Auch keine Tränen aus Kristall
beneide. Ein kleiner, aber interessanter physischer Unterschied.«
»Die einzigen Unterschiede von Belang, die es zwischen uns jetzt noch gibt, sind physisch«, sagte Bhadravati.
»Nur physisch«, stimmte Ryo zu, »und das bedeutete jeden Tag weniger. Form und Zusammensetzung haben nichts zu bedeuten, wenn Verständnis vorliegt.«
»Ich dachte, der alte Wuu sei der Poet und nicht du«, meinte Bonnie.
»Ein wenig von allem, was man bewundert, färbt auf einen ab. Ich bin sicher, du wirst froh sein, jetzt eine Weile mit weniger wichtigen Angelegenheiten leben zu können.«
»Nun, ich werde meine Vorlesungen haben«, meinte sie, »und Jahan seine Forschung und die Bücher, die er komponieren muss.« So, wie sie einander ansahen, dachte Ryo, dass Bonnie sich vielleicht doch paaren würde. Ein leises Pfeifen war hinter ihnen zu hören. Andere Passagiere begannen sich auf das wartende Shuttle zuzubewegen. Nicht alle waren Menschen.
»Wir sollten an Bord gehen.« Bhadravati legte die Hand auf ihre Schulter. Sie nickte, sagte nichts und sah Ryo noch einmal an. Dann streckte sie die Arme aus und drückte ihn an sich. Sein blaugrüner Chiton rieb gegen weiches Fleisch. Das war eine weitere Geste, die Ryo gelernt hatte, aber die er bis jetzt nur zwischen Menschen gesehen hatte. Sie war viel zu grob, um zivilisiert zu sein; aber er war höflich und sagte nichts.
Während sie auf das Shuttle zugingen, machte er die menschliche Geste des Abschieds und winkte ihnen mit zwei Händen zu. Darauf ließ er die viel kompliziertere und subtilere vierhändige Geste des Thranx-Lebewohls folgen. Unten an der Rampe imitierte Bonnie sie, so gut man das mit zwei Händen konnte. Dann verschwanden sie im Schiff.
Er ging auf den Bau-Eingang zu, der ins Innere des TerminalGebäudes führte. Die ungeduldige Fal hatte sich bereits zurückgezogen.
Bonnie und Dr. Bhadravati schienen zufrieden, und der Gedanke machte ihn glücklich. Jeder verdiente Zufriedenheit. Sie hatten hart und lang gearbeitet, und ihr Maß an geistigem Frieden stand ihnen zu.
Die Frucht, die zu pflanzen er sich solche Mühe gegeben hatte, hatte Wurzeln geschlagen. Sie hatte mehr getan, als nur überlebt. In zehn Jahren war sie ungemein gut gediehen und zeigte jetzt Anzeichen, zu etwas weit größerem zu erblühen, als er sich je erträumt hatte - mehr als nur Freundschaft. Die Beziehung zwischen Menschen und Thranx war im Begriff, mehr zu werden als nur tief. Es gab Anzeichen - Anzeichen und Vorzeichen -, dass daraus in ferner Zukunft eine echte Symbiose zweier Rassen werden konnte.
Und dann gab es noch einen Nutzen: einen, den Ryo überhaupt nicht in Betracht gezogen hatte; einen, an den er in den letzten aufregenden, geschäftigen zehn Jahren nicht gedacht hatte. Die Erkenntnis traf ihn wie ein Schock.
Er hatte doch noch etwas Nützliches gefunden, das er mit seinem Leben anfangen konnte.
EPILOG
Zum Verfasser
Dieser Roman, ›Auch keine Tränen aus Kristall‹, schildert den Erstkontakt zwischen den Menschen und der Insektenrasse der Thranx. Aus diesen ersten Anfängen entwickelte sich ein politisches Gebilde, das als ›Homanx Commonwealth‹ in die Geschichte der Galaxis eingehen sollte, der erste erfolgreiche Versuch eines fruchtbaren Miteinander zweier physisch absolut gegensätzlicher Rassen, die sich in ihren Anlagen indes hervorragend ergänzten, nachdem die ersten Berührungsängste überwunden waren. Ein Prozess freilich, der viele Jahrzehnte dauerte.
In diesem Homanx-(Hominiden-Thranx)-Universum spielen u.a. die Romane:
Das Tar-Aiym Krang (HEYNE-BUCH Nr. 06/3640)
Der Waisenstern (HEYNE-BUCH Nr. 06/3723)
Der Kollapsar (HEYNE-BUCH Nr. 06/3736)
Die Eissegler von Tran-ky-ky (HEYNE-BUCH Nr. 06/3591)
Die Moulokin-Mission (HEYNE-BUCH Nr. 06/3777)
Die denkenden Wälder (HEYNE-BUCH Nr. 06/3660)
Cachalot (HEYNE-BUCH Nr. 06/4002)
Auch keine Tränen aus Kristall (HEYNE-BUCH Nr. 06/4160)
Flinx (in Vorb.)
Vorposten des Commonwealth (Moewig-Taschenbuch Nr. 3597)
Eine ausführliche Darstellung des Homanx-Universums, mit Sternkarten, Lageplänen und zahlreichen weiteren Zeichnungen finden Sie im HEYNE SCIENCE FICTION MAGAZIN Nr. 12 unter dem Titel: ›Die Commonwealth-Konkordanz‹ von Michael C. Goodwin.
Der Autor
Alan Dean Fester wurde 1946 in New York City geboren wuchs in Los Angeles, Kalifornien, auf. Nachdem er von der UCLA (University of California in Los Angeles) 1968-1969 einen Bachelor's Degree für politische Wissenschaften
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