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Auf dem Holzweg durchs Universum: Warum sich die Physik verlaufen hat (German Edition)

Auf dem Holzweg durchs Universum: Warum sich die Physik verlaufen hat (German Edition)

Titel: Auf dem Holzweg durchs Universum: Warum sich die Physik verlaufen hat (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Unzicker
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Zahlen, wie es Daten gibt, tritt man auf der Stelle. Entscheidend ist es also, die Anzahl der Parameter einer Theorie zu vergleichen mit der Anzahl der unabhängigen Beobachtungen, die es in einem Gebiet gibt.
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    Positivismus ist ein heilsames Gegenmittel gegen die Übereilung, mit der Naturforscher sich gern einbilden, sie hätten ein Phänomen verstanden, wenn sie in Wirklichkeit nur die Tatsachen beschreibend erfasst haben. 9 – Erwin Schrödinger
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    Sie werden im Abschnitt über Kosmologie überrascht sein, was der Astronom Mike Disney dazu herausgefunden hat. Und in der Teilchenphysik ist die Situation erst recht verfahren: Über die Anzahl der Parameter – jedenfalls mehr als fünfzig – hat man kaum noch einen Überblick, und die Zahl der unabhängigen Beobachtungen ist nirgendwo dokumentiert. Ein wissenschaftstheoretisches Chaos. Bleiben Sie also skeptisch gegenüber der Behauptung, das Standardmodell der Elementarteilchenphysik habe die Situation vereinfacht, denn die absolute Zahl freier Parameter ist absurd hoch, sodass man damit buchstäblich alles erklären kann. Bezeichnenderweise gab es in der Astronomie schon einmal ein schlechtes System, das die Daten gut beschrieb – das geozentrische Weltbild. Es vereinfachte gegenüber den Beobachtungsdaten durchaus, benötigte aber sehr viele freie Parameter, also unerklärte Zahlen. Keplers und Newtons Gesetze waren hier unvergleichlich sparsamer.
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    Die Übereinstimmung einer dummen Theorie mit der Realität sagt gar nichts. – Lew Landau, Nobelpreisträger 1962
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EINFÄLTIGE VIELFALT
    Inzwischen finden wir in der Kosmologie noch weitere unerklärte Zahlenwerte, die in den Theorien versteckt sind. Ich betone dies deshalb, weil viele Physiker der Meinung sind, man müsse allein die richtigen Gleichungen für die Entwicklung des Universums finden, und alles sei in Butter. Der Kosmologe Michael Turner etwa, mit dem ich einmal nach einem Vortrag ins Gespräch kam, vertritt eine erstaunlich pragmatische, um nicht zu sagen naive Ansicht über den frühen Kosmos. Ihn interessieren nur die Gleichungen, doch warum etwa das Universum zu Beginn eine bestimmte Dichte oder Temperatur hatte – Physiker nennen das Anfangsbedingungen –, ist ihm egal. Auch diese Zahlenwerte sind aber Naturkonstanten, bei denen man nicht aufhören sollte nachzufragen. Ich kann nicht umhin, auch hier wieder Einsteins Ansicht als Kontrast anzuführen: 10 „Ich kann mir keine einheitliche und vernünftige Theorie vorstellen, die eine explizite Zahl enthält, welche die Laune des Schöpfers ebenso gut anders hätte wählen können …“
    Manche Physiker können sich mit willkürlichen und für alle Ewigkeit festgelegten Naturkonstanten anfreunden, und es erscheint ihnen ehrgeizig, fast schon frevelhaft, sie berechnen zu wollen. Letztlich unterscheiden sich Naturkonstanten von freien Parametern aber nur wie gute Beihilfen von schlechten Subventionen. Die freien Parameter werden immer mehr. Müssen wir uns damit abfinden, stets neue Komplizierungen der Natur zu entdecken? Natürlich ist es angenehm, im wohligen Halbwissen der Gegenwart zu baden, keine Fragen zu stellen und sich im Notfall die Mühe des Denkens zu sparen mit einer vermeintlich bescheidenen Vielleicht-kann-der-Mensch-die-Natur-ja-gar-nicht-verstehen-Philosophie. Dann kann man Grundlagenforschung aber eigentlich gleich bleiben lassen. Als Wissenschaftler kann man es drehen und wenden, wie man will: Letztlich harrt jede Abweichung von der Einfachheit, jedes nicht zwingende Konzept, jede willkürliche Zahl einer Erklärung. Vielleicht dauert es noch lange, bis wir sie finden. Aber die Natur eher für hässlich zu halten als den Menschen für dumm, ist nicht wirklich bescheiden.

HERUMDOKTERN AN SYMPTOMEN: ÜBER TRANSURANE, EPIZYKLEN UND ANDERE FEHLDIAGNOSEN
    „Nun müssen wir aber noch auf einige neuere Untersuchungen zu sprechen kommen, die wir der seltsamen Ergebnisse wegen nur zögernd veröffentlichen   … Wir kommen zu dem Schluß: Unsere ‚Radium-Isotope‘ haben die Eigenschaften des Bariums; als Chemiker müßten wir eigentlich sagen, bei den neuen Körpern handelt es sich nicht um Radium, sondern Barium.“
    So hörte sich die vielleicht einschneidendste wissenschaftliche Entdeckung des 20. Jahrhunderts an, denn jenes Barium war das erste nachgewiesene Bruchstück eines Uranatoms, dessen Spaltung später zur Atombombe führte. Ehe sich Otto Hahn und Fritz Straßmann zu der obigen Erklärung

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