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Auch sonntags Sprechstunde

Auch sonntags Sprechstunde

Titel: Auch sonntags Sprechstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Tibber
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deine Hose zerreißt... «
    »Nun Schluß damit«, sagte Sylvia. »Fülle die grüne Karte hier
    aus, die die Stewardeß dir gegeben hat, damit dürftest du beschäftigt sein, bis wir in Paris sind.«
    »Sie hat schwarzes Zeug auf ihren Augen«, sagte Penny träumerisch. »Ich will auch Stewardeß werden. Wofür ist eigentlich diese braune Papiertüte?«
    »Warum haben wir sie nur mitgenommen!« sagte ich zu Sylvia.
    »Wenn du etwas versetzen mußt... «, las Peter weiter.
    »Was ist das: versetzen?« fragte Penny über den Gang hinweg, »und warum ist die Dame neben dir so blau?«
    Peter blickte auf. Wir alle blickten auf. Es war eine ältere Dame, ihr Kopf war an den Sitz zurückgelegt, sie hatte tatsächlich eine höchst merkwürdige Farbe.
    Ich stand schnell auf und stieß Sylvia an. »Rufe die Stewardeß«, sagte ich.
    »Oh, hier hab’ ich’s«, sagte Peter. »Es heißt: >Im dringenden Falle... <«
    »Nun sei mal einen Moment still, sei lieb!«
    Die alte Dame war bewußtlos. Mit Hilfe des Stewards und der Stewardeß legten wir sie flach in den Gang. Ich sagte, ich sei Arzt.
    Die anderen Passagiere, die sich einige Augenblicke neugierig vorgebeugt hatten, um zu sehen, was passiert war, setzten sich bequem in ihre Sessel zurück, lasen weiter in den Morgenzeitungen, tranken Kaffee oder schliefen.
    Alles schön und gut, dachte ich, aber ich hatte keine Instrumente bei mir.
    Ich untersuchte sie, und zu meinem Entsetzen stellte ich fest, daß sie einen schweren Herzanfall hatte. Ihr Puls war fast verschwunden, und auch die Herztöne fehlten. Ich begann mit Herzmassagen und Mund-zu-Mund-Beatmung und war außerordentlich erschöpft, als sie endlich das erste Lebenszeichen von sich gab. Ich fuhr mit der Massage fort, bis ihre Farbe wiederkehrte. Wir hatten die französische Küste erreicht, als sie wieder zu atmen begann und die Augen öffnete. Sie bewegte den Kopf und flüsterte uns etwas in Französisch zu.
    Die Stewardeß ergriff ihre Hand und beruhigte sie. Ich sah Paris unter uns und die anderen Fluggäste die Sicherheitsgurte anschnallen. Die alte Dame war nun wieder ganz bei Bewußtsein, und wir halfen ihr in den Sessel zurück. Die Stewardeß brachte ihr etwas Brandy und sagte, daß der Pilot bereits durch Funk einen Ambulanzwagen zum Flughafen beordert habe. Sie sah noch immer nicht gut aus, aber sie war wenigstens außer Lebensgefahr.
    »Wenn Sie berufsmäßige Frauen kennenlernen wollen... «, las Peter soeben.
    Er wurde vom Lautsprecher unterbrochen: »Meine Damen und Herren, hier spricht Ihr Flugkapitän. Wir werden in zwei Minuten auf dem Flugplatz Orly landen, das Wetter ist schön und die Bodentemperatur... «
    Selbstzufrieden lehnte ich mich in meinem Sitz zurück.
    »Gut hast du das gemacht. Ein Glück, daß du hier warst«, sagte Sylvia und drückte meine Hand.
    »Sie war schon fast hinüber«, sagte ich.
    Ein leichter Ruck, wir waren gelandet. Paris im Frühling!
    Der Unfallwagen war bereits da, und wir wurden gebeten, sitzen zu bleiben, bis die alte Dame aus dem Flugzeug gebracht war.
    Als der Unfallwagen in der Ferne verschwand und die Stewardeß lächelnd zurückkehrte, drängten Penny, Peter, Sylvia und ich und ein Dutzend anderer Passagiere die Treppen des Flugzeuges hinunter.
    »Schau doch«, sagte Sylvia triumphierend, »Fotografen!«
    Tatsächlich standen Fotografen dichtgedrängt auf dem Flugplatz.
    Allerdings ignorierten sie die Ankunft meiner Familie.
    »Auf wen warten sie denn?« fragte ich eine Stewardeß, die mich berückend anlächelte. »Ein Kongreß französischer Ärzte«, sagte sie, »sie sind in England bei einer Konferenz gewesen.«
    »Ärzte!«
    »Mais oui!«
    »Sie meinen, die Fluggäste hier sind Ärzte?« Ich deutete auf unser Flugzeug.
    Sie sah mich mitleidig an. »Jawohl, Ärzte«, sagte sie. »Fünfzig. Nun bitte, gehen Sie weiter zur Zollabfertigung.«
    Die Sonne schien. Es blieb mir nur übrig, meine französischen Kollegen für la belle indifférence zu hassen und mit den Schultern zu zucken.
    »Kommt nun«, ich versammelte meine Familie um mich, »jetzt haben wir Ferien.«
    Die Zollbeamten waren mehr an Sylvia als an ihren sechs Gepäckstücken interessiert. Nun, da ich Zeit zur inneren Sammlung hatte, sah ich, wie schön sie wieder war, nachdem sie etwas für sich getan hatte; sie trug ein neues Kleid, und die Brille war verschwunden. Ich schwor mir insgeheim, sie, wären wir erst wieder zu Hause, von ihren lästigen Arztfrauenpflichten völlig zu befreien.
    Mit dem

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