Auf Allie ist Verlass
Dad würden nicht zur Hochzeit von Cousin Freddie fahren? Oder …
»Tja«, sagte Mom, »ich fürchte, Onkel Jay muss jetzt doch ran.«
Mark, Kevin und ich schauten uns an. Es fiel uns verdammt schwer, aber wir verkniffen uns den Jubel. Es tat uns zwar leid für Großtante Joyce, dass sie solche Schmerzen erleiden musste, aber diese Nachricht fühlte sich an, als ob Weihnachten und all unsere Geburtstage auf einen Tag fallen würden. Onkel Jay würde das ganze Wochenende bei uns bleiben, und zwar anstelle von Großtante Joyce? Ein Wunder war geschehen. Wie auch immer es dazu gekommen war, dass Großtante Joyce beim Baden von Mr Tinkles einen Hexenschuss bekommen hatte, es hätte nichts Besseres passieren können. (Und warum badete sie ihre Katze überhaupt? Ich hätte es noch verstanden, wenn die Katze draußen einem Stinktier begegnet wäre. Aber Mr Tinkles ist ein Wohnungskater und dabei geht er nicht einmal auf Ausstellungen wie Lady Serena Archibald.)
Und ein bisschen Strafe hatte Großtante Joyce auch verdient. Ich meine, wie kann man jemanden zwingen, Tomaten zu essen, wenn demjenigen davon schlecht wird? Das ist so was von gemein!
»Das ist nicht lustig«, sagte Mom, als sie uns grinsen sah. »Großtante Joyce ist sehr nett.«
Äh … nicht wirklich, Mom. Aber die Meinungen von Müttern zu bestimmten Dingen kann man nicht ändern.
»Und glaubt ja nicht, dass es so wird wie beim letzten Mal, als Onkel Jay auf euch aufgepasst hat«, fuhr Mom fort. »Es wird kein Versteckspiel im Dunkeln mit Fahrradlampen auf dem Kopf geben. Es gibt auch nicht morgens, mittags und abends Käsetaschen. Ich werde dafür sorgen, dass jemand kommt und aufpasst, dass ihr was Anständiges zu essen bekommt.«
Das weckte unsere Neugierde. Weil ich die Älteste bin und dafür zuständig, fragte ich: »Wer denn?«
Mom blätterte bereits in ihrem Adressbuch.
»Harmony natürlich«, sagte sie.
Regel Nummer 5
Wenn man lügt, bekommt man von Harmony
keine selbst gebackenen Kekse, es sei denn,
man weint ganz schrecklich
Wenn ein unverheirateter Onkel ein Wochenende lang auf einen aufpasst, fühlt man sich fast wie ein Waisenkind – auch wenn der Onkel eine unglaublich hübsche Freundin mit viel Verantwortungsgefühl hat, die ab und zu nach dem Rechten sieht.
Als ich in der Schule davon erzählte, dass Onkel Jay auf uns aufpassen würde, machte die Nachricht bald die Runde.
»Und was esst ihr dann?«, fragte Elizabeth Pukowski.
»Oh, wahrscheinlich die ganze Zeit Pizza«, antwortete ich. »Onkel Jay liefert Pizza für den Pizza Express aus. Er bekommt so viel Pizza gratis, wie er will.«
»Zum Frühstück kann man nicht Pizza essen«, sagte Elizabeth.
Da es immer noch regnete, mussten wir auch diese Pause im Klassenzimmer verbringen. Mrs Hunter saß wieder an ihrem Pult. Sie fand es nicht so gut, dass wir nicht draußen spielten, und ich konnte es ihr nicht verdenken. Rosemarie hatte Patrick Day schon drei Mal von seinem Pult herunterziehen müssen.
»Na und«, sagte Dominique. »Sie können doch Müsli frühstücken.«
»Kann mir mal jemand erklären«, fragte plötzlich Marianne, die schon erstaunlich lange nichts gesagt hatte, »warum meine Schwester Daniella, die mit Allies Bruder Kevin im Kindergarten ist, behauptet, dass es nicht stimmt, dass Allies Mutter sie zwingt, zur Geburtstagsparty dieser Brittany zu gehen?«
»Was?« Ich starrte Marianne entsetzt an. Hatte ich mich eben verhört? Oder doch nicht? Ich musste feststellen, dass die anderen Mädchen in Raum 209 sie ebenso anstarrten.
»Das hat dein Bruder Kevin meiner Schwester erzählt«, erklärte Marianne. »Er hat gesagt, du hättest das erfunden, dass Mr Hauser seine Werbegelder von Good News abzieht, falls du nicht zur Party seiner Tochter gehen würdest. Eigentlich gehst du dahin, weil du Stretch-Limousine fahren und in einem coolen Hotel übernachten willst. Jedenfalls hat das dein Bruder meiner Schwester erzählt.«
Oh, nein! Ich würde am liebsten im Boden versinken.
»Das stimmt nicht.« Erica kam mir zu Hilfe. »Allie will eigentlich viel lieber zum Stabwerfer-Wettbewerb meiner Schwester gehen.«
»Ach ja?«, sagte Marianne. »Daniella sagt, dass Allie sich diese Lüge ausgedacht hat, damit ihr nicht sauer auf sie seid.«
Erica, Caroline und Sophie sahen mich überrascht an. Sogar Rosemarie wirkte einigermaßen schockiert.
»Allie«, sagte Rosemarie, »das stimmt doch nicht, oder? Du würdest uns doch nicht anlügen, weil du mit einem Haufen
Weitere Kostenlose Bücher