Auch wir sind Deutschland: Ohne uns geht nicht. Ohne euch auch nicht. (German Edition)
Situationen nicht verbiege, sage, wenn mir dies und jenes nicht passt, und auch in Kauf nehme, dass ich dafür auf die Fresse bekommen könnte. Dass ich für meine Frau einstehe, mich vor sie stelle und auch klarstelle, dass ich zu ihr und sie zu mir gehört.
Neulich hat mein Nachbar meiner Frau den Vogel gezeigt. Da bin ich noch mal ausgestiegen und zurückgelaufen. Ich war ja schon zu Hause am Tor und eigentlich hätte ich einfach reinfahren können, aber nein, ich muss dann einfach zurückgehen und ihn anpöbeln. Das ist ein absolutes Ausländerding und in einigen Situationen finde ich das auch okay und meine Frau auch. Mein Nachbar findet das verstörend.
Die deutsche Gesellschaft braucht aber trotzdem keine Angst vor uns zu haben, sie muss nur eines verstehen: Wir haben nicht viel, zumindest sind wir nicht mit sehr viel auf die Welt gekommen, aber wir haben Stolz und wir haben Ehre. Manch einer behauptet, wir hätten eine verdrehte Vorstellung von Stolz und Ehre, aber da, wo ich herkomme, haben diese Begriffe eine bestimmte Bedeutung und wir sind bereit, sie zu verteidigen. Ob mit teuren Anwälten oder in der direkten Konfrontation.
Für viele Menschen in dieser Gesellschaft ist das der Albtraum. Für die meisten Menschen, die unsere Welt nicht kennengelernt haben, die nichts von unserer Welt sehen wollen, sind das die Abfallprodukte einer anscheinend gescheiterten Multikultipolitik – die Angst vor der Parallelgesellschaft. Aber dann sage ich: Holt uns hier raus. Zeigt uns, dass ihr Eier habt. Zeigt uns, dass ihr ebenso viel Stolz und Ehre in euch tragt, zeigt uns, dass eure Gesellschaft funktioniert und man nicht immer das Gefühl haben muss, dass man verarscht und ausgetrickst wird, wenn man nicht über die richtige Herkunft, die richtige Haarfarbe oder das notwendige Kapital verfügt! Hätte mein Nachbar der Frau vom Rechtsanwalt gegenüber ebenfalls den Vogel gezeigt? Natürlich nicht. Und das ist doch das Schlimme an dieser Welt, dass man anscheinend nur zu seinem Recht kommt, wenn man genügend Kleingeld besitzt. Haste was, biste was und nicht einmal das funktioniert immer, wie man an meinem Fall sehen kann, wo es heißt: Haste was, biste Mafia. Aber das lasse ich mir nicht gefallen und statt langer Rechtsstreitigkeiten gehe ich eben hin und bin bereit, die Dinge vor Ort zu klären und meine Frau direkt zu verteidigen.
Auf Kinder bezogen, müsste das ebenfalls so sein, finde ich. Man muss einfach bereit sein, seine Familie zu verteidigen und umgekehrt auch die Verantwortung für sie zu übernehmen, ansonsten finde ich das seltsam.
Letztens waren die Kinder eines anderen Nachbarn hier und haben einen Ball gegen mein Auto geschossen. Als Deutscher bin ich, was das angeht, wahnsinnig empfindlich und ich habe denen schon dreimal gesagt, dass sie hier nicht spielen sollen. Trotzdem haben sie wieder gegen mein Auto geschossen, worauf ich dann zum Vater der Kinder gegangen bin und ihm gesagt habe, dass es so nicht geht. Da meint der deutsche Vater zu mir, dass ich das mit den Kindern selbst klären müsse. Die Kinder sind sechs und vier, habe ich entgegnet, was soll ich denn mit den Kindern klären? Du bist doch der Vater, habe ich ihm gesagt, worauf er mich fragte, was er denn dafür könne. Dieses Sich-aus-der-Verantwortung-Ziehen, diese Lax- und Laschheit, breitet sich gerade aus in Deutschland und scheint schon fast ein Merkmal der deutschen Identität zu werden.
Das ist bedauerlich, denn generell halte ich es für einen feinen Charakterzug, direkt, offen und ehrlich zu sein. Für mich zeugt es von Stärke, wenn jemand zu seiner Meinung stehen kann und zu seinen Werten, aber welche deutschen Eltern bringen ihren Kindern wirklich noch bei, sich für ihre Überzeugungen einzusetzen? Welche deutschen Eltern bringen ihren Kindern überhaupt noch Überzeugungen nahe? Wer bringt den Kindern bei, für ihre Taten und Worte geradezustehen, Ansichten zu vertreten, seine Familie, Werte oder sein Land zu verteidigen? Nicht mit der Waffe in der Hand, sondern in einer Diskussion einfach nur zu sagen: »Hey, Deutschland ist ein geiles Land und wir haben allen Grund, stolz zu sein, dass wir alle in so einem geilen Land wohnen.« Das von einem Deutschen zu hören, ohne dass er gleich danach »Ausländer raus« schreit, das wäre eine Wohltat. Ein positiver, gesunder, einladender Nationalstolz, das wäre wünschenswert, doch bislang erlebe ich den nur bei hier lebenden Ausländern, die kein Problem damit haben, sich
Weitere Kostenlose Bücher