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Auf dem Holzweg durchs Universum: Warum sich die Physik verlaufen hat (German Edition)

Auf dem Holzweg durchs Universum: Warum sich die Physik verlaufen hat (German Edition)

Titel: Auf dem Holzweg durchs Universum: Warum sich die Physik verlaufen hat (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Unzicker
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News über die Perspektiven des LHC zu sagen hatte: Er werde den Urknall simulieren, das Geheimnis der Schöpfung aufdecken, zeigen, was vor Kapitel 1.1 Genesis passiert ist, entscheiden, ob Zeitreisen möglich sind, wahlweise auch in andere Universen, erklären, was vor dem Urknall passiert ist, die Stringtheorie beweisen, zeigen, ob unser Universum mit anderen kollidiert ist, mit Blasenuniversen, in denen möglicherweise andere Naturgesetze gelten, das Ganze sei noch großartiger als die kopernikanische Revolution, weil es um die Vereinigung aller Kräfte gehe, nach der industriellen und elektrischen Revolution gebe es nun eine Superkraft, die das Universum erschaffen habe …
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    Ihre Bemerkungen sind wie ein Feuerwerk, sehr laut, aber nicht sehr erhellend. – Wolfgang Pauli
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    Jede einzelne dieser Aussagen ist Schwachsinn, aber in der Konzentration überwältigend, schauen Sie es sich an auf YouTube. 187 Am Ende beklagt Kaku, dass der Beschleuniger einen brain drain nach Europa verursache, aber solange er sich nicht selbst dazu zählt, müssen wir uns, glaube ich, keine Sorgen machen.
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    Es gibt Schwärmer ohne Fähigkeit, und dann sind sie wirklich gefährliche Leute. – Georg Christoph Lichtenberg
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    Um glaubwürdig zu bleiben, müsste sich das CERN eigentlich öffentlich von solchem Geschwätz distanzieren, aber die Grenzen zwischen Kakus Märchenpredigt und der anerkannten Wissenschaft sind heute leider fließend geworden. Viele Stringtheoretiker verbringen am CERN Gastaufenthalte, allen voran das Supergenie Edward Witten, dessen Erwartungen nur wenig nüchterner sind. 188 Ein realistisch gebliebener Theoretiker trifft hier schon mehr den Kern der Sache: 189
    „Die Hoffnung, dass die experimentellen Resultate des LHC das erreichen können, was fünf Jahrzehnte theoretische Überlegungen nicht geschafft haben, nämlich eine hochkomplizierte, aber gescheiterte Theorie abzuschaffen und über Alternativen nachzudenken, ist hochgradig naiv.“
    Die Techniker und Experimentatoren, die dort viel leisten, können einem fast dafür leidtun, dass ihre Arbeit durch solche überreizten Fantasien diskreditiert wird.
GARANTIERTE SENSATIONEN
    Aber auch jene, die die Geschichten über ‚Branen‘ und ‚Multiversen‘ vernünftigerweise mit einem Augenzwinkern verfolgen, müssen sich die Frage gefallen lassen, welchen Weg die Wissenschaft mit Projekten wie dem LHC eingeschlagen hat. Ist die Strategie, Kollisionen mit immer höheren Energien durchzuführen, wirklich auf lange Sicht sinnvoll, steckt in der Hochenergiephysik über den Namen hinaus noch eine Idee?
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    … für den nächsten Schritt sind noch mehr Geld und noch größere Anstrengungen erforderlich, ohne die Gewähr, dass es wirklich schon der letzte Schritt sein wird. Die Grenze würde durch den Aufwand gezogen, ohne die Garantie, einmal ans Ende zu gelangen. – Emilio Segrè
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    Welchen Erkenntnisgewinn bringen uns Kollisionen, bei denen Teilchen zehntausendfach energiereicher sind als in ihrer stabilen Form? Und wozu dient die Suche in absurd kleinen Ausschnitten der Realität? Grundlage von Wissenschaft ist Hypothesenbildung und Überprüfung, aber welche Theorie wird hier eigentlich noch überprüft, die echte quantitative Vorhersagen macht? Das Einzige, was man tatsächlich erwarten kann, ist das Unerwartete. Leider ist das nicht spannend, wie es allenthalben heißt, sondern lediglich peinlich. Wenn unsere bisherigen Gesetze nicht gelten, müssen wir diese überdenken und nicht neue dazuerfinden.
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    Man beginnt sich vorzustellen, dass Experimente von Generationen von Forschern weitergereicht und mit sturer Geduld betrachtet werden, bis eines Tages etwas Unerwartetes geschieht. 190 – David Lindley
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    Am schlimmsten sind daher jene Theorien, die Verletzungen eines wichtigen Naturgesetzes ‚vorhersagen‘. Man male sich beispielsweise aus, bei einem Experiment am LHC wäre die Energie nicht erhalten: Klar, ein schwarzes Miniloch hat sich damit aus dem Staub gemacht, supersymmetrische Teilchen, wohlgemerkt Kandidaten für die Dunkle Materie, haben ihre unsichtbare Existenz damit bewiesen, oder die Energie ist schlichtweg in eine Stringanregung, Extradimension oder Parallelwelt abgewandert – alle haben recht gehabt! Aber Aasgeier, die über der Energieerhaltung kreisen, sind noch keine Physik.
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    Sollten diese Dinge sich als wahr erweisen, so werde ich mich nicht schämen, der letzte zu sein, der sie glaubt. – Ernst

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