Auf all deinen Wegen - Lene Beckers erster Fall (Lene Becker ermittelt) (German Edition)
hatte Iris mitgenommen ins Gefängnis.
Lene stand auf. Alle ihre Knochen oder Muskeln schienen zu schme rzen.
» Das war’s dann wohl. Ziemlich schrecklich.«
Mike legte den Arm um sie.
»Wir wissen jetzt, was geschehen ist. Sie hat wohl wirklich alles gesagt. Den Rest werden die Verhöre in den nächsten Tagen noch bringen. Es ist vorbei, Lene. Und du weißt es doch auch, jeder Mord ist schrecklich.«
Er ging in den Nachbarraum und kam mit zwei Bechern Kaffee zurü ck. Keinen Charlie Brown Becher, sondern Pappbecher für sie beide.
» Glaubst du, dass sie für eine Verurteilung zu krank ist, psychisch gestört?«, fragte er dann.
» Sie hat sicher eine Neurose, denke ich. Aber ich glaube nicht, dass die reicht, sie wird hoffentlich normal verurteilt. Ich weiß nicht, wie ihr vorgeht. Hat sie hier Chancen auf Einweisung in die Psychiatrie?«
» Nein, dazu ist sie, zumindest wahrscheinlich, zu normal. Falls eine Mörderin mit diesen Motiven überhaupt als normal bezeichnet werden kann.«
Lene sah ihn an. »Kann ich noch mit in dein Büro? Ich möchte noch Will und Sam anrufen. Sie werden froh sein, dass jetzt alles vorbei ist. Ich sehe immer noch diese beiden älteren Menschen, wie sie mit Marcs Eltern am Grab ihrer Kinder standen – Und das alles nur, weil Iris … Oder Zach mit seinem Hass …«
Sie wollte nicht mehr weitersprechen.
Mike legte den Arm um sie.
» Natürlich kannst du von meinem Apparat bei ihnen anrufen. Komm.«
Und er schob sie in Richtung Paternoster.
Ja, dachte Lene, wie schon einmal. »Vater unser« -
Kapitel 39
Drauß en war es trotz der Nacht nicht wirklich dunkel. Und sehr still. Ob Sophie schlafen konnte im Flugzeug? Wie es ihr wohl ginge?
Vorsichtig drehte Lene sich auf die Seite.
Das kühle Mondlicht – wir haben fast Vollmond, dachte sie – fiel auf Mikes Gesicht. Lange Wimpern lagen auf den Wangen, eigentlich fast zu lang für einen Mann, hatte sie gestern Abend gelacht, als sie sie bemerkt hatte.
» Damit haben mich die Jungen in der Schule schon aufgezogen früher, aber ich habe ihnen gezeigt, dass ich ein richtiger Mann bin. Soll ich es dir auch zeigen?«, forderte er sie heraus.
Sie hatten seine Musik gehö rt, die auch ihre war.
Sie hatten noch lange ü ber die Menschen gesprochen, die Lene hier kennengelernt und wiedergetroffen hatte.
Ü ber Joanne und Marc und John. Über Fred und Ben und Sarah. Morgen wollten sie zu Uncle Vito’s zum Essen. Für Joanne und Marc.
Nur ü ber Iris wollten sie nicht mehr sprechen. Nicht an dem Abend.
Sie hatten auch gleich bei Mitc h und Wendy angerufen und deren Erleichterung überwog, trotz des Entsetzens über die Sinnlosigkeit der Tat. Genauso wie bei Will und Sam. Sie hörte noch Sams Worte, in denen eine tiefe seelische Befreiung zu bemerken war.
» Jetzt können wir trauern um unser Kind, Lene. Ich danke dir so sehr.«
Ü ber Will hatten sie gesprochen, und wie er als junger Mann gewesen war, über seine Liebe zu Sam.
Ü ber den Mut der Frauen ihrer Familie, über Marge und ihre ›Flucht‹ aus dem Elternhaus. Über ihre Großmutter Elise, die Amerika mit sechzehn Jahren so lieb gewonnen hatte, dass sie ihren Namen von dort beibehalten hatte. Und die immer mit Lene Englisch gesprochen hatte. Die für sie und ihre Geschwister immer Geborgenheit bedeutete. Und schließlich über Jonas und Sophie.
Er war ein geduldiger und aufmerksamer Zuhö rer gewesen. Hatte dann von seiner Familie erzählt, seinem Vater, der auch schon bei der Kriminalpolizei und immer sein großes Vorbild gewesen war. Über seine Mutter, die er so früh verloren hatte, über seine Schwester und deren vier Kinder.
Sie waren durch diese Gesprä che nahe aneinander gerückt.
Und schließ lich hatte er ihr noch bewiesen, dass er ein Mann war, trotz der langen Wimpern.
Tiefer Frieden war jetzt in ihr. Verbunden mit einer von ganz Innen aufsteigenden Zä rtlichkeit für diesen Mann, den sie doch wieder verlassen musste.
E in Begriff würde jetzt für all das stehen -
San Francisco.
Danksagung:
Mein erster Roman wäre bestimmt nicht bis zur Veröffentlichung gewachsen, hätte ich nicht so großartige Menschen sowie »Mutmacher« gehabt, bei denen ich hier meinen Dank aussprechen möchte:
Allen voran m einer Großmutter Elise, der ich die wunderbaren, lebendigen Schilderungen ihrer Familiengeschichte verdanke, denen wir immer begeistert zuhörten, und die mich schon vor vielen Jahren zu dem Plan einem Roman darüber zu
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