Auch unter Kuehen gibt es Zicken
Nicht 18. Die Nelly haut sich zusammen mit Dora und Zenz’ die Wampe voll. Unterm Kirschbaum, auf der anderen Weide.
Der G-Bau’r gebietet seinen Männern mit einem Stockschwung durch die Luft auszuschwärmen. Von beiden Seiten kommen sie daher. Schon von Weitem brüllen sie. »Hoooopp! Auf geht’s! Geeeehma!!«
»Langsam, Mädel«, sage ich. So ruhig ich kann. Aber es ist schon zu spät. Sie sehen die Gummistiefel, sie sehen die Stallkittel, sie sehen die Stöcke, und dahin geht’s. Der G-Bau’r schimpft sie dappige Viecher, seine Männer schneiden ihnen den Weg ab und treiben sie zum Lastwagen.
Ich gehe hinterher und schaff’s nicht, meinen Kopf aufrecht zu halten. Er wiegt eine Tonne, und was ich sehen würde, wenn ich ihn heben könnte, täte mir weh.
Die Tiere stehen keuchend in einem Pulk zwischen den großen MB-Tracs. Die Klappen der Anhänger sind offen. DieMänner bilden ein V. Dort hinein treibt der Junior die Viecher. Der einzige Ausweg ist der Laderaum. Der G-Bau’r brüllt »Hopp!« Und weil sie nicht gehen, rammt er der ersten Koim den elektrischen Viehtreiber in die Seite. Sie macht einen Laut, mehr ein versehentliches Atemgeräusch als ein Muhen, und springt nach vorne. Auf die Rampe und schlitternd hinauf in den Hänger.
Jeder der Männer hat einen Viehtreiber in der einen, einen Stock in der anderen Hand. Der Junior langt hin, ohne Zaudern.
Ich stehe hinter ihm. Drei Meter außerhalb des V. Den Blick im Boden.
»Muss das sein? Die gehen doch anders auch rein«, würge ich mit Mühe aus meinem Hals.
»Mir macha des scho.«
Damit bin ich entlassen. Mein Beitrag ist hier nicht erwünscht. Tierliebe Weiber beim Verladen – ganz schlecht.
Der Hias steht vor der Hütte, und ich weiß, dass er mich herrufen möchte.
Ich wünsch den Koima noch einmal viel Glück, von Herzen. Dann geh ich zurück zur Hütte.
Ich richt eine Brotzeit her, wie sich’s gehört.
Hinterm Stall schreit die Nelly. Es ist halb drei. Keine Stallzeit.
Sie weiß, was los ist. Sie kennt den G-Bau’r noch. Sie steht da, starr wie eine Statue, die Ohren steil nach vorn gestellt und wittert.
Da kommen sie auch schon. Fünf Männer. 480 Kilo. 110 davon fallen auf den G-Bau’r selbst.
»A Bier bringst ma«, sagt er.
»Mir aa.« Der Junior.
Nach der Nelly fragen sie nicht.
» MMMMMHHH !«
»Sch-sch-sch!«, denke ich. Aber was will ich? Sie hinterm Stall verstecken? Und dann?
» MMMMh .«
»Hää, des is doch aa de’ meine, oder?«, fragt der G-Bau’r.
»Ja ... Die war eigentlich immer hinten, bei den Kühen.«
»Dass ma de fei ned vergessen, nachher.« Er zieht langsam und gründlich eine Prise Schnupftabak in seine Stirnhöhle.
»A Brotzeit auch?«, frage ich und könnte mich selber in den Arsch beißen, weil meine Stimme so zart klingt. So piepsig. So ... fügsam.
»Ja, wos’d halt host.« Der G-Bau’r schiebt seinen Filzhut in den Nacken und kratzt sich den Pelz.
Ich gehe also und hol fünf Bier und fünf Ladungen Brotzeit. Als ich das letzte Brettl auf den Tisch stelle, spüre ich eine Hand an meinem Hintern. Ich wirble herum. Fleischaugen zwinkern mich an, und Zigarettenrauch bläst mir ins Gesicht.
»Geh in die Hütte«, sagt jemand in meinem Kopf. Und ich gehe. Ich gehe und hab doch keinen Boden unter den Füßen. Junior fragt nicht. Junior langt hin. Ich halte mich an der Granitplatte fest, für ein, zwei Atemzüge.
»Und, bist z’fried’n mit deine Viecher?«, fragt Hias von der Türschwelle aus zum G-Bau’r hin.
»Ah, dene schneid’ i sowieso an Kopf owa. Hob koan’ Platz im Stall. Da Bua möcht umbaun, woasst’.«
»Ah, so? Wos baut er’n?«
»Laufstall.«
»So, so ...«
So. Ich gehe in meine Kammer. Dort ziehe ich die mittlere Schublade des rosaroten Küchenbüfett auf. Die Geldscheine flattern lose darin herum. Mein Lohn, den mir der Hias wöchentlich gleich aus der Kassenschachtel gezahlt hat. Ich grapsche mir eine gute Handvoll. Zähl kurz durch. Dann gehe ich wieder hinaus.
Ich baue mich neben dem G-Bau’r auf. Er merkt, wie ich zittere, und wundert sich. Er wundert sich so sehr, dass sein Filzhut zwei Zentimeter nach hinten rutscht.
»Do«, sage ich.
800 Euro leg ich ihm auf den Tisch.
»Ich kauf dir die Nelly ab.«
Er schaut verblüfft auf den Tisch vor ihm runter. 16 zerknitterte 50er und ein paar fallende Rosenbuschblätter. Dann schaut er mich an. Wie ich bibbere. Und dann lacht er schallend, der G-Bau’r. »Dirndl, was wuist’n du mit dera Koim.«
Weiß ich
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