick, ganz, wie sie im Stillen schon befürchtet hatte – vor Grauen biss sie sich fast die Lippe blutig. Vor ihr stand ihr Sohn, nackt bis auf einen um den Oberkörper geschlungenen Umhang aus purpurner Seide, mit einer primitiven Tiermaske vor dem Gesicht und einem lächerlichen Bacchusstab in der Hand. Das kleine Gemach wurde nur schummrig erhellt von ein paar flackernden Kerzen auf einem verstaubten Kandelaber. In einer der finsteren Zimmerecken saß unsichtbar ein Sklave und schlug auf eine Trommel ein. In Tiegeln dampften allerlei übelriechende Tinkturen vor sich hin, nekromantische Gebräue aus vergorener Milch und bitteren Kräutern. Auf dem Fußboden standen Schädel verteilt, und um den Kaiser herum war mit Kreide ein Kreis gezogen, der mit den Namen JHWH und Hermes Trismegistus beschriftet war.
    Der große Zauberer wandte sich zur Tür um.
    «Hast du sie geholt?», drang dumpf seine Stimme hinter der Maske hervor. Bei ihrem Anblick riss er, durch die Öffnungen gut zu erkennen, die Augen auf und zog sich die Maske vom Kopf. «Mutter!»
    Seine Augen waren dick mit schwarzem Kajal umrandet, wie bei einer Hure. Sie trat näher. Sein nackter Bauch hing weiß und schlaff herab wie bei einem alten Mann, obwohl er erst Anfang zwanzig war, und seine Männlichkeit, oh Schande, oh Graus, war mit Fett eingeschmiert, vermutlich versetzt mit Opium und Bilsenkraut, Eisenhutextrakt und Hanf. Hoffentlich nur tierisches Fett, dachte sie spontan. Seine Pupillen waren schwarz und erweitert.
    Sie brachte kein Wort über die Lippen, streckte ihm nur fast unwillkürlich die Arme entgegen, während ihr die Tränen in die Augen schossen. Ihr Sohn …
    Er fasste sich ein wenig, lächelte sogar. «Wer stellt sich denn da zur Opferung ein?», lallte er. «Bei Abraham war es sein Sohn. Bei mir ist es anscheinend meine Mutter.»
    Zitternd stand sie da, noch immer sprachlos.
    «Aber du bist doch keine Jungfrau mehr, oder, Mutter?»
    Schließlich hatte sie sich wieder im Griff und wandte sich zu dem Eunuchen an der Tür um. «Bring mehr Licht!» Den unsichtbaren Sklaven in der Dunkelheit fauchte sie an: «Und du hör mit der elenden Trommelei auf, wenn du nicht willst, dass dir der Rücken blutig gepeitscht wird.»
    Valentinian geriet völlig außer sich.
    «Ich bin der Gesalbte Gottes, nicht sie! Trommle weiter, Sklave! Kein Licht, kein Licht, dieser Akt der Finsternis muss in der Finsternis vollzogen werden! Ihr Senatoren, löscht die Kerzen aus! Hat nicht Christus gesagt: ‹Gebt dem Kaiser›? Dann gib mir, Mutter! Los, auf die Knie mit dir!» Er riss sich den dünnen Seidenumhang vom Leib: auch seine Brustwarzen waren schwarz umrandet. «Gib mir, gib mir!», kreischte er wie von Sinnen und reckte ihr den mageren weißen Oberkörper entgegen. Auf einmal starrte er gebannt ihre Brüste an, die Zähne gefletscht wie ein tollwütiger Hund, sah ihr kurz ins Gesicht und senkte dann wieder den Blick, ganz ungeniert, mit einem wahnsinnigen Leuchten in den Augen. Er neigte sich zu ihr vor, die Zähne noch immer gefletscht, und da begriff Galla, welcher krankhafte Impuls ihn antrieb. Er wollte die Mutter anfallen, die ihn bis heute überschattete, ihr die Brüste zerfleischen, die ihn genährt hatten, sie verstümmeln, um ihre Macht zu brechen.
    Sie wich zurück. Rief ihn bei dem Kosenamen, der ihm aus seiner Kindheit vertraut war.
    Nach und nach löste er sich aus dem Albtraum, doch seine unnatürlich glitzernden Augen blickten weiter stier.
    Dann wirbelte er auf einmal im Kreis herum, anscheinend ohne sich seiner Nacktheit vor ihr zu genieren, und schwenkte seinen weinumrankten Thyrsos.
    «Ich scherze doch nur, Mutter», sagte er fröhlich, warf den Stab beiseite und rieb sich kräftig die Hände, wie um sie von Schmutz zu befreien. Er senkte den Blick. «Nenne mich Adam, denn ich schäme mich nicht meiner Blöße.»
    Galla sah das

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