Auch Engel Moegens Heiss
länger anhören und schleuderte sein Bier
auf die Band, was den Maschendrahtzaun rund um die Bühne erklärte. Zwei Schränke von Rausschmeißern stürzten sich auf den Bierwerfer, der zu Daisys großer Genugtuung nach drau ßen eskortiert wurde. Sie war eben erst gekommen; sie wollte wenigstens ein paar Tänze absolvieren, bevor die nächste Rauferei losging.
»Hey, Süße, erinnerst du dich noch an mich?«, fragte ein Mann, der aus dem Nichts neben ihr aufgetaucht war. Ein Arm umfasste ihre Taille, und gleich darauf spürte sie, wie sie auf die überfüllte Tanzfläche geschoben wurde.
Sie sah zu dem großen Blonden auf, der sich anscheinend einen Schnauzer wachsen zu lassen versuchte. »Nein«, antwortete sie.
»Ach, komm schon. Wir haben letzte Woche miteinander getanzt -«
»Nein«, widersprach sie entschieden. »Bestimmt nicht. Ich habe mit Jeff, Danny, Howard und Steven getanzt. Und Sie sind keiner davon.«
»Da hast du Recht«, gab er ihr fröhlich Recht. »Ich heiße Harley, wie das Motorrad. Also, wenn wir letzte Woche schon nicht miteinander getanzt haben, dann sollten wir unbedingt diese Woche miteinander tanzen.«
Da sie sowieso schon auf der Tanzfläche standen, schien das eine sinnvolle Idee zu sein. Earl war mittlerweile endgültig gestorben, und die Band stimmte das nächste Lied an, bei dem nicht die Hälfte des Publikums mitzujohlen brauchte. Überall um sie herum wurde gewirbelt und gekreiselt, darum fiel Daisy in das Wirbeln und Kreiseln mit ein, eine Hand in Harleys, den kessen Rock um die Knie schwingend. Als Nächstes folgte Elvis Presleys »Kentucky Rain«, wobei Harley ihre Hand fest in seiner behielt.
»Sag mal, wie heißt du eigentlich?«, fragte er, nachdem ihm endlich eingefallen war, dass er das noch nicht wusste.
»Daisy.«
»Bist du mit jemandem hier? Möchtest du was trinken?« Ach du großer Gott, war er etwa einer jener Männer, vor denen Chief Russo sie gewarnt hatte? »Ich bin mit ein paar Freunden hier.« Sie deutete unbestimmt in das Labyrinth von Tischen hinein, weil diese Lüge schwer zu widerlegen schien. Dann ergänzte sie: »Danke, aber ich möchte im Moment nichts. Erst mal wollte ich tanzen.«
Er zuckte mit den Achseln. »Wie du willst. Ich glaube, ich brauche erst mal eine Pause.« Er verschwand so unvermittelt, wie er aufgetaucht war, und Daisy sah sich um. Bis dato hatte sie, den Typen mit den geplätteten Hoden nicht mitgerechnet, sechs Männer kennen gelernt, aber kein Einziger hatte ihr wirklich gefallen. Vielleicht war sie allzu wählerisch; aber andererseits war das kaum möglich; sie hatte doch mit jedem getanzt, der sie aufgefordert hatte.
Sie entdeckte Howard auf der Tanzfläche, der ihr zuwinkte. Vielleicht würde er sie wieder um einen Tanz bitten; er war von allen der beste Tänzer gewesen.
Dann - o nein - entdeckte sie ihn: den stämmigen Kerl, der sie auf seinen Schoß gezogen hatte. Er erblickte sie im selben Moment und sah sie mit nacktem Grauen an, ehe er sich abrupt abwandte.
Am liebsten hätte sie das Gleiche gemacht, sich abgewandt und so getan, als hätte sie ihn nicht gesehen, aber ihr Gewissen ließ ihr keine Ruhe. Er hätte sie nicht festhalten dürfen, und sie hatte ihm nicht absichtlich wehgetan, aber trotz alledem hatte sie ihm arge Schmerzen zugefügt und musste sich dafür bei ihm entschuldigen.
Entschlossen drängte sie durch die Menge, um ihn auf keinen Fall aus den Augen zu verlieren. Er schien nicht minder entschlossen, auf die Toiletten zuzusteuern, beinahe als wollte er vor ihr Reißaus nehmen, obwohl dieser Eindruck bestimmt täuschte. Er war in einem Club, wahrscheinlich hatte er Bier getrunken, folglich würde er wohl sein Wasser abschlagen wollen.
Er schaffte es bis in den kurzen Durchgang vor den Toiletten, bevor sie ihn eingeholt hatte, und stürmte durch die verschrammte Tür, als seien ihm sämtliche Höllenhunde auf den Fersen. Seufzend zwängte sich Daisy durch eine Gruppe von Gästen, ohne auf deren Proteste (weiblich) oder Einladungen (männlich) zu reagieren; sie kam sich vor wie ein Lachs, der sich flussaufwärts kämpft. Endlich schaffte sie es allen Hindernissen zum Trotz bis an die Wand neben den Toiletten, wo sie, von allen Seiten gedrängelt und geschubst, ihre Füße in den Boden stemmte und wartete.
Sie schien eine Ewigkeit dort zu stehen und musste drei Aufforderungen zum Tanzen ausschlagen, bevor ihr Opfer aus dem Gang geschlichen kam.
Mit einem tiefen Atemzug machte sie einen Schritt vor und
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