Auch das Paradies wirft Schatten
zukünftigen Schwager.«
»Zukünftigen Schwager? War das etwa ein Heiratsantrag, den du mir da soeben gemacht hast?«
»Ich kann's dir auch anders sagen: Mädchen, pack deine Sachen, zieh zu mir nach Aarfeld, es wird geheiratet.«
»Pedro!!«
Ein neues Küsse-Gewitter entlud sich, doch dann sagte Marianne: »Du hast ihn aus dem Haus gejagt?«
»Ja, er hat dich beleidigt, ich schlug ihn blutig, nun haßt er mich.«
»Mich wohl auch.«
»Dich, mich, das ganze Gut, alles.«
»Ich fürchte ihn, Pedro.«
»Dazu hast du keinen Grund, mein Engel«, sagte er leichthin. »Du stehst unter meinem Schutz. Mit dem werde ich allemal fertig.«
Schon Minuten später dachte Pedro von Aarfeld darüber anders.
Ein Telefon läutete irgendwo im Haus. Die beiden hörten, wie Dr. Faber abhob und sich meldete; dann rief seine Stimme von unten herauf: »Aarfeld am Apparat! Sie werden dringend verlangt, Baron!«
Pedro und Marianne liefen die Treppe hinunter ins Büro, und er ließ sich von Faber den Hörer, den ihm dieser entgegenhielt, geben. Dann wurde er plötzlich blaß und stützte sich, um nicht zu wanken, mit seiner freien Hand schwer auf den Schreibtisch. Erschrocken bemerkten der Kunsthändler und Marianne die Veränderung an ihm.
»Nicht möglich!« schrie er in die Muschel.
Dann lauschte er noch einmal kurz, ließ den Hörer sinken, wandte sich um zu Marianne und Faber und stieß hervor: »Das Gut brennt!«
»Nein!« schrie Marianne auf und klammerte sich an ihn.
Er nickte zum Apparat. »Lulatsch war dran. Alle Feuerwehren der ganzen Umgebung sind schon alarmiert. In der Scheune hat es begonnen. Angeblich Selbstentzündung des Heus …«
Dieses ›angeblich‹ hing schwer im Raum.
»Siegurd?« sagte denn auch fragend Dr. Faber schon nach wenigen Sekunden.
Pedro schwieg. Man sah aber, wie es in seinem Gesicht arbeitete. Seine Backenknochen bewegten sich, die Zähne mahlten, die aufeinandergepreßten Lippen waren dünne Striche.
»Ich muß los!« stieß er plötzlich hervor und wandte sich zum Ausgang.
Auch in Fabers Gestalt kam Leben. »Wir begleiten Sie!« rief er, Mantel und Hut vom Haken reißend. »Marianne, schließen Sie rasch den Laden, der bleibt heute zu!«
Pedros Wagen brachte die drei nach Aarfeld. Es war eine Höllenfahrt. Faber saß hinten im Fond, Marianne vorne neben Pedro und starrte durch die Frontscheibe auf das heranschießende und unter dem Kühler verschwindende Band der Straße, die nicht enden wollte. Pedros Fuß drückte das Gaspedal ständig durch bis zum Anschlag.
Es ist meine Schuld, sagte sich Marianne. Ich habe alles ausgelöst. Nur aus Rache hat Siegurd das getan. So wahr ich aber jetzt neben Pedro sitze, werde ich ihn dafür zur Verantwortung ziehen mit dem ganzen Haß, dessen nur eine Frau fähig ist. Ich fürchte ihn nicht mehr, ich hasse, hasse, hasse ihn – nicht weil er mir, sondern weil er Pedro das angetan hat.
Mit quietschenden Reifen ging der Wagen in die Kurven, jagte über den Asphalt, hüpfte über die Schlaglöcher des schlechteren Teils der Strecke. Starr saß Pedro am Steuer, nur seine Arme und sein Gasfuß arbeiteten.
Gut Aarfeld brennt!
Das Erbe der Väter!
Das Majorat!
Um die gleiche Zeit saß Siegurd von Aarfeld im Salon der Freiin Mathilde von Bahrenhof und las die Morgenzeitung. Mathilde lehnte am Fenster und schaute hinaus auf den Gutshof, wo zwei Knechte die Pferde zur Koppel trieben.
Sie drehte sich um und blickte ins Zimmer.
»Ich habe dich heute nacht gar nicht wahrgenommen«, sagte sie. »Wann bist du denn eigentlich gekommen?«
»Spät.«
»Und du hast mich nicht geweckt?«
»Nein.«
»Warum nicht?«
Er zuckte die Schultern, ohne aus seiner Zeitung aufzublicken.
Ein solches Maß an Mißachtung und Einsilbigkeit ging ihr entschieden gegen den Strich. Rasch trat sie vor ihn hin, schlug von oben mitten durch die ausgebreitete Zeitung, zerteilte sie dadurch in zwei Hälften und fuhr ihn an: »Ich spreche mit dir! Was ist vorgefallen? Das will ich jetzt wissen! Ich kenne dich doch und weiß, daß etwas passiert sein muß!«
»Man hat mich rausgeschmissen, meine Liebe.«
»Rausgeschmissen? Aus der Ohio-Bar?«
»Aus Aarfeld.«
Mathilde glaubte nicht recht zu hören. »Aus dem Gut? Wer hat dich da rausgeschmissen?«
»Dumme Frage. Denkst du ein Knecht oder eine Dienstmagd?«
»Dein Bruder?« Sie wollte es immer noch nicht für wahr halten. »Das ist doch nicht möglich!«
»Doch, doch, meine Liebe. Vor dir sitzt ein
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