Auf Befehl des Koenigs
bevor ich …«
Sie nickte, rannte zum Kamin, nahm eine Münze aus dem Kästchen und verließ die Halle so würdevoll, wie sie es unter diesen demütigenden Umständen fertig brachte. Edith und Annie standen beim Eingang und kicherten, als sie an ihnen vorbeieilte.
Erst als sie den Stall erreichte, fing sie zu weinen an. Sie befahl Donald, ihre Stute zu satteln, und er widersprach nicht. Nachdem er ihr geholfen hatte aufzusteigen, fragte er, ob er auch Alecs Hengst bereitmachen sollte. Wortlos schüttelte sie den Kopf.
Vater Murdock erwartete sie im Hof. Sie zügelte Wildfeuer und reichte dem Priester die Münze. »Beten Sie für seine Seele. Er hat mich belogen.«
Murdock griff nach dem Steigbügel. »Wohin wollen Sie, Mädchen?« Taktvoll gab er vor, ihre Tränen nicht zu bemerken. »Ich sorge mich um Sie.«
»Ich reise ab. Er hat es mir befohlen, und es ist meine Pflicht zu gehorchen. Wie komme ich nach England?«
Er war so verblüfft, dass er in die Richtung zeigte, nach der sie sich erkundigt hatte.
»Ich danke für Ihre Freundlichkeit, Vater«, flüsterte Jamie und ritt davon.
Ungläubig starrte er ihr nach.
Sicher wird er meinem Mann sofort Bescheid geben, dachte sie. Doch das spielte keine Rolle. Alec würde ihr nicht folgen und froh sein, dass er sie endlich los war. An der Zugbrücke fürchtete sie, von den Wachtposten aufgehalten zu werden. Aber als sie erklärte, sie erfülle die Wünsche des Lairds, ließ man sie sofort passieren.
Und dann erlaubte sie Wildfeuer, schnell wie der Wind dahinzugaloppieren. Jamie schluchzte verzweifelt, achtete nicht auf den Weg, wusste nicht, wie lange das Pferd querfeldein gerast war, als es endlich in einem Wäldchen anhielt.
Und da entdeckte sie den Jungen. Er trug keine Kincaid-Farben. Sie hoffte, er würde sie nicht entdecken. Niemand sollte sie in Tränen aufgelöst sehen, nicht einmal ein Kind.
Doch er war zu beschäftigt, um hinter sich zu schauen. Angespannt starrte er in ein Gebüsch zu seiner Rechten, und sie fragte sich, was ihn so faszinieren mochte.
Plötzlich schrie er auf und wich zurück, als ein riesiger Eber zwischen den Zweigen hervorstürmte. Jamie spornte instinktiv ihre Stute an und ritt zu dem Jungen. Er wirbelte herum, als er die Hufschläge hörte, und streckte ihr die Hände entgegen. Atemlos betete sie um die Kraft, die sie benötigen würde, wenn sie das Kind zu sich in den Sattel zog. Der Allmächtige zeigte sich gnädig. Eifrig sprang der Junge hoch, klammerte sich an ihren Arm, und sie zerrte ihn auf ihren Schoß.
Nervös sprengte Wildfeuer weiter, und der wilde Eber gab die Verfolgung bald auf. Doch die Stute war immer noch verängstigt. Sie bäumte sich auf, warf Jamie und das Kind ab. Es landete direkt auf ihr, rollte rasch zur Seite, erhob sich und half ihr auf die Beine.
»Sind Sie verletzt?«, fragte der Junge auf Gälisch.
»Ich werde wohl nur ein paar blaue Flecken kriegen«, antwortete sie in derselben Sprache und merkte, dass ihr Kleid an der Schulter zerrissen war.
Sie standen inmitten einer kleinen Lichtung, und Jamie zitterte am ganzen Körper. »Wir sind mit knapper Not davongekommen«, meinte sie. »Hattest du auch solche Angst?«
Er nickte grinsend. »Aber wir haben’s dieser Bestie gezeigt, was?«
»Aye, und wie!« Jamie fand ihn bezaubernd. Er hatte langes rotes Haar, das sich um ein Engelsgesicht kräuselte, und Sommersprossen auf der Nase. »Ich bin Lady Kincaid. Und wie heißt du?«
»Das verrate ich lieber nicht. Ich hätte nicht ins Kincaid-Gebiet laufen dürfen.«
»Hast du dich verirrt?«
Der Junge schüttelte den Kopf. »Werden Sie mich verpetzen?«
»O nein. Was machst du hier?«
Er zuckte die Achseln. »Ich wollte nur ein bisschen jagen. Mein Name ist Lindsay.«
»Und wie heißt dein Clan?«
»Lindsay. Sie sprechen gälisch, Lady, aber Sie reden anders als wir. Und Sie tragen keine Kincaid-Farben.«
»Ich bin Engländerin.« Er riss die Augen auf, und sie fügte hinzu: »Alec Kincaid ist mein Mann. Wie alt bist du?«
»In diesem Sommer werde ich neun.«
»Deine Mutter wird dich sicher suchen.«
»Mein Vater. Bestimmt macht er sich Sorgen. Ich muss nach Hause. Mylady, Sie haben mir das Leben gerettet. Dafür muss Vater Sie belohnen.«
»Nein. Aber du wirst mir versprechen, nie mehr allein auf die Jagd zu gehen!«
»Ja, ich gebe Ihnen mein Wort.«
»Soll ich dich nach Hause begleiten?«
»Dort würde man Sie festhalten, weil wir in Fehde mit den Kincaids leben«, erklärte er in
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