Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Auf all deinen Wegen - Lene Beckers erster Fall (Lene Becker ermittelt) (German Edition)

Auf all deinen Wegen - Lene Beckers erster Fall (Lene Becker ermittelt) (German Edition)

Titel: Auf all deinen Wegen - Lene Beckers erster Fall (Lene Becker ermittelt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Rohde
Vom Netzwerk:
noch einmal. Nach den Briefen seiner Großeltern kam seine Heiratsurkunde mit Mary McPherson, die sie schon kannte. Dann die Geburtsurkunde von Jeff Masters. 12. Oktober 1921 in Philadelphia. Dann ein Brief aus dem Krieg in Europa an Mary, seine Frau.
    14. September 1944
    Liebste Mary!
    Wie geht es Dir? Jetzt bin ich schon drei Wochen hier in Frankreich. Es ist unbeschreiblich, was ich hier erlebe. Es ist oft nicht leicht, auch wenn alle hier zusammenhalten und wir wissen, dass es für eine gute Sache ist. Wir kommen nur langsam voran, sehen bei den Franzosen so viel Leid. Jeff habe ich nur einmal kurz nach der Landung gesehen. Er ist in einem anderen Zug. Hoffentlich geht es dem Jungen gut. Aber die Landung war das Schwerste. Und die hat er überstanden.
    Ich denke so oft an dich, meine liebste Mary, und hoffe, dass wir die Nazis bald endgültig kleingekriegt haben und ich zurück zu euch kann. Wir nähern uns immer mehr der deutschen Grenze. Wie ich mich wohl in Deutschland fühle nach all den Jahren? Vieles weiß ich ja nur noch aus Vaters Erzählungen, aber es wird schon komisch werden wieder in einem Land zu sein, in dem alle deutsch sprechen.
    Du fehlst mir. Vielleicht war es ein Fehler, dass ich mich frei willig gemeldet habe. Aber ich wollte gegen diese Nazi -Schweine kämpfen. Deutschland hat uns ja nie haben wollen. Und für meinen Vater war es so wichtig, dass Jeff und ich gegen die Deutschen kämpfen. Du weißt, wie er sich behandelt fühlte. Auch mir steigt noch oft die Röte ins Gesicht – aus Scham und aus Wut – wenn ich daran denke, wie meine Lehrerin mich in der Schule behandelt hat. Diese Verachtung, diese Demütigungen! Ich war doch ein Kind, ein Bub von sechs, acht Jahren!! Unglaublich. Was können Kinder denn an ihrem Schicksal ändern, was können sie für die angeblichen Fehler ihrer Väter? Hier bin ich soweit weg von zu Hause und von dir!! Jetzt spielen sie gerade von Glenn Miller »In the Mood « im Radio und ich wäre gern bei dir. Dann könnten wir durch das Wohnzimmer tanzen. Aber bald wird das hier erledigt sein. Denke solange an Deinen Dich liebenden Ehemann Martin.
    Dann kam die Todesnachricht. 30. September 1944. Gefallen im Grenzgebiet Belgien – Deutschland. Wie grausam! Arme Mary. Und armer Martin, der jetzt nicht mehr erlebt hat, wie es ihm im Land seiner Kindheit gegangen wäre. War mit der Lehrerin etwa Marge, die damals noch Margarethe genannt wurde, gemeint? Da waren sie wieder, diese bitteren Vorwürfe. Sie hatte vorgestern noch versucht mit Will über das Thema zu sprechen. Ob er etwas von einer Familie Meister wüsste, die ihrer beider Familie so hasserfüllt begegnet waren. Aber ihm fiel auch nichts ein.
    » Ich weiß nur von dem jungen Mann, der wegen der Brandstiftung ins Gefängnis gekommen ist. Das war der Einzige, der Lonas Familie je so weitreichend geschadet hat. Aber, weißt du, meine Mutter hat wenig von früher erzählt. Ich habe nur meine Kindheitserinnerungen und natürlich meine eigene Kriegsbeteiligung gegen Deutschland. Auch aus der Zeit, als ich nach München eingeteilt wurde für die Besatzung nach dem zweiten Weltkrieg.«
    Und dann hatte er erzä hlt, wie er im Jeep durch das Nachkriegsdeutschland gefahren war um seine Aunt Elise zu besuchen – obwohl jeder Kontakt mit Deutschen, und besonders mit Familienangehörigen, streng untersagt war. Und wie sie beide sich damals gefreut hätten über dieses verbotene Wiedersehen. Lene schloss den Ordner. Noch den von Jeff?
    Sie fü hlte jetzt eine unendliche Müdigkeit. Nein, erst morgen. Sie hatte jetzt sowieso nur noch maximal drei bis vier Stunden um zu schlafen. Und morgen die lange Fahrt. Gedanken an Joanne und Marc.
    Aber schließ lich waren da nur noch Gedanken an Mike. Darin eingekuschelt schlief sie ein.
    Als sie nach wenigen Stunden auf wachte, zog der Duft von Pancakes und Kaffee durch das Haus. Sie fand ihren Onkel in der Küche, wie er die kleinen Pfannkuchen für alle backte. Was für eine Geste von ihm! Sie fühlte sich plötzlich wie ein Kind in einem Elternhaus, das sie schon so lange nicht mehr hatte.
    » Ich habe mir vorhin deine Autoschlüssel genommen, wollte dich überraschen und für dich tanken, aber der Tank war ja leider voll. Schade.«, sagte er.
    Lene nahm ihn in die Arme. Tochter-Vatergefü hle, wie sie sie bei ihrem Vater nie gekannt hatte. Geborgenheit. Und Zärtlichkeit, als sie seine rot geweinten Augen sah.
    Sophie und Lene hatten am Abend vorher ihre Abreise bespr ochen.

Weitere Kostenlose Bücher