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Auch wir sind Deutschland: Ohne uns geht nicht. Ohne euch auch nicht. (German Edition)

Auch wir sind Deutschland: Ohne uns geht nicht. Ohne euch auch nicht. (German Edition)

Titel: Auch wir sind Deutschland: Ohne uns geht nicht. Ohne euch auch nicht. (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anis Mohamed Youssef Ferchichi , Marcus Staiger
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müssen, dass es so läuft, dass viel mehr geredet als getan wird und dass viel mehr über die Leute mit ihren Problemen geredet wird anstatt mit den Leuten, die diese Probleme haben. Da können wir nicht viel machen und lediglich hoffen, dass es vielleicht doch noch ein paar Quereinsteiger und vor allem auch Querdenker geben wird, die es schaffen und Gehör finden. Dass Leute mit einem gewissen Einfluss, Leute, die sich auf die eine oder andere Art Respekt verdient haben, kommen und ihren Einfluss nutzen.
    Bis dahin sind solche Menschen, die nichts auf die Reihe kriegen, die sogenannte Unterschicht, bildungsferne Schichten und Menschen am Rande der Gesellschaft so gut wie verloren. Das liegt allerdings nicht nur am Staat und der mangelhaften Finanzierung im Bildungsbereich, das liegt auch an uns, an jedem Einzelnen von uns.
    Im Grunde ist es doch so, dass keiner, der sich nicht ausdrücklich für den Lehrerberuf entschieden hat, Verantwortung übernehmen möchte und das auch bis zum Ende durchstehen will. Das ist kein Ein-Tages-Job. Da kann man nicht schnell mal eine Taskforce reinschicken und dann sofort die Ergebnisse sehen. Das ist eine Lebensaufgabe. Wenn ein Mahmut letztlich wieder in den Knast muss oder aus ihm endgültig nichts wird, dann ist das auch ein Stück weit meine Schuld, weil ich weiß, dass ich ihn jetzt noch zu einem anständigen Leben zwingen könnte, ich hätte diesen Einfluss, aber dieses letzte bisschen Konsequenz fehlt auch mir.
    Wenn er mir wichtig ist, als Mensch, als Freund, als Bruder, als das, wofür wir uns gegenseitig halten, dann müsste ich eigentlich viel konsequenter handeln. Wenn ich ihm dann aber Hausverbot gebe oder ihm sage, dass er mich nach einer gewissen Uhrzeit nicht mehr anzurufen braucht, dann kommen wieder andere zu mir und sagen, dass ich nicht so hart mit ihm sein soll. Natürlich führt Liebesentzug auch zu nichts, aber was sollte man sonst machen? Geldstrafen für Schulschwänzer?
    Was wird er von allein schaffen? Nichts. Was kann er unter Zwang schaffen? Vielleicht alles oder wenigstens ein bisschen – und dann zwingt er sich eben aus irgendwelchen Gründen mal dazu zu arbeiten. Letztlich kann es uns doch egal sein, ob er das freiwillig macht oder ob ich ihn gezwungen habe, wenn was Vernünftiges dabei herauskommt. Wie viele Menschen werden aufgrund ihrer gesellschaftlichen Stellung oder aufgrund von persönlichen Abhängigkeiten dazu gezwungen, illegale Sachen zu machen. Wie viele Menschen werden von skrupellosen Verbrechern genötigt, Drogen zu verkaufen, Einbrüche zu begehen oder sonst wie anschaffen zu gehen. Warum sollte man sie dann nicht auch zu etwas Gutem zwingen können?
    Das ist doch das Dumme. Gibst du einem die Freiheit zu machen, was er will, und es kommt nichts dabei raus, im Gegenteil, er schadet dir, der Gesellschaft, sich selbst, seiner Familie und so weiter, dann ist es doch nicht falsch, wenn man ihn zu einem Schulabschluss zwingt. Ansonsten reden wir noch bis ans Ende unserer Tage darüber, was wir noch alles machen könnten und wie wir ihn noch fördern oder abholen könnten. So jemand muss ganz einfach die Konsequenzen spüren und damit meine ich nicht auspeitschen und ich meine auch nicht ausweisen, weil man die meisten dieser »Problemfälle« eh nicht ausweisen kann, da die Typen einen deutschen Pass haben. Sind Freiheitsentzug, keine eigenen Klamotten und dafür Krümeltee eine Möglichkeit? Ich kann verstehen, dass für solche Leute tatsächlich so etwas wie ein lebenslanges, strenges, betreutes Wohnen gefordert wird, aber das kann ja nicht die Lösung sein. Denn das ist weder praktikabel noch menschenwürdig.
    Um die Forderung nach solchen Brachiallösungen, die auch immense Kosten verursachen würden, gar nicht erst aufkommen zu lassen, muss man sehr viel früher ansetzen. Auch ein Mahmut war mal fünf, sechs Jahre alt und der Unterschied zwischen ihm und mir in diesem Alter war nicht sehr groß. Er ist dann allerdings durchgerutscht durch das System, nicht aus Bösartigkeit, sondern weil sich keiner richtig darum gekümmert hat. Der Familie ist nicht aufgefallen, dass er auf die schiefe Bahn geriet, die am Anfang noch gar nicht so schief war, und das Schulsystem war auf jeden Fall zu lasch für ihn, vielleicht ist es auch insgesamt zu lasch. Im Gegensatz zum Strafsystem, das ich für relativ konsequent halte, ist das Schulsystem in bestimmten Stadtteilen komplett unbrauchbar. Ob man da einen Tadel bekommt oder nicht, wer nimmt so

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