Auch Engel Moegens Heiss
Telefon ging. Andererseits schien Jack einfach alles zu berücksichtigen und hatte ihrer Mutter wahrscheinlich seine Handynummer gegeben oder ihr erklärt, wie sie sich sonst nach ihrer Tochter erkundigen konnte.
Aber was war mit Jack selbst? Ihr wurde eisig kalt. Dass sie eine Affäre hatten, war kein Geheimnis mehr, nicht nachdem er in der Kirche so unübersehbar neben ihr gethront hatte. Und wenn der Bürgermeister inzwischen den Klatsch gehört und Sykes befohlen hatte, Jack nachzusteigen, um Daisy aus ihrem Versteck zu locken?
Sie hechtete nach dem Telefon und wählte Jacks Handynummer.
Nach dem ersten Läuten war er am Apparat. »Russo?«
»Du musst auf dich aufpassen«, beschwor sie ihn.
»Wieso?«
»Wenn der Bürgermeister erfährt, dass wir was miteinander haben, bist du genauso gefährdet wie meine Familie.«
»Es gibt einen Unterschied zwischen deiner Familie und mir.«
Sie liebte jeden einzelnen von ihnen, darum konnte sie keinen Unterschied erkennen. »Und zwar?«
»Ich bin bewaffnet.«
»Pass einfach auf. Versprich mir das.«
»Versprochen.« Er schwieg kurz. »Ist bei dir alles in Ordnung?«
»Ich langweile mich zu Tode. Bring mir bloß bald was zu lesen.«
Kaum hatte Daisy aufgelegt, begann sie grübelnd im Zimmer auf und ab zu gehen. Es schmeckte ihr gar nicht, in ihrem Versteck ausharren zu müssen, ohne dass sie erfuhr, was drau ßen vor sich ging, ohne dass sie irgendwie eingreifen konnte. Tatenlos abzuwarten entsprach einfach nicht ihrem Temperament. Wenn sie sich erst einmal über ein Problem oder eine Aufgabe klar geworden war, fand sie keine Ruhe, bis sie etwas unternommen hatte.
Es musste bald etwas passieren, sonst wurde sie noch verrückt.
Stirnrunzelnd unterbrach Jack die Verbindung. Daisy klang jetzt schon überreizt, das war gar nicht gut. Er musste sicher sein können, dass sie sich an seine Befehle hielt; er musste sicher sein können, dass sie außer Gefahr war, damit er sich darauf konzentrieren konnte, Sykes aufzustöbern.
Außerdem hatte er kurz vor dem Gespräch mit Daisy einen Anruf erhalten, der ihm zu schaffen machte. Einer seiner Männer
war zu den Nolans gefahren, doch Mrs. Nolan war nicht zu Hause gewesen. Bis jetzt hatte man sie nicht ausfindig machen können. Wenn Kendra Owens noch mehr Leuten von ihrem Anruf erzählt hatte, hatte möglicherweise auch der Bürgermeister bereits davon erfahren.
Schon wieder standen seine Nackenhärchen stramm.
23
Sichtlich unentschlossen blieb Nadine in der Tür zu Temple Nolans Büro stehen. Ärgerlich schaute er auf. Schon den ganzen Tag saß er wie auf Kohlen, wartete er auf den erlösenden Anruf von Sykes, rätselte er, ob der Auftrag bereits ausgeführt war. Das Gespräch mit Mr. Philipps war auch nicht gerade aufbauend gewesen. Menschen, die Elton Philipps enttäuschten oder mit ihm aneinander gerieten, endeten meistens als Leichen. Wenn Sykes auch dieses Mal Mist baute, würde Temple irgendetwas unternehmen müssen, um Philipps gnädig zu stimmen, das wusste er. Vielleicht musste er Sykes umbringen. Die Aussicht, Sykes umbringen zu müssen, behagte ihm gar nicht, weil Sykes kein Trottel war und kein leichtes Opfer abgeben würde.
Nadine verharrte immer noch in der Tür, weshalb Temple sie anfuhr: »Mein Gott, Nadine, was ist denn?«
Seine ungewöhnlich gereizte Art verdatterte sie. Temple ließ sonst nie zu, dass sein Temperament mit ihm durchging; das war nicht gut fürs Image. Heute allerdings machten ihm andere Dinge Sorgen als sein beschissenes Image.
Nadine knetete die Hände. »Ich habe noch nie was gesagt. Ich bin der Meinung, das Privatleben eines Menschen sollte genau das bleiben, nämlich privat. Aber ich finde, Sie sollten wissen, was Mrs. Nolan heute getan hat.«
Himmel, nicht jetzt. Temple deckte die Hand über die Augen und massierte gegen den stechenden Schmerz an, der hinter seinen Brauen aufblitzte. »Jennifer hat … Probleme«, brachte er heraus, so gepresst wie stets, wenn er Mitleid erregen wollte. Es war eine reine Floskel, die er ohne nachzudenken von sich geben konnte.
»Ja, Sir, ich weiß.«
Als sie nicht von sich aus weitersprach, seufzte Temple, weil er begriff, dass er nachhaken musste, statt das zu sagen, was ihm eigentlich auf der Zunge lag - dass es ihn einen feuchten Scheiß interessierte, was die blöde Kuh schon wieder angestellt hatte, dass es ihm am liebsten wäre, sie hätte ihr Auto um einen Laternenmasten gewickelt und sich dabei ins Jenseits befördert.
»Was hat
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