Auf Bewährung
schüttelte den Kopf. »Nein.«
Mace starrte den Schlüssel derart intensiv an, als wollte sie das Stück Metall so zwingen, all seine Geheimnisse preiszugeben. »Und ansonsten haben Sie nicht mit ihr kommuniziert?«
Roy wollte gerade »doch« sagen, hielt dann jedoch inne. Er drückte ein paar Tasten und drehte den Monitor, sodass Mace es lesen konnte. »Sie hat mir am späten Freitagabend diese Mail hier geschickt.«
»Weiß die Polizei davon?«
»Jep. Die haben mich nämlich heute schon danach gefragt. Ich habe ihnen gesagt, dass ich nicht wisse, was das heißt.«
Mace las die Zeile. »Und da klingelt wirklich nichts bei Ihnen?«
»Nein, aber es ist auch seltsam formuliert. Das Objekt ist merkwürdig betont. Und dann dieses A mit dem Bindestrich ...«
»Hm ...«, sagte Mace. »Sie sind derjenige, der nach Worten bezahlt wird. Irgendwelche Kandidaten für ›A‹?«
»Zu viele. Aber ich dachte, Sie wären nicht mehr bei der Polizei.«
»Es gibt kein Gesetz, das es einem Bürger verbietet, in einem Verbrechen zu ermitteln.«
»Aber ...«
»Lassen Sie uns den Schlüssel und die Mail mal zusammen betrachten. Irgendwelche Ideen?«, unterbrach ihn Mace.
»Nun ja«, antwortete Roy. »Solange Sie mich nicht darauf festnageln.«
»Spucken Sie’s einfach aus, Roy.«
»Chester Ackerman. Er ist einer der Teilhaber unserer Kanzlei. Ich habe gestern mit ihm gesprochen. Er war richtig nervös.«
»Einer seiner Anwälte ist tot im Kühlschrank gefunden worden. Da kann man schon mal nervös werden.«
»Ich weiß, ich weiß. Aber – und das ist nur so ein Bauchgefühl – er schien mehr Angst zu haben, als man durch die Situation hätte rechtfertigen können, wenn Sie wissen, was ich meine.«
»Glauben Sie, er hatte Angst um seine eigene Haut?«
»Ja, und ich glaube, er hat auch etwas verschwiegen.«
»Was?«
»Ich weiß nicht. Irgendwas.«
»Was wissen Sie über ihn?«
»Er stammt aus Chicago. Er hat eine Familie, und er schleppt jede Menge Mandanten an.«
»Okay, zusammengefasst heißt das: Sie wissen gar nichts.«
»Ich hatte nie Grund, mir den Mann genauer anzusehen.«
»Na ja, vielleicht haben Sie den ja jetzt«, bemerkte Mace.
»Wollen Sie etwa, dass ich einen Teilhaber der Kanzlei ausspioniere?«, fragte Roy ungläubig.
»Und auch jeden anderen, der uns weiterhelfen könnte.«
»Weiterhelfen? Bei was denn? Bei einem offenbar willkürlichen Mord?«
»Ihre Kollegin ist in einen Kühlschrank gestopft worden. Wer sagt denn, dass das nichts mit der Kanzlei zu tun hat?«
Roy schnappte sich seinen Gummiball und warf auf den Korb ... daneben.
»Die gewohnten Bewegungsabläufe stimmen nicht mehr«, sagte Mace. »Bei einem Mord in der Nähe passiert das manchmal.« Sie hockte sich auf die Tischkante und blätterte das Buch mit dem Taschentuch Seite für Seite durch. »Stehen auf der alten Mandantenliste vielleicht ein paar Jungs vom Mob?«
Roy schüttelte den Kopf. »Wir beschäftigen uns nicht mit Strafverfahren, nur mit Wirtschaftsrecht.«
»Solche Mandanten bekommen doch auch ständig Probleme mit dem Gesetz.«
»Wie ich Ihnen bereits gesagt habe, geben wir solche Fälle nach außen.«
»An welche Kanzlei?«
»An mehrere. Sie stehen alle auf einer anerkannten Liste.«
»Wir machen hier nicht gerade Fortschritte«, seufzte Mace.
»Nein, da haben Sie wohl recht«, stimmte Roy ihr zu.
»Wie viel verdienen Sie?«
Roy riss die Augen auf. »Warum fragen Sie mich das ständig?«
»Weil Sie mir noch keine Antwort gegeben haben. Jetzt schauen Sie nicht so angepisst drein. Das ist eine legitime Frage.«
»Okay, mehr als Altman Ihnen bezahlt.«
»Wie viel mehr?«
»Mit Bonus und Gewinnbeteiligung fast doppelt so viel.«
»Das Einstiegsgehalt eines Cops beträgt weniger als fünfzigtausend im Jahr.«
»Ich habe nie behauptet, das Leben sei fair. Aber nur damit Sie es wissen ... als Pflichtverteidiger habe ich noch nicht einmal annähernd fünfzigtausend im Jahr verdient.« Roy schaute ihr in die Augen. »Warum wollen Sie eigentlich wissen, wie viel ich verdiene?«
»Ihre Kanzlei verfügt ganz offensichtlich über Geld, und Geld ist immer ein gutes Motiv für Mord.«
»Okay«, sagte Roy. »Vielleicht kann ich mich ja mal ein wenig umsehen und Ihnen dann Bescheid geben. Was machen Sie heute Abend?«
»Ich bin zum Essen mit meiner großen Schwester verabredet. Aber danach bin ich frei.«
»Was denn? Schlafen Sie etwa nicht?«
»Nicht in den letzten zwei Jahren.«
Mace wickelte den Schlüssel
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