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Attila - Die Welt in Flammen

Attila - Die Welt in Flammen

Titel: Attila - Die Welt in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Napier
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Gnade und das Licht.
    * * *
    Die Stimmung im Kaiserpalast zu Ravenna, der ringsum von Sümpfen umgeben war, schwankte in jenen Tagen auf fatale Weise zwischen Hochmut und Panik. Misstrauen grassierte, es wurde viel von Verschwörungen gemunkelt, von Kriegen und Kriegsgerüchten. So redlich Aëtius sich auch bemühte, es gelang ihm nicht, den Kaiser zur Freigabe einiger Legionen zu überreden, um im Osten einzugreifen. Sollten also die besten Soldaten des Reiches auf Sizilien Däumchen drehen, während die Hunnen ganz Moesia und Thrakien verwüsteten? Ja, anscheinend schon.
    Unterdessen schwadronierte Valentinian pausenlos von, wie er es auszudrücken beliebte, «meiner Strafexpedition», die den Hunnen offenbar den Anlass zu ihrem Einfall geliefert hatte.
    «Hätte ich diesen Einsatz persönlich angeführt, hätten wir von denen nie wieder einen Mucks gehört», versicherte er den versammelten, untertänigst lauschenden Höflingen. Aëtius war ebenfalls zugegen. Ausnahmsweise hielt Valentinian sich dabei im Freien auf, er erging sich nämlich gerade in den Palastgärten. Die Gruppe spazierte an schönen Maulbeerbäumen vorbei und zwischen dichten Buchsbaumhecken hindurch, kam an Skulpturen interessant verkrüppelter Kinder und kleiner Amorknaben vorbei, die gerade Gänse erdrosselten. «Ich hätte es diesen ekelerregend behaarten Hunnen schon gezeigt.»
    Er forderte einen seiner Lieblingshofgelehrten, einen Redner namens Quintilianus, auf, noch einmal darzulegen, was über die Hunnen alles bekannt war.
    Quintilianus machte im Gehen eine tiefe Verbeugung. «Eure Ewige Majestät. Unvernünftigen Tieren gleich sind diese Hunnen einzig ihren wildesten Trieben unterworfen. Sie vermögen nicht zwischen Recht und Unrecht zu unterscheiden, ihre Sprache ist misstönend und unklar, von Religion und echter Frömmigkeit fehlt bei ihnen jede Spur. Ihre Gier nach Gold ist grenzenlos, sie sind wankelmütig und jähzornig, dazu falsch wie die Schlangen. Ihre innere Tierhaftigkeit spiegelt sich in ihrer körperlichen Erscheinung wider. Sie haben platte Gesichter, Haut, so gelb wie altes Pergament, und hohe Wangenknochen, über denen nur noch schmale Schlitzaugen Platz finden. Sie stinken nach rohem Fleisch, Milch und ranzigem Hammelfett, mit dem sie ihre groben Leiber zum Schutz vor der eisigen Kälte der skythischen Winter einschmieren, die sie so sehr lieben. Sie reiten auf hässlichen kleinen Pferden, nicht selten so gut wie nackt oder angetan mit jämmerlich zerlumpten, mehr schlecht als recht gegerbten Tierhäuten, die den üblen Geruch bloß noch verstärken.»
    Valentinian nickte vor Vergnügen über diese anschauliche Beschreibung.
    «Und dieses abstoßende Volk ist also jetzt gegen uns», murmelte ein anderer Höfling. «Viele sagen ja, dass wir in schlimmen Zeiten leben und das Ende nun sicher nicht mehr fern ist.»
    «Was fällt denen ein, so daherzureden!» Der Kaiser wirbelte wutentbrannt herum, sodass unter seiner langen Purpurrobe kurz die mit Perlen bestickten Stiefel aus feinstem Ziegenleder zum Vorschein kamen. «Alle, die solch hochverräterischen Unsinn verbreiten, lasse ich schinden und auspeitschen, ich lasse sie im Kolosseum kreuzigen! Mögen sie aller Welt als warnendes Exempel dienen, möge ihr Geschrei kläglich durch die Arena gellen, möge sich der Sand von ihrem wässrigen Blute rot färben!» Ein wenig Sabber rann ihm aus dem Mund. «Mögen sie –»
    Da öffnete sich die Holzpforte in der Mauer, die den Garten nach außen hin abschirmte, und eine alte Frau, einst hochgewachsen, heute aber krumm und gebeugt, kam müde herein. Valentinians Blick verharrte kurz bei ihr, dann wandte er sich ab und sprach weiter.
    «Dass meine Strafexpedition nicht den gewünschten Erfolg hatte, hat mich selbst überrascht, aber das liegt daran, dass sie eben nicht sachgerecht durchgeführt wurde. Aus Mangel an militärischem Sachverstand; sie haben sich zu sehr zurückgehalten, meine Männer.»
    Dass es sich um eine Legion des Ostreiches handelte, war für ihn nicht von Belang. Die Welt gehörte nun einmal ihm, über alle Grenzen hinweg. Valentinian kreiste im Grunde ausschließlich um sich selbst. Alle anderen Menschen waren für ihn bloß Ausgeburten seiner eigenen fiebrigen Träume.
    Bei seiner Rückkehr zum Palast, allein, fand Aëtius kurz darauf die alte Frau in der Eingangshalle vor, inmitten der Säulen aus glänzendem Porphyr.
    «Eure Majestät», sagte er mit einer Verbeugung.
    «Aëtius.» In Galla Placidias

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