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Auch sonntags Sprechstunde

Auch sonntags Sprechstunde

Titel: Auch sonntags Sprechstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Tibber
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Victor. Verbogen wie ein... wie ein... «
    »Gnädige Frau«, sagte ich langsam. »Ich bin... «
    »Es interessiert mich überhaupt nicht, wer Sie Kerl sind. Sie sollten die Verkehrsgesetze noch mal lesen, das brauchen Sie. Lernen und vor allem kapieren.«
    Ich sah kraftlos zu, wie sie zu ihrem Wagen zurückstolzierte, sich hineinsetzte, die Tür zuwarf und im stärksten Gang verschwand. Ich hatte gerade noch die Kraft, die Wagennummer zu notieren.
    Als sie fort war, war die Straße wieder mäuschenstill. Nur ein Vogel zwitscherte. Ich hasse die Frauen, sagte ich zu mir selbst, ohne eine bestimmte zu meinen. Ich hasse alle Frauen.
    In Anbetracht der Tatsache, daß ich den restlichen Vormittag damit verbrachte, meinen zerbeulten Wagen zur Reparatur zu bringen und die Formalitäten zu erledigen, die das Anmieten eines anderen Wagens mit sich brachte, konnte ich meine Hausbesuche nicht vor dem Abend zu Ende bringen, und es war spät am Abend, als ich mich endlich dem Fragebogen über die Arztpraxis widmen konnte.
    Ich war noch immer verstört und verbittert. Verbittert über die Perfidie der Frauen, im besonderen aber jener Dame im roten Sportwagen mit ihrer Dreistigkeit, und verstört wegen meiner Brust, die vom Druck der Steuersäule stark schmerzte und einen schwarzblauen Bluterguß aufwies.
    Sylvia war ganz Anteilnahme gewesen, hatte mir die Hausschuhe geholt - ich glaube, sie sitzt zu oft vor dem Fernsehapparat und sieht Theaterstücke! -, eine Dose meiner Lieblingssuppe geöffnet und mir die Kinder vom Leibe gehalten.
    »Laß die Kinder nur«, sagte ich. »Aber bewahre mich vor dem Telefon. Wenn ich heute nacht hinausmüßte, käme es mir vor, als sollte ich den Mount Everest bezwingen.«
    Ich schlug den Fragebogen auf:
    Umfrage bei praktischen Ärzten
    1. Wie lange praktizieren Sie?
    Dreizehn Jahre, dachte ich, die besten Jahre meines Lebens. Ich könnte ihnen manches erzählen. Ich füllte die vorgesehene Zeit aus. Damit war Frage eins erledigt.
    Die zweite Frage bestand aus etwa sechsundzwanzig Rubriken, es waren wahlweise verschiedene Antworten möglich, die in Kästchen anzukreuzen waren: Kein Problem; ein Problem, aber nicht sehr wichtig; ein ziemlich ernstes Problem; ein sehr ernstes Problem usw. Die gestellten Fragen variierten von Anzahl der Patienten, für die Sie verantwortlich sind, bis Möglichkeiten, Ihr medizinisches Wissen zu verbessern. Ich kreuzte die entsprechenden Kästchen an. Haben Sie genügend Zeit für Entspannung? Genügend Zeit, um die Praxis in Sie befriedigender Weise durchzuführen ? (Wenn Sie Zeit erübrigen können, stellen Sie bitte ausführlich dar, wie Sie zu den Fragen 3, 4 und 5 stehen.) Ich fand Zeit dazu.
    Ich kreuzte weiter an. Haben Sie als praktischer Arzt die Möglichkeit, die volle Verantwortung für die Behandlung Ihres Patienten während seines Krankenhausaufenthalts beizubehalten ? Wie hoch ist der Zeitanteil, den Sie mit psychologischen Beratungen verbringen ? Wie oft, durchschnittlich, kommen Sie auf gesellschaftlicher Ebene mit anderen Arztkollegen zusammen? Ha!
    »Weißt du, daß es schon halb zwölf ist?« fragte Sylvia.
    »Ich bin gerade bei dem fettesten Happen.«
    Nachstehend folgen Schilderungen von Patienten, die dazu neigen; die Ärzte aufzuregen. Wie oft behandeln Sie diese Patiententypen?
    Diesmal waren die Kästchen überschrieben mit: Häufig, manchmal, selten, niemals.
    A. Ein Patient besteht darauf, daß Sie ihn zu Hause besuchen, obwohl Sie ziemlich sicher sind, daß die Visite nicht eigentlich notwendig ist. Manchmal.
    B. Ein Patient macht Sie für den Tod eines Verwandten verantwortlich. Eine schlimme Sache, schon erlebt in Fällen bösartiger Krankheiten, die man im Frühstadium kaum diagnostizieren kann. Manchmal.
    D. Ein Patient droht, an die Ärztekammer zu schreiben und sich über Sie zu beschweren, öfters. Glücklicherweise wurden diese Drohungen, in der ersten Wut ausgesprochen, selten verwirklicht.
    E. Ein Patient zeigt Undankbarkeit, obwohl Sie ihn gewissenhaft behandelt haben. Selten.
    Obgleich es jene merkwürdigen Patienten gab, die man auf das gründlichste betreute, ohne je ein Wort des Dankes zu erhalten -im Unterschied zu jenen oft aufdringlichen Dankbaren, für die man kaum etwas getan hatte.
    Wie oft hat sich folgendes während des letzten Monats in Ihrer Praxis ereignet ? A. Ein Patient wurde Ihnen gegenüber aggressiv? B. Der Patient war Hypochonder.
    C. Sie wurden in Familien- oder Eheschwierigkeiten um Rat

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