Auch unter Kuehen gibt es Zicken
Butter blumen geschnitzt.
Bei Almuth funktioniert aber auch der Rest ihres Lebens. Und bei mir nicht.
Keine rosigen Aussichten also, rein buttermäßig.
Mein Opa sagt immer: Do derf’sch ed so g’schricke sei. Der redet sich leicht. Er macht ja sein Leben lang schon nur das, was er ausnehmend gut kann.
… im Butterfass rühren …
Hinterm Stall springt das Aggregat an. Geht wieder! Der Hias ist ein Genie. Ich mache also den Deckel des Butterfasses auf, schütte den Rahm rein und schalte ein. Unverhofft macht’s platsch-platsch-platsch, und der Rahm spritzt durch die Ritzen im Butterfass und den undichten Deckel überallhin. Ergießt sich in einer spuckenden Kaskade über den Elektromotor, die mechanischen Antriebsteile der Zentrifuge, den Gummiriemen, das Eichenbrett und bedeckt die grünen Algen auf den Wandfliesen. Stopp!! Ausschalten.
Was für ein Saustall. Der Rahm hat sich in jede Ritze gesaugt. Klebt wie Uhu in den trockenen Holzfasern des Butterfasses.
»Aaah, eiwoacha muasst’ as scho vorher«, seufzt Hias hinter mir, mal wieder aufgetaucht aus dem Nichts. Er kratzt sich am Kopf. Hin- und hergerissen.
»Kimmst du z’schuss, i muass nomoi obe. Der Sprit war aus.«
»Ups.«
Ich lasse das Butterfass voll Wasser laufen und warte. Einweichen. Dann schütte ich den nächsten Eimer Sauerrahm hinein und mach den Deckel drauf. Ein Plexiglasdeckel mit Gummidichtung und Schnappverschluss. Und zwei alten Spanngurten. Keine Ahnung, für was die gedacht sind. Sollte man vielleicht mal abschneiden.
Elektromotor einschalten.
Die Holzflügel im Butterfass drehen sich. Man hört ein schnelles, dumpfes Patsch-Patsch-Patsch. Das Fassl und das drangeschraubte Eichenbrett wackeln wie ein Propellerflugzeug beim Start. Und – pfffllllltsch, die ganze Soße an der Wand.
Spanngurte festziehen ist die Lösung zu diesem Problem. Eventuell muss man sich zusätzlich mit beiden Händen auf den Plexiglasdeckel stemmen. Je nach Tagesform des Butterfasses. Dass das Fassl immer ausufernder wackelt und rattert, ist normal, glaube ich. Denn der Rahm geht von seinem flüssigen Zustand zuerst in Schaum über, dann trennen sich dicke Flocken, und bald schon fliegen faustgroße Fettklumpen durch eine eher wässrige Flüssigkeit ...
Butter und Buttermilch.
Ein Wunder. Direkt vor meinen Augen.
Jetzt sofort ausschalten.
Idealerweise, das habe ich schnell gelernt, dauert das alles zwölf Minuten. 12 ist überhaupt die magische Butterzahl.
12°C sollte der Rahm haben, aber auf keinen Fall mehr als 12°C das Butterfass – lieber weniger.
Die Almuth zum Beispiel wäre nie auf die Idee gekommen, das Butterfass mit heißem Wasser einzuweichen, weil’s dann schneller geht. Ich schon.
Putenfutter.
Die Buttermilch lässt man aus dem Fass ablaufen (da gibt es einen Stöpsel und ein Loch vorn im Fass), in ein Gefäß, das groß genug sein sollte, die Menge auch zu fassen.
Dann müssen die Butterklumpen aus dem Fass.
Mit der Hand holt man die raus. Die gleiche Hand, die grade vorhin noch den Stall ausgemistet und Nellys Hintern gekrault hat. Hygienevorschriften. Auf der Alm gibt’s Kernseife und siedend heißes Wasser vom Herd.
Jetzt sind in diesen Butterklumpen noch viele winzige Luftlöcher und Reste von Buttermilch und Wasser enthalten. Die müssen rausgeschlagen oder rausgeknetet werden. Wenn die Almbutter innerhalb von drei Tagen umkippt, ist das ein Zeichen dafür, dass noch zu viel Eiweiß in Form von Butterwasser drin war.
Die Puten freuen sich.
Nächster Schritt.
Butterbatzen wieder runterkühlen. Idealerweise in eiskaltem Wasser in einem Steinguttopf. Kühlschränke gibt’s auf der Alm nicht, und auch keine Gefriertruhen. Nur Quellwasser. Das ist so gut wie eiskalt. Die Hände werden blau davon.
Dann alles wieder abspülen. Rahmkübel, Butterfass, Melkzeug, Melkeimer, Milchkanne. Möglichst kochend heiß. Wegen Kolibakteriums Freunden. Davon werden die Hände feuerrot.
Dann kommt die Kür: die kalten Butterbatzen, idealerweise kälter als 12°C, in eine ansprechende Form bringen. Ein Butterkunstwerk.
Dafür gibt es Buttermodeln. Aus Holz. Wir wissen mittlerweile, was das heißt: einweichen und erst verwenden, wenn sie eiskalt sind. Sonst … Putenfutter.
Auf der Ganai-Alm gibt es einen 1-Kilo-Model. Lang und breit und flach. Mit wunderschön eingelassenem Schriftzug: Ganai.
Almuths perfekte Vorlage vom letzten Jahr liegt in noch dreifacher Ausführung im Keller.
Aber es geht auch anders.
Ich habe meinen
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