Auf Bewährung
sechsten Stock.«
»Gratuliere, aber hier haben Sie nichts verloren.«
»Und ich bin auch im Aufsichtskomitee dieses Gebäudes. Man hat uns davon in Kenntnis gesetzt, dass es wohl wiederholt zu Diebstählen auf Ihrer Baustelle gekommen ist, und der Vorsitzende des Komitees hat mich gebeten, weitere Einzelheiten zu ermitteln. Das hat mit der Versicherung zu tun. Die genauen Umstände müssen ebenso verifiziert werden wie die Wertigkeit der verlustig gegangenen Kommodien ... Sie verstehen sicher.«
Das Gesicht des Mannes verriet eindeutig, dass er gar nichts verstand.
»Äh ... und was heißt das?«
Geduldig erklärte Roy: »Das heißt, dass ich mich ein wenig umsehen und Bericht erstatten muss, und wenn Sie Glück haben, bekommt Ihre Firma von unserer Versicherung Schadenersatz.«
Der Mann warf Roy einen Bauarbeiterhelm zu. »Meinetwegen. Ich bin ohnehin nur der Zimmermann. Aber passen Sie auf, wo Sie hintreten, Kumpel. Ich möchte gar nicht wissen, was es kostet, wenn ein Anwalt sich hier die Knochen bricht.«
Roy setzte den Helm auf und ging über die Baustelle. Einer der Aufzüge war mit Polstern verkleidet worden, sodass die Arbeiter ihre Materialien transportieren konnten, denn das Gebäude besaß keinen Frachtaufzug.
Roy wusste nicht, wie viele Bauarbeiter eine Schlüsselkarte hatten. Er ging wieder zu dem Zimmermann und fragte ihn danach. Der Mann drehte gerade Schrauben in einen Metallträger.
»Der Polier hat eine. Er lässt mich rein, wenn das Gebäude morgens noch nicht auf ist. Die meisten von uns kommen aber erst so um halb acht. Da ist eh auf.«
»Und wann ist hier Schluss?«
»Punkt halb sechs. Tarifregelung.«
»Keine Überstunden oder Wochenendarbeit?«
»Nicht für mich. Ich will das nicht. Ich mag meine Freizeit. Da müssen Sie schon den Polier fragen, ob hier irgendwer Überstunden kloppt.«
»Und wo ist der?«
»Der macht eine verlängerte Mittagspause.« Der Mann legte seinen Akkuschrauber beiseite und tippte sich an den Helm. »Das will ich auch werden, wenn ich mal groß bin: Polier.«
Roy wanderte weiter durch den Raum. Er hörte eine Maschine surren und war überrascht, den Tagespförtner des Gebäudes zu sehen. Der Mann stand vor einer Mikrowelle in einer Nische neben dem Arbeitsbereich. Auch ein Kühlschrank befand sich dort.
»Hey, Dan, was machen Sie denn hier?«, fragte Roy.
Dan war ein schlanker Mann mit silbernem Haar, dazu passendem Schnurrbart und einer sauberen blauen Dienstuniform. »Ich habe das Mittagessen verpasst, und jetzt wärme ich mir hier eine Suppe auf, Mr. Kingman.«
»Kommen Sie oft hier rauf?«
Die Mikrowelle klingelte, und Dan nahm die Schüssel heraus und begann sich Suppe in den Mund zu löffeln. »Sie zahlen mir ein wenig nebenbei, damit ich hier alles sauber halte.«
»Wer? Der Polier?«
»Jep. Vor ein paar Jahren habe ich schon mal für ihn gearbeitet. Da hatte ich noch nicht den Job hier. Ein paar Extradollar schaden ja auch nicht. Aber natürlich erst, nachdem ich meine anderen Pflichten erfüllt habe«, fügte er rasch hinzu.
»Ich habe kein Problem damit«, beruhigte ihn Roy. »Aber wie ich gehört habe, hat es hier ein paar Probleme gegeben. Stimmt das?«
Dan nickte. »Sachen sind verschwunden. Ein paar Schraubenschlüssel und Essen. Ich habe dem Polier gesagt, sie sollten hier oben keine Nahrungsmittel verwahren, aber die Jungs hören einfach nicht auf mich. Sie stopfen ihre Fresspakete einfach überallhin. Und dann ist da das Zeug in dem Kühlschrank da.«
»Hat die Baufirma je darüber nachgedacht, einen Wachmann anzuheuern?«
»Das ist für so einen kleinen Auftrag viel zu teuer. Ich komme abends hier rauf, um ein wenig sauberzumachen, aber so gegen sieben bin ich dann auch wieder weg. Ich habe nie etwas gesehen oder gehört.«
»Wird hier auch am Wochenende gearbeitet?«
»Nein, der Kunde bezahlt keine Überstunden. Laut meinem Kumpel arbeiten sie nur von Montag bis Freitag.«
»Und haben Sie irgendwelche Theorien, wer für die Diebstähle verantwortlich sein könnte?«
»Keine Ahnung. Aber ich bezweifle, dass es jemand aus Ihrer Kanzlei ist, es sei denn einer von Ihnen ist bereit, sein sechsstelliges Gehalt für ein paar Kekse und Cola zu riskieren.«
Roy verließ den vierten Stock und fuhr in sein Büro zurück. Er hatte fast eine Stunde mit seinen Ermittlungen verbracht und nichts herausgefunden. Hoffentlich hatte Mace mit dem Schlüssel mehr Glück.
Kapitel 31
D iesen bestimmten Test in Beths Haus durchzuführen
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