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Auch unter Kuehen gibt es Zicken

Auch unter Kuehen gibt es Zicken

Titel: Auch unter Kuehen gibt es Zicken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Michalke
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gefallen ist. Einer packt seine Ziach aus und spielt, spielt den Hirsch hinauf ins Paradies. Die Frauen reden vom Dirndlgwandschneidern und einer Hochzeit, diebald stattfinden wird, und ich geh raus, unter meinen Rosenbusch.
    Den Hirsch haben sie auf einen Anhänger gelegt. Seine Augen sind offen.
    Der Mond steht hell und klar über ihm.
    Er hatte Zeit jetzt. Allein.
    Man kann eine Seele nicht sehen.
    Aber die Augen kann man sehen. Und den Moment, wo der letzte Hauch Leben aus ihrem Blick weht und zum Mond hinaufsteigt.
    Ich bleibe unter meinem Rosenbusch sitzen. Ein paar Blätter fallen, im Mondlicht.
    Baron Bolko fährt als Erster nach Hause. Dann gehen auch langsam die Jagdgehilfen. Der Hirsch muss noch zerteilt und in der Kühlung aufgehängt werden. Die Frauen fahren heim, ihren Männern was zu essen kochen.
    »Pfiad’ euch«, sage ich zu ihnen. Oft hab ich sie nicht gesehen. Sie gehören hierher. Für sie ist das der Lauf der Dinge. Sie führen ein anderes Leben. Eins, das ich vielleicht gar nicht verstehe.
    Pfiad’ euch.
    Ich mach ihnen das Gatter auf. Nacheinander rollen sie auf den Weg ins Tal.
    Kilian ist der Letzte, der ins Auto steigt.
    Ich streichle den toten Hirsch auf seinem Anhänger.
    Pfiadi, King Kong.
    »Ja, dann ...«, sagt der Jäger.
    »Pfiadi«, sage ich.
    »Pass auf dich auf.«
    »Du auch.«
    Dann fährt auch er. Vorsichtig, als wollte er den toten Hirsch nicht durchschütteln. Er bewahrt ihm die Würde. Ich merke, dass ich ihn nicht hassen kann, dafür, dass er King Kong erschossen hat.
    Ich klappe den Gatterriegel zu und gehe.
    Ich hör sie langsam hinter dem Fichtenholz verschwinden, den Jäger und seinen Hirsch.
    Ich hab mein Weinglas unterm Rosenbusch stehen gelassen. Das trinke ich jetzt aus, in einem Zug.
    Der Hias lehnt vorn übergebeugt am Spülbecken.
    »So«, sagt er ins Spülwasser hinein.
    »Ja«, sage ich, »jetzt hama das auch noch mitgemacht.«
    »Ah, sei tuat’s wos.« Er zieht den Stöpsel aus dem Schaumwasser. Nächste Runde. Besteck. Er spült, ich trockne ab. Keiner redet mehr.
    Sei tuat’s wos.

Almabtrieb
    Noch 11 Tage
Gegen Mittag, hat die Annika gesagt, werden sie runterkommen. Um Viertel nach elf hör ich schon die Glocken. Furiose Glocken. Wie das klingt, müssen die im Galopp unterwegs sein. Ich habe keine Zeit mehr, mein Stallgwand anzuziehen. Gelbes T-Shirt, hellblaue Jeans. Schnell noch den Almstecken schnappen, und dann ab.
    Keuchend schieße ich über den Sonnbichl. Die G-Baurn-Viecher glotzen bergauf. Sie hören sie auch kommen. Sie fühlen’s in der Luft. Party! Rambazamba!
    Die Hochalm-Herde poltert mit wehenden Kronen und Fahnderln ungebremst die Forststraße runter.
    Zaun! Entscheidet ein Instinkt, von dem ich bis jetzt keine Ahnung hatte. Ich renne hinauf zum Weiderost, wickle mit zitternden Fingern den Stacheldraht auf und reiße den losen Zaunstempen raus. »Auf d’ Seitn!«, brüllt Annika. Und schon rauschen sie durch. Leuchtend bunte Kronen, wehende Latschenbuschen, dröhnende Glocken. Alle 23. Wow.Mir bleibt der Mund offen stehen. Bis ich sehe, wie meine G-Bau’r-Viecher und die Fallerer-Mädel der Hochalm-Herde entgegentraben. Ihre fit und fleischig gefressenen Körper gespannt wie Sprungfedern. » ZURÜCK !«, brülle ich, als würde das was bringen. Und schon stehen wir mittendrin, in einem wirren Haufen galoppierender Rinder. Die Hochalm-Viecher wiegen die Hälfte, das sieht man erst, wenn man sie direkt nebeneinander hat.
    Die nächste halbe Stunde verbringen wir damit, meine Mädel zurückzuscheuchen und Annikas Viecher ans Heimgehen zu erinnern. Haben sie vergessen. Die bleiben uns, denke ich schon. Aber dann springt Annikas große dunkelbraune Koim mit der leuchtend pinken Krone über den unteren Weiderost. Das war das Kommando. Heim geht’s!
    Sie sind auf und davon.
    Und ich bleibe stehen, wie eine Wand vor den angaloppierenden G-Bau’r-Viechern. Stopp! Nix gibt’s. An mir kommt ihr nicht vorbei. Es wirkt. Sie bremsen. Glotzen mich an, zu siebzehnt. Mein gelbes T-Shirt ist grünbraun verschmiert. Die Jeans hat am Hintern, wo sie eh zu eng war, ein klaffendes Loch. Man sieht den blauen Fleck von meinem Beinaheabsturz im Eiskeller. Am Knie klebt Blut. Weiß nicht, wo das her kommt. Ich fühle mich wie Bruce Willis als John McClane in Stirb Langsam. Von der Lauber-Hütte her spaziert eine Gruppe Wanderer. Sie mustern mich, als wüssten sie nicht, ob sie Mitleid haben sollten oder ein Gefühl von ... Igitt. Vorsichtshalber machen sie

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