Auch wir sind Deutschland: Ohne uns geht nicht. Ohne euch auch nicht. (German Edition)
werde, dann weiß ich, dass ihnen wieder mal langweilig ist und sie sich gegenseitig per Funk verständigen, um mich zu ärgern. Meistens versuche ich, mich nicht provozieren zu lassen, und rede mir ein, dass der pure Neid sie dazu zwingt, mir auf den Sack zu gehen. Neid darauf, dass ich es einigermaßen geschafft habe, und Ärger darüber, dass sie mir und meinen Freunden nichts nachweisen können, obwohl sie gerne von Mafia und organisiertem Verbrechen reden. Auch das ist eine Form von Anerkennung in dieser Gesellschaft. Das größte Lob ist der Neid der anderen.
Manchmal denke ich, die Bullen müssten doch die ganze Zeit Spalier stehen und uns Beifall klatschen, dass Leute wie wir unser Geld jetzt auf ehrliche Art und Weise verdienen. Sie müssten mir anerkennend auf die Schulter klopfen, dass ich keine Drogen mehr verkaufe, keine Scheiße mehr baue, sondern Geld verdiene und davon Steuern bezahle, viele Steuern, Steuern, von denen zum Beispiel auch ihre Gehälter bezahlt werden. Aber wahrscheinlich kotzt sie genau das an. Es nervt sie, dass sie indirekt bei uns, bei uns Bürgern, auf der Lohnliste stehen, und deswegen kommen sie dann an mit dieser Kleinscheiße.
Meistens kann ich ja ruhig bleiben bei den ganzen Spielchen, manchmal aber raste ich aus. Dann kann ich nicht anders. Als ich einmal in Steglitz einen Freund von der U-Bahn abholen musste, habe ich kurz an einer Bushaltestelle gehalten. Kaum kam ich zum Stehen, da hielt hinter mir das Ordnungsamt und ein Mann stieg aus und blaffte mich an, dass ich hier nicht halten dürfe. »Ja ja, alles klar, ich fahre ja schon weiter, ich warte doch nur auf meinen Kumpel, der noch seine Tasche in den Kofferraum packen muss.« Da schmiss mir der Typ in seiner blauen Uniform einen Strafzettel durch das offene Fenster auf den Schoß. Ich meinte zu ihm, dass ich doch gar nicht geparkt hätte und dass ich gleich weiterfahren würde, worauf er nur mit den Schultern zuckte und sagte, das sei ihm egal. Ich stieg aus und versuchte mit ihm zu reden. Er war sogar Türke. Das war noch nicht mal ein Deutscher und ich dachte, dass man das doch irgendwie hinkriegen müsse, aber der Typ kam mir so arrogant und so von oben herab, dass ich irgendwann rief: »Pass mal auf, du Wichser. Mach mal nicht so auf Bulle, wenn du gar kein Bulle bist.« Dann bin ich eingestiegen und wir sind losgefahren.
14 Tage später bekam ich einen Zettel vom Gericht, der an einen gewissen Bushido adressiert war. Noch nicht einmal meinen bürgerlichen Namen hatten sie draufgeschrieben und in dem Papier stand, dass ich dreißig Tagessätze à 700 Euro bezahlen müsse. Ohne Anhörung, ohne Erklärung, ohne alles. Wir haben dann Beschwerde eingelegt, aber um die Geldstrafe bin ich nicht herumgekommen. 21 000 Euro, es war auch deshalb so viel, weil ich schon einmal wegen Beleidigung eines Beamten verurteilt worden war und sie das Strafmaß beim zweiten Mal verdoppelt haben.
Ich hätte mich natürlich auch rausreden oder einen Trick anwenden können. Ich hätte zum Beispiel einen Kumpel hinschicken können, der mir ähnlich sieht und der behauptet hätte, dass er den Ordnungsamtsmitarbeiter beschimpft hätte und nicht ich, aber das wollte ich nicht. Da trage ich dann schon selbst die Konsequenzen, auch wenn das nicht besonders schlau ist. Es ist einfach nur teuer, aber so bin ich halt.
Manchmal gelingt es mir aber auch, ein ganz entspanntes Verhältnis zur Polizei zu haben, und hin und wieder gibt es sogar sehr lustige Geschichten von unserem gemeinsamen Leben zu erzählen. Ich sage ja auch nicht, dass wir nicht mitschuldig sind, wenn die Bullen uns auf dem Kieker haben. Schwierig wird es nur, wenn sie die ganzen Spielereien persönlich nehmen. Dann wird es schwer, aber ansonsten kann man mit den meisten ganz gut auskommen und als Bürger bin ich ja auch auf sie angewiesen und hin und wieder rufe ich sie auch mal an.
Als einmal zwei verrückte Stalkerinnen bei mir vor dem Haus herumlungerten, habe ich ziemlich oft bei der Polizei angerufen. Die Bullen kamen dann und verteilten Platzverbote, was die beiden Mädchen allerdings wenig beeindruckte. Insgesamt habe ich bestimmt acht- oder neunmal bei der Wache angerufen und mich beschwert, aber so richtig was machen konnten die Beamten offenbar nicht. Die beiden Damen lungerten vor meiner Haustür herum, kletterten bei meinen Nachbarn in den Garten, schliefen dort in irgendwelchen Kinderzelten, pissten in die Blumenbeete und krakeelten die halbe Nacht auf der
Weitere Kostenlose Bücher