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Auch sonntags Sprechstunde

Auch sonntags Sprechstunde

Titel: Auch sonntags Sprechstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Tibber
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Robin und nahm den Zettel an sich. »Miss Nisbet wird morgen früh hier sein.«
    »Die vielen Briefe!« jammerte ich.
    »Miss Nisbet wird sie schreiben, beruhige dich.«
    »Keine Kurzschrift, und tippt nur mit zwei Fingern.«
    »Bisher ist es ja auch gegangen.«
    Das Telefon läutete, und ich antwortete unfreundlich.
    »Hier Mrs. Hawkins, Herr Doktor, die Mutter von Kevin.« Ich erinnerte mich des Babies, dessen Leben ich gerettet hatte.
    »Ja, bitte?«
    »Herr Doktor, diesmal handelt es sich um Paul. Er ist zwei. Er hat plötzlich so entsetzlich große rote Flecken bekommen.«
    »Hat er Fieber?«
    »Ich habe ihn nicht gemessen, Herr Doktor.«
    »Nun, was macht er denn im Augenblick?«
    »Er spielt im Garten mit seinem Rad.«
    »Kommen Sie um sechs Uhr mit ihm her, Mrs. Hawkins, ich werde ihn mir ansehen.«
    »Oh, das möchte ich nicht wegen der anderen Patienten. Es könnte ansteckend sein.«
    »Danach sieht es aber nicht aus.«
    »Und ich habe auch niemanden, der bei Kevin bleiben könnte.«
    »Bringen Sie ihn doch mit. Kommen Sie etwas früher, dann müssen Sie nicht warten.«
    »Könnten Sie denn nicht rasch herkommen, Herr Doktor? Es dauert ja nur zwei Minuten, um ihn zu untersuchen.«
    »Nein, das kann ich nicht, Mrs. Hawkins. Wenn ich zu allen Patienten hinlaufen würde, die fähig sind, in meine Sprechstunde zu kommen, wäre ich schon seit Jahren ein toter Mann. Regen Sie sich bitte nicht auf, streichen Sie ihm etwas Zinksalbe auf, wenn er Juckreiz hat, und kommen Sie um sechs.«
    Ich hatte das Gefühl, daß sie den Hörer aufwarf.
    »Die reinsten Blutsauger!«
    Robin stimmte mir für gewöhnlich zu, oder er widersprach mir. Diesmal aber starrte er nachdenklich aus dem Fenster.
    »Irgendeine Allergie«, sagte ich zu mir. »Verdammte Nerven.«
    Mrs. Hawkins und Paul waren um sechs Uhr nicht erschienen; an ihrer Stelle kam Mr. Hawkins - allein.
    »Ich hörte, Sie haben sich geweigert, in mein Haus zu kommen und meinen Sohn zu untersuchen«, sagte er wütend. »Stimmt das?«
    »Jawohl. Ganz richtig.«
    »Sie wissen, daß ich Sie der Ärztekammer melden kann?«
    »Mr. Hawkins, ich habe das Wartezimmer voller Patienten. Falls Sie hergekommen sind, um mit mir zu sprechen, dann machen Sie es, bitte, kurz. Ja, ich bin mir völlig darüber im klaren, daß Sie mich der Ärztekammer melden können. Weshalb aber, wenn ich fragen darf?«
    »Wegen Ihrer Weigerung, heute nachmittag mein krankes Kind zu besuchen.«
    »Ihr krankes Kind spielte im Garten mit seinem Kinderrad. Ich sah nach dem Bericht, den Ihre Frau mir gab, keinen Anlaß zu einem Hausbesuch.«
    »Da sind Sie aber in einem großen Irrtum, Herr Doktor; wir zahlen schließlich monatlich für Ihre Dienste, zahlen, wie ich sagen möchte, ganz nett... « Er war ein Mann von kleiner Statur, dessen
    Schuhe erhöhte Absätze hatten. Minderwertigkeitskomplex, hätte Robin gesagt.
    »Und wo ist Paul jetzt?«
    Mr. Hawkins lockerte im Nacken seinen Kragen mit einem Finger.
    »Meine Frau hat einen anderen Arzt angerufen, der auch sofort gekommen ist. Paul hat Nesselfieber«, sagte er wichtigtuerisch.
    »So, Nesselfieber!« sagte ich. »Er hat eben irgend etwas gegessen, wie ich mir schon dachte.«
    »Das ist nicht entscheidend«, sagte Mr. Hawkins. »Ich habe unsere Gesundheitspässe mitgebracht. Würden Sie sie freundlichst an der vorgeschriebenen Stelle unterzeichnen, denn wir werden zukünftig einen anderen Arzt in Anspruch nehmen, der nicht so überbeschäftigt ist wie Sie.«
    »Mit dem größten Vergnügen«, sagte ich und kritzelte, innerlich kochend, meinen Namen auf die Karten.
    Schlechtgelaunt bewältigte ich meine Sprechstunde und verschloß pünktlich die Tür.
    Sylvia hatte ein Steak au poivre für das Abendessen zubereitet, dazu Salat und Pommes frites. Ich aß schweigend.
    »Bemerkst du eigentlich gar nichts?« fragte Sylvia mich, als ich mit dem Essen fertig war.
    Ich warf einen Blick, den ersten heute abend, auf sie. Die alte Sylvia - beinahe. Ihr Haar war schön frisiert, ihr Make-up großartig, und sie trug ein neues Kleid und keine Brille.
    »Tut mir leid, Süßes, du siehst wunderbar aus. Wirklich wunderschön.«
    »Ich hätte mir gar keine Mühe geben sollen. Du hast es nicht einmal bemerkt.«
    Ich legte den Arm um sie. »Verzeih mir. Ich hatte Ärger in der Sprechstunde.«
    »Und worüber hast du dich geärgert? Erzähl!«
    »Etwas ganz Menschliches. Man kann für manche Menschen alles tun, ihnen sogar das Leben retten oder das ihrer Kinder, wie es

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