Auf & Davon
immer noch zu sehr bewusst, um ihm in diesem Punkt zu widersprechen. „Haben Sie Ihr Auto da?“, fragte er stattdessen heiser.
Überrascht über den plötzlichen Themenwechsel blinzelte Henninger ihn an. „Ja“, antwortete er argwöhnisch.
„Ist er transportfähig?“ rief Ty der Rettungsassistentin im Fahrzeug zu.
„Wenn Sie ihn dazu bringen können, sein Entlassungsformular zu unterschreiben, gehört er Ihnen“, rief die Frau zurück.
Ty verzog das Gesicht und sah Henninger an. „Los, holen Sie Ihr Auto her“, sagte er leise zu dem jungen Mann. „Wir müssen ihn verdammt noch mal hier wegschaffen“, brummte er und ging zum Krankenwagen.
Ehe Ty ganz dort war, stieg Zane aus dem Fahrzeug, wobei er den Türgriff fest umklammert hielt. Hinter ihm hielt die Rettungsassistentin ein Klemmbrett mit dem unterschrieben Entlassungsformular hoch, so dass Ty es sehen konnte. Zanes glasige Augen funkelten vor Wut, und er zitterte vor Schmerz und wegen der Nachwirkungen der Medikamente. „Du verdammtes Stück Scheiße“, sagte er mit schwerer Zunge. Offenbar hatte er noch mit dem Beruhigungsmittel zu kämpfen.
„Ich weiß“, stimmte Ty reuelos zu, und streckte den Arm aus, um Zane zu stützen. Er wusste nicht, wie der Mann überhaupt schon auf den Beinen sein konnte.
Zane war wacklig und schwach. Er hasste das Gefühl, als bewegte er sich unter Wasser, und dass er alles wie durch einen Nebelschleier sah. Einen roten Nebel zwar, aber trotzdem. Er lehnte sich schwer auf Ty, der ihn unter seinem gesunden Arm stützte. Eigentlich hätte er gerne geflucht, aber stattdessen stieß er einen Schmerzenslaut aus, und seine Knie gaben fast unter ihm nach. „Die Schlampe hat mir’ne Spritze verpasst“, murmelte er vor sich hin. „Ich bin so im Arsch.“
„Ich weiß“, wiederholte Ty. Er hatte Mühe, Zane zu stützen, ohne ihm oder sich selbst dabei wehzutun. „Dir geht’s bald wieder besser“, versprach er. „Henninger hat Zigaretten für dich“, sagte er tröstend und nickte dem jungen Mann zu.
Henninger musterte sie mit weit aufgerissenen verwirrten Augen, dann nickte er rasch und fischte seine Autoschlüssel aus der Tasche. „Im Auto“, sagte er liebenswürdig zu Zane.
Zane zog eine Grimasse. „Warum tut mir alles weh, wenn ich bloß auf einer Seite was abgekriegt habe? Und warum musste es ausgerechnet der Arm sein, mit dem ich schieße?“, fragte er in beinahe weinerlichem Ton, setzte sich dann aber mit Tys Hilfe in Bewegung und ging, wenn auch auf unsicheren Beinen, neben ihm her. Henninger ging voraus, um sein Auto näher heranzufahren.
„Ich habe sowieso deine ganze Munition verschossen“, grummelte Ty. „Und dann habe ich mit deiner Waffe nach einem Auto geworfen. Viel Spaß bei dem Papierkram.“
Zane schaffte es, den Nebel soweit zu vertreiben, dass er Ty ansehen konnte, während sie sich durch die Menschenmenge kämpften. „Bist du verletzt?“, fragte er.
„Wenn ich ja sage, bist du dann weniger sauer auf mich?“, fragte Ty in beinahe neckendem Ton, wenn er auch etwas angestrengt dabei klang; schließlich musste er Zane fast tragen.
„Nein“, stieß Zane hervor. Er schwieg mehrere Schritte lang. „Ich habe dich gebeten, aus dem Auto zu steigen.“
„Muss ich wohl überhört haben“, murmelte Ty zur Antwort.
„Ich hab’ dich angebettelt“, sagte Zane schwach, aber er fasste Tys Arm fester. „Arschloch.“
„Ich weiß“, wiederholte Ty leise. Er schaute sich um. Überall wurden Menschen verarztet oder befragt; praktisch unbemerkt bahnten sie sich ihren Weg zwischen den verschiedenen Gruppen und Grüppchen hindurch bis zu der Betonmauer. Als sie die unmittelbare Umgebung der Unfallstelle hinter sich hatten, hielt Henninger fast direkt vor ihnen auf der Gegenfahrbahn des abgesperrten Highway an. Ty warf einen Blick auf den sechzig Zentimeter hohen Mittelstreifenteiler und stöhnte auf. Auf der anderen Seite der Mauer sprang Henninger aus seinem Auto und blieb dann unentschlossen stehen, offenbar unsicher, wie er helfen konnte. .
Zane konzentrierte sich auf die Betonmauer und seufzte: „Scheiße. Es ist nie einfach, was?“ Dann holte er tief Luft, blinzelte heftig, löste sich von Ty und richtete sich auf. Mit reiner Willenskraft schaffte er es, die zwei Schritte bis zu der Mauer alleine zu gehen, und stieg drüber. Ty und Henninger wichen ihm nicht von der Seite und streckten die Hände nach ihm aus wie ein besorgtes Elternpaar, dessen Erstgeborenes seine ersten
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