Auch wir sind Deutschland: Ohne uns geht nicht. Ohne euch auch nicht. (German Edition)
Vertrauen in diesen Staat.
Mein Leben als Star bringt manchmal Probleme mit sich, von denen andere Menschen nichts wissen und die sich normale Leute gar nicht vorstellen können.
Berühmtheit hat jede Menge angenehme Nebeneffekte, schürt aber auch den Hass einiger Neider, die ebenfalls ein Stück vom Kuchen abhaben wollen. Nachdem meine Mutter zweimal in ihrer Bäckerei überfallen worden war, habe ich ihr ganz einfach verboten, weiterhin dort zu arbeiten. Vor einer anderen Gefahr allerdings konnte ich sie nicht wirklich beschützen, zumindest nicht, solange sie mir nichts davon erzählte.
Irgendwann rief mich mein Stiefvater an und fragte mich, warum sich meine Mutter immer wieder von ihm Geld leihen müsse. Ich regierte auf diese Frage ziemlich verärgert. Was für eine Unverschämtheit! »Meine Mutter muss sich von dir kein Geld leihen. Wir haben selber genug«, schnauzte ich ihn an. Nach und nach kam dann aber heraus, dass sie sich heimlich, hinter meinem Rücken, insgesamt 40 000 Euro geborgt hatte. Warum? Ich war verzweifelt. Wofür brauchte meine Mutter so viel Geld? Ich nahm sie ins Kreuzverhör. Es war ihr unheimlich peinlich, aber durch viel Druck haben wir dann erfahren, dass meine Mutter erpresst wurde. Rumänische Mafiosi drohten ihr immer wieder, dass sie mich umbringen würden, wenn sie nicht bezahlen würde. Aus Angst um ihren Sohn und weil sie keine Ahnung von solchen Dingen hatte, so wie kein normaler Mensch Ahnung von solchen Dingen hat, hat sie gezahlt. Jeden Monat, nach jeder neuen SMS. Wir haben uns dann selbst um die Sache gekümmert und den Fall so erledigt, dass wir sogar das Geld zurückbekommen haben. Danach hat nie wieder irgendwer versucht, mich zu erpressen. Warum ist meine Mutter nicht zur Polizei gegangen? Warum bin ich nicht zur Polizei gegangen? Das ist eine gute Frage und ich verstehe auch, dass die Art und Weise, wie wir die Probleme beigelegt haben, nicht hundertprozentig mit den Regeln der Bundesrepublik Deutschland im Einklang stehen. Doch was hätte die Polizei tun sollen? Was wäre passiert, wenn ich zur Polizei gegangen wäre? Wahrscheinlich wäre nichts passiert, weil dieser Apparat zu groß, zu langsam und zu träge ist. Was hätte ich tun sollen? Auf eine Gerichtsverhandlung warten, an deren Ende vielleicht sogar ein Freispruch steht, weil außer ein paar SMS keine Beweise vorliegen? Wir wussten, wer diese Leute sind. Wir wussten, wo sie sind. Wir sind hingegangen und haben die Sache geklärt. Wenn ich Vertrauen in diesen Staat und seine Polizei haben würde, dann wäre ich zur Polizei gegangen. Wenn meine Mutter Vertrauen in diesen Staat und diese Polizei gehabt hätte, dann wäre sie zur Polizei gegangen, doch dieses Vertrauen hatte ich nicht. Zumindest nicht in so einem Fall. Das liest sich jetzt schrecklich und ich weiß, dass es nicht richtig ist, aber es ist nun einmal eine Tatsache. Es liegt am Staat und an der Polizei, dieses Vertrauen wiederherzustellen, denn so wie meiner Mutter geht es Tausenden, die sich hilflos und ausgeliefert fühlen, ein Gift, das diese Gesellschaft zersetzt.
Ich selbst bin nicht abgehängt. Ich bin auch nicht hilflos, aber ich bin mir meiner Sonderrolle sehr wohl bewusst und, das gebe ich offen zu, ich nutze meinen Prominentenstatus und die Tatsache, dass ich Privilegien habe, auch aus. Wenn man bei RTL sieht, wie sich die Superreichen die Welt schön machen, dann denke ich mir, dass wir das ebenfalls tun sollten. Es gibt so viele Schlupflöcher in Deutschland, warum sollten wir diese nur den Ärzten, Steuerberatern, Wirtschaftsbossen, Bankern und Anwälten überlassen? Das ist vielleicht am Rande der Legalität, aber hier gibt es nun einmal sehr viele Möglichkeiten, am Gesetz vorbeizuleben, ohne dafür richtige Konsequenzen tragen zu müssen, dass man dumm wäre, wenn man das nicht ausnutzen würde. In Deutschland kann man richtig Faxen machen und wird immer noch mit Samthandschuhen angefasst – meistens –, manchmal allerdings wird man auch einfach tot geschlagen, so wie Slieman Hamade, ein Bekannter von uns aus Schöneberg. Der hat mitten in der Nacht in der Wohnung seiner Eltern randaliert, worauf die bei der Polizei angerufen haben. Als die Bullen kamen, war Slieman voll auf Drogen und wollte sich mit ihnen schlagen. Die Polizisten haben dann Verstärkung angefordert, sind zu fünft auf ihn rauf, haben tonnenweise Pfefferspray versprüht und die Nachbarn, die Familie, die nicht mehr aus ihren Wohnungen konnten, haben ihn
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