Auf all deinen Wegen - Lene Beckers erster Fall (Lene Becker ermittelt) (German Edition)
essen.«
Ihr Zeremoniell . Immer, wenn etwas Wichtiges zu besprechen war, gingen sie erst einmal in das Bratwursthäusle und tauschten alles an Gefühlen, Neuigkeiten und Gedanken bei einem Bier aus.
» Wo ist Sophie?«
» Sie kommt mit dem Flieger um halb neun. Wir holen sie nachher ab. Die Umbuchung für die Flüge hat geklappt. Sogar Paris - San Francisco. Ein Wunder geradezu. Ich bleibe übrigens heute Nacht bei euch und bringe euch morgen früh um fünf an den Flughafen. So habt ihr wenigstens noch etwas Schlaf vorher.«
Der einzige freie Parkplatz war direkt vor der Polizeiwache oberhalb von Sankt Sebaldus. Sie mussten lachen. Wie immer gerade dort. Dann das Kopfsteinpflaster unter ihren Füßen. Die Kirche ragte hoch auf in den jetzt schon dunkel werdenden Himmel. Wie kann man nur nach all den Jahren immer noch jede Häuserfassade so lieben? So viel Schönheit immer neu empfinden? Die Wärme der Gaststätte mit der besonderen Mischung von Touristen aus aller Welt und Einheimischen empfing sie. Grüß Gott, und es gab sogar einen Tisch für sie beide. Nach dem Bestellen, wollte Jonas endlich die Einzelheiten wissen.
» Viel weiß ich auch nicht. Es scheint nicht wie ein Einbruch auszusehen. Deshalb konstatiert die Polizei Mord und Selbstmord. Für sie ist es sicher, dass nur Marc, vielleicht aus Eifersucht, als Täter in Frage kommt. Eine Beziehungsgeschichte. Seine Fingerabdrücke sind auf der Waffe und die lag neben ihm. Sie wollen den Fall schon als aufgeklärt abschließen. Haben es wohl schon. Vielleicht war es ja auch wirklich so. Und wir denken nur anders, weil wir Joanne kennen und es uns einfach nicht vorstellen können.«
Jonas schü ttelte vehement den Kopf.
» Marc hätte das doch nie gekonnt, sagt Sophie. So wie Joanne ihn beschrieben hat. Er liebt Joanne. Mist, muss ich jetzt liebte sagen?«
Seine Stimme schwankte kurz im Begreifen der Endgültigkeit.
» Aber nachdem, was sie Will und Sam gesagt haben, passt das zum Täterprofil. Tötung aus Liebe, die sich in Eifersucht oder Angst vor dem Verlassen werden ausdrückt, als Auslöser.«
Lene spü rte beim Sprechen, dass sie in den trockenen Polizeijargon verfiel. Auch gut. Er zwingt zur Nüchternheit. Sieh es an wie einen beliebigen Fall, dachte sie.
» Es ist so absurd. Warum hätte Marc sie töten sollen?«
» Das frage ich mich auch die ganze Zeit. Gab es einen anderen Mann, eine andere Frau? Wer hat sie überhaupt gefunden? Da muss man einhaken. Weißt du etwas über ihre Freunde?«
» Nein, aber Sophie sicher. Meine kommunikative Schwester hat sich ja ständig E-Mails mit Joanne geschrieben. Arme Sophie, für sie ist das noch schlimmer als für uns.«
Ihre Bratwü rstle kamen, und der Duft des Sauerkrauts überlagerte alle anderen Gerüche. Plötzlich nahm sie ihre Umgebung wahr. Die warme Holztäfelung der Wände mit den Alt-Nürnberger Ansichten auf den Bildern, das warme Grillfeuer in der Mitte des Raumes.
Jonas lä chelte plötzlich, als ob er ihren Gedanken gefolgt war.
» Ich sehe Sophie und Joanne immer noch. Weißt du noch, wie sie hier saßen und sich über die Australier vor Lachen ausschütteten, weil die noch nie so kleine Würstchen gesehen hatten und nicht zu überzeugen waren, dass das eine weltberühmte Spezialität ist?«
Er tat gut, dieser Ausflug in eine federleichte Vergangenheit. Eine Atempause.
Aber da war er wieder, d er Hieb der Realität. Jonas blickte sie fragend an, so intensiv, dass sie den braunen Flecken im linken seiner ansonsten blauen Augen wahrnahm.
» Und was willst du jetzt drüben tun? Was kannst du überhaupt tun?«
Er trank einen Schluck und setzte sein Glas zerstreut wieder ab. Sie hörte das Zischen der Würste auf dem Grill, sah die Wärmeschwaden, die von dort in den Raum zogen.
» Ich hoffe, der Polizei mit persönlichem Wissen von Sophie und der Familie helfen zu können. Ich weiß eben nicht, wie die Detectives dort mein Einmischen aufnehmen. Davon hängt es ab. Sonst kann ich nur auf eigene Faust versuchen etwas zu erfahren.«
Sie atmete tief durch .
» Jonas, du weißt, dass es ohne Einbruch unwahrscheinlich ist, dass es sich um einen Raubüberfall von Fremden handelt. So, wie es nach den ersten Ermittlungen aussieht … « Es fiel ihr schwer weiterzusprechen.
» Die meisten Morde, zumindest die außerhalb des Gangstermilieus, werden von Menschen begangen, die dem Opfer nahe stehen. Ihrem direkten Umfeld, also Familie, Freunde, Bekannte. Und das macht es so schwierig zu
Weitere Kostenlose Bücher