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Auch Geister haben huebsche Soehne

Titel: Auch Geister haben huebsche Soehne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Cabot
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ich normalerweise erlebte, wenn ich jemandem solche Botschaften überbrachte. Ein paar Tränen wären doch wohl nicht zu viel verlangt gewesen.
    Oder ein verblüfftes Aufkeuchen. Alles, nur nicht dieser – sagen wir's mal offen – krankhafte Mangel an Betroffenheit.
    »Ja«, sagte ich und stand auf.
    Mr Beaumont und sein irrer Blick waren mir unheimlich. Außerdem klang mir die Warnung meines Vaters in den Ohren. Aber das war noch nicht alles: Mein Mittler-Instinkt riet mir, von hier zu verschwinden. Sofort. Und wenn meine Instinkte mir zu etwas rieten, dann folgte ich ihren Ratschlägen normalerweise. Das wirkte sich auf mein Wohl und meine Gesundheit meistens sehr positiv aus.
    »Okay«, sagte ich. »Dann gehe ich jetzt lieber. Wiedersehen.«
    Ich wandte mich ab und ging zum Fahrstuhl. Aber als ich den Türknauf drehen wollte, rührte der sich keinen Millimeter.
    »Wo haben Sie diese Frau denn gesehen?«, drang Mr Beaumonts Stimme neugierig von hinten an mein Ohr. »Diese Tote?«
    »Ich hab von ihr geträumt, okay?« Ich fummelte lahm am Türknauf herum. »Sie ist mir in einem Traum erschienen. Es schien ihr sehr wichtig zu sein, dass Sie erfahren, dass sie Ihnen keine Schuld gibt. Und jetzt, da ich meine Pflicht erfüllt habe, wird es Ihnen sicher nichts ausmachen, wenn ich mich verabschiede. Ich habe meiner Mutter versprochen, um neun zu Hause zu sein.«
    Doch Mr Beaumont entriegelte die Aufzugtür nicht, sondern sagte verwundert: »Sie haben von ihr ge träumt ? Die Tote hat im Traum mit Ihnen gesprochen? Sind Sie ein Medium ?«
    Verdammt, dachte ich. Ich hätte es wissen müssen.
    Dieser Typ war offenbar ein New-Age-Anhänger. Bestimmt hatte er einen Floating Tank zur Reduzierung der Reizüberflutung in seinem Schlafzimmer, brannte im Bad Aromatherapie-Kerzen ab und hatte ein kleines Geheimzimmer in seinem Haus nur für Studien über außerirdische Lebensformen reserviert.
    »Ja«, sagte ich. Jetzt, wo ich mich schon in die Scheiße geritten hatte, machte das auch nichts mehr aus. »Ja, ich bin ein Medium.«
    Verwickle ihn in ein Gespräch, sagte ich mir. Er soll schön weiterreden, während du einen Weg nach draußen suchst.
    Ich schob mich auf eines der Fenster zu, die hinter den schweren Samtvorhängen verborgen waren.
    »Aber mehr kann ich Ihnen auch nicht sagen, okay?«, fuhr ich fort. »Ich hatte einfach nur diesen Traum. Die Frau kam mir sehr nett vor, es ist eine Schande, dass sie schon tot ist. Wer war sie eigentlich? Ihre … Frau?«
    Beim letzten Wort zog ich die Gardinen beiseite, in Erwartung eines Fensters, durch das ich in die Freiheit entfleuchen konnte. Keine große Sache. Hatte ich schon hundertmal gemacht.
    Ja, da war auch ein Fenster. Ein drei Meter hohes Fenster aus vielen kleinen Scheiben, das mindestens dreißig Zentimeter tief in die Mauer eingelassen war.
    Aber jemand hatte die Fensterläden zugemacht – es waren solche Außenläden, die meistens nur zu Dekorationszwecken dienten. Die hier waren richtig fest zu. Kein noch so klitzekleiner Sonnenstrahl hätte durchdringen können.
    »Das muss wahnsinnig aufregend sein«, sagte Mr Beaumont hinter mir, während ich die Fensterläden anstarrte und mir überlegte, ob sie wohl nachgeben würden, wenn ich nur heftig genug dagegentrat. Aber woher sollte ich wissen, wie tief es runterging? Was, wenn das Zimmer fünfzehn Meter über dem Boden lag? Ich hatte in meinem Leben schon viele gewagte Sprünge gemacht, aber bisher hatte ich eigentlich immer gewusst, wohin ich sprang, wenn ich sprang.
    »Ein Medium zu sein, meine ich«, fuhr Tads Vater fort. »Ob Sie vielleicht auch mit anderen Toten, die ich mal kannte, in Kontakt treten könnten? Es gibt da schon den einen oder anderen, mit dem ich sehr gern mal sprechen würde.«
    »So funktioniert …«, ich ließ die Vorhänge los und bewegte mich langsam zum nächsten Fenster, »… das nicht.«
    Das gleiche Bild. Die Fensterläden waren dicht. Kein einziger winziger Spalt war zu sehen. Es sah aus, als wäre das Fenster regelrecht zuge nagelt worden.
    Aber das war doch lächerlich! Wer nagelte schon seine Fensterläden zu? Vor allem bei dem Meerblick, den Mr Beaumonts Haus sicherlich hatte.
    »Gewiss, gewiss, aber wenn Sie sich sehr konzentrie ren würden …« Mr Beaumonts sanfte Stimme folgte mir von einem Fenster zum anderen. »Dann könnten Sie doch sicher auch mit anderen kommunizieren. Ich meine, bei einem Toten ist es Ihnen ja schon gelungen. Da können ein paar mehr doch nicht so schwer

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