Auch Schmetterlinge können weinen (Der romantische Heftroman für den Kindle) (German Edition)
Werner - Herr Bostel - sein Augenlicht. Und seit damals gibt es bei uns diese Schatten, die niemand bezwingen kann.«
Karen war es unbehaglich zumute. »Wissen Sie, dass Sie mir Angst einjagen, Herr Karl?«
»Nicht, Herr Karl. Sagen Sie einfach Karl zu mir, und ich werde Sie Karen nennen, wenn Sie nichts dagegen haben. Ich könnte immerhin Ihr Vater sein. Da ist nichts dabei, wenn wir die Förmlichkeiten ein wenig vergessen. «
Sie schenkte ihm ein Lächeln. »Einverstanden, Karl. Ich glaube, ich kann einen Freund gut gebrauchen. Sie sind doch jetzt mein Freund? « Karen neigte sich ein wenig nach vorn.
Der Chauffeur nickte. »Wenn Sie das möchten, sehr gern. Wera, meine Frau, ist auch schon sehr gespannt auf Sie. Wissen Sie, Karen, unser Chef hat keine Frau mehr ins Haus gelassen, seit - seit dem Unglück. Nicht mal eine Betreuerin für Tamara durfte eingestellt werden. Meine Frau hat dann die Pflege des armen Mädchens übernommen. Tamara war ja erst wenige Monate alt, als das Unglück geschah, an dem sich Herr Bostel heute noch die Schuld gibt. «
»Ach, deshalb also«, murmelte die junge Frau nachdenklich und rieb sich die Stirn.
Karl fragte: »Was meinen Sie? «
»Er sieht so traurig aus und irgendwie - ja, beladen ist er mit Schuldgefühlen, jetzt weiß ich es. Die ganze Nacht habe ich mir den Kopf zerbrochen, was an Herrn Bostel anders ist als an anderen Männern. Er scheint, als wollte er freiwillig daran zugrunde gehen. Finden Sie nicht auch? «
Überraschung malte sich auf Karl Weichels Gesicht. So viel Einfühlungsvermögen hatte er Karen gar nicht zugetraut. Immerhin war sie kaum den Kinderschuhen entwachsen.
»Sie haben die Situation klar erkannt, Karen. Es ist schon seltsam. Da haben Sie unseren Garten Eden noch gar nicht betreten, und schon erkennen Sie die Schatten, von denen wir vorhin gesprochen haben. «
Karen lächelte ein wenig. Sie fühlte sich irgendwie traurig, mochte es sich jedoch nicht eingestehen, da sie den Grund dafür nicht genau kannte. Sie wußte nur, dass es eine andere Art von Traurigkeit war als die, die sie bisher kennengelernt hatte.
Schließlich wollte sie es wissen. »Wer lebt außer Herrn Bostel, Tamara, Ihnen und Ihrer Frau sonst noch in diesem Paradies? Ich meine, gibt es weitere Familienangehörigen oder Angestellten? «
»Niemand mehr außer Armin«, antwortete Karl, der Chauffeur. »Er ist Werners Bruder und die meiste Zeit nicht zu Hause. Vor dem brauchen Sie sich nicht zu fürchten. Er ist ein rechter Spring-ins-Feld, doch er meint es gar nicht so. Das Leben hat ihn bis jetzt noch vor allem Übel verschont, doch es wird ihn sicher auch noch schleifen. Dann kann er ein ganz brauchbarer Mensch werden. Die Anlagen dazu sind jedenfalls vorhanden. « Karl grinste ein wenig und kratzte sich am Kopf. Er stellte plötzlich fest, dass er schon viel zu viel ausgeplaudert hatte.
»Das verspricht, recht abwechslungsreich zu werden«, murmelte Karen vor sich hin. »Wie alt ist denn der Bruder? «
»Achtundzwanzig ist er vor zwei Monaten geworden. Mit Werner hat er nicht viel Ähnlichkeit. Er interessiert sich auch nicht sonderlich für die Pferdezucht. «
»Darf ich fragen, wovon er dann lebt?«
»Er betreut das Hotel in Italien. Herr Bostel zahlt sehr gut, wenn Sie das meinen. «
Karen fühlte, dass sie errötete. »So habe ich es eigentlich nicht gemeint. Ich dachte nur… « Sie schwieg betroffen, denn Karl Weichel hatte sich offensichtlich ebenfalls vorgenommen, die restliche Fahrt nichts mehr zu sagen.
»Wir sind gleich da. Sehen Sie dort vorn das lange rote Backsteinhaus? Das sind die Stallungen. Dahinter ist dann das Wohnhaus«, unterbrach der Chauffeur nach längerer Zeit die beinahe schon drückende Stille.
Karen starrte angestrengt aus dem Fenster. Schon eine ganze Weile beobachtete sie die herrliche Landschaft, die immer romantischer zu werden schien. Weite Wiesen wurden von schroffen Felsen unterbrochen, und kein Haus, kein Zeichen menschlicher Anwesenheit störte die Idylle. Nur der Besitz Werner Bostels lag inmitten dieser Naturschönheiten wie ein farbiger Edelstein in einer golden schimmernden Fassung.
»Ich kann mir vorstellen, dass man hier sehr glücklich sein kann«, sprach sie ihre Gedanken laut aus. »Oder sehr unglücklich.«
Karl wandte sich um. Seine wasserblauen Augen schauten das junge Mädchen voll Zuneigung an. Er, registrierte insgeheim, dass Karen ihm immer sympathischer wurde. »Vielleicht kehrt jetzt wieder etwas Glück in
Weitere Kostenlose Bücher