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Auf dem Holzweg durchs Universum: Warum sich die Physik verlaufen hat (German Edition)

Auf dem Holzweg durchs Universum: Warum sich die Physik verlaufen hat (German Edition)

Titel: Auf dem Holzweg durchs Universum: Warum sich die Physik verlaufen hat (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Unzicker
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Richard Feynman, der für die damit zusammenhängende Quantenelektrodynamik 1965 den Nobelpreis bekam. Was man normalerweise als Vernichtung eines Elektron-Positron-Paares bezeichnen würde, kann man so als Umkehrpunkt betrachten, an dem ein Elektron seine Zeitrichtung in die Vergangenheit ändert. Klingt verrückt, aber diese Sicht der Dinge würde erklären, warum wir so wenig Antimaterie beobachten: eben weil die Zeit ‚normal‘ abläuft und nicht umgekehrt.
    Es ist mir unverständlich, warum statt mancher Scheinerklärungen für die Antimaterie, die in der Kosmologie im Umlauf sind, diese Idee nicht ernster genommen wird. Wie wir im nächsten Abschnitt sehen werden, verfügt die Physik leider nur über eine recht oberflächliche Beschreibung der Elementarteilchen. So weiß man zwar aus der Quantentheorie, dass Teilchen auch eine Wellennatur haben müssen. Aber wir kennen die Struktur der Teilchen selbst nicht gut genug, um sie korrekt als raumzeitliche Wellen darstellen zu können, wie dies zum Beispiel bei Wasserwellen möglich ist. Sonst könnte man möglicherweise durch Änderung der Zeitrichtung Antimaterie beschreiben. Aber warum läuft die Zeit überhaupt in eine Richtung?
ZEIT DURCH UNORDNUNG? ODER UHR-KNALL?
    Manchmal wird auf diese Frage folgende Antwort versucht: Scherben auf dem Boden enden nicht als hochspringende Tasse, zu viel Salz in der Suppe kann man schlecht herausholen und der Schreibtisch ordnet sich nie von selbst. Diese komischen rückwärts ablaufenden Szenen sind allerdings nur extrem unwahrscheinlich, und es war das Verdienst des genialen Physikers Ludwig Boltzmann, dies mit dem Begriff der Entropie beschrieben zu haben. Dieses physikalische Äquivalent von Unordnung kann immer nur zunehmen – wahrscheinlich. Die Entropie gibt somit eine Zeitrichtung vor, aber es ist schwer zu glauben, dass darin etwas Fundamentales liegt, denn alle Bewegungsgesetze der Natur sind symmetrisch in der Zeit: Zum Beispiel könnten die Planeten ebenso gut rückwärts laufen.
    Noch rätselhafter als die Zeitrichtung ist daher wohl die Frage nach dem Zeitablauf, die heute kaum gestellt wird. Man stellt sich Zeit naiv als einen unsichtbaren Fluss vor, dessen Geschwindigkeit unabhängig vom Rest des Geschehens ist. Besonders merkwürdig erscheint dabei der Urknall, mit dem man willkürlich den Zeitbeginn festlegt – als gäbe es eine Uhr, die von diesem Ereignis unbeeindruckt tickte. Naheliegend wäre stattdessen, dass die Evolution des Kosmos seit dem Urknall sich auch auf den Ablauf der Zeit auswirkt. So fragt der britische Physiker Julian Barbour in seinem Buch The End of Time hintergründig: 54 „Dauert eine Sekunde heute gleich lang wie eine Sekunde morgen?“ Barbour macht klar, dass es eben die Zeit an sich nicht gibt, sondern lediglich periodisch ablaufende Vorgänge in der Natur, deren Regelmäßigkeit uns zum Begriff der Zeit geführt hat.
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    Zeit ist so definiert, dass Bewegungen einfach aussehen. – John Wheeler, amerikanischer Physiker
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    Es ist nicht so, dass Planeten oder Atomuhren mehr oder weniger ordentlich einer Abstraktion von Zeit folgen, wir haben nur nichts Besseres, als uns nach deren Takt zu richten: Den Rhythmus ihrer Wiederholung nutzen wir zur Definition von gleichen Zeitschritten. Ob die Zeitgeber aber seit dem Urknall wirklich im Gleichschritt laufen, davon haben wir keine Ahnung. Uns bleibt nichts anderes übrig, als unsere heutigen Zeitmesser genau zu untersuchen. Was sind die besten Uhren?
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    Es ist vollkommen außerhalb unserer Möglichkeiten, die Veränderung der Dinge in der Zeit zu messen. Im Gegenteil, Zeit ist eine Abstraktion, zu der wir durch die Veränderung der Dinge gelangt sind. 55 – Ernst Mach
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    Eine Sekunde ist das 9 192 631 770-fache der Schwingungsdauer einer bestimmten Strahlung des Cäsium-Atoms. Atome im Experiment so zu bändigen, dass man genau messen kann, ist gar keine so leichte Aufgabe, aber die letzten Jahre haben einen bemerkenswerten Fortschritt gebracht. Mit der neuen Technik des Frequenzkamms, für die 2005 der Nobelpreis vergeben wurde, kann man Uhren mit einer relativen Genauigkeit von 10 −15 bauen, das entspricht ein paar Millisekunden Abweichung seit der Jungsteinzeit. Vielleicht kommt man mit ihnen dem großen Rätsel endlich näher, ob die Zeit mit der Evolution des Universums zusammenhängt. Die Allgemeine Relativitätstheorie legt nahe, dass der Raum erst durch die Massen im Universum entsteht, und das Gleiche muss

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