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Auf dem Jakobsweg

Auf dem Jakobsweg

Titel: Auf dem Jakobsweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paolo Coelho
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Australier, fünf Spanier, ein weiterer Niederländer. Außer über die Frage der Uhrzeit, die bei allen Zweifel erweckt hatte, sprachen wir nicht weiter miteinander. Wir setzten uns in einen verfallenen Vorraum, an dessen Stelle wohl einstmals die Vorratskammer gelegen war, und beschlossen zu warten, wenn's sein mußte auch einen weiteren Tag und eine weitere Nacht.
Wir vertrieben uns die Wartezeit damit, daß wir über die Gründe sprachen, die uns hierhergeführt hatten. So erfuhr ich, daß der Jakobsweg von unterschiedlichen Orden benutzt wurde, die zum größten Teil mit der >Tradition< verbunden waren. Die hier Anwesenden hatten viele Prüfungen und Initiationsrituale durchlaufen, von denen ich die meisten allerdings noch von Brasilien her kannte. Nur der Australier und ich waren Anwärter auf den höchsten Grad des >ersten Weges<. Obwohl wir nicht länger darüber sprachen, merkte ich, daß der Weg des Australiers nichts mit den Praktiken der R.A,M. gemein hatte. Gegen Viertel vor neun erscholl in der alten Burgkapelle ein Gong, und wir gingen gemeinsam hinüber.
Der Anblick war beeindruckend. Die Kapelle - oder besser, was davon übrig war, denn auch sie war weitgehend verfallen - war von Fackeln erleuchtet. Dort, wo einst der Altar gestanden hatte, hoben sich sieben Gestalten ab, die mit den jahrhundertealten Gewändern der Templer bekleidet waren: Kappe und Helm aus Stahl, Panzerhemd, Schwert und Schild. Es verschlug mir den Atem: Es war so, als sei ich in eine andere Zeit zurückversetzt. Das einzige, was noch an die Realität gemahnte, war unsere Kleidung, die Jeans und die TShirts mit den aufgenähten Kammmuscheln.
Selbst im schwachen Licht der Fackeln konnte ich erkennen, daß einer der Ritter Petrus war.
»Tretet näher zu euren Meistern«, sagte einer von ihnen, der wie der Älteste wirkte. »Seht ihnen nur in die Augen. Entkleidet euch und empfangt die Gewänder.«
Ich trat zu Petrus und blickte ihm tief in die Augen. Er befand sich in einer Art Trance und schien mich nicht zu erkennen. Doch ich bemerkte eine gewisse Traurigkeit in seinem Blick, die gleiche Traurigkeit, die am Vorabend in seiner Stimme mitgeklungen hatte. Ich zog mich ganz aus, und Petrus überreichte mir eine Art schwarze, wohlriechende Tunika, die locker an meinem Körper herabfiel. Einer dieser Meister muß mehr als einen Schüler haben, mutmaßte ich, doch ich konnte es nicht nachprüfen, wer es war, da ich Petrus in die Augen blicken mußte.
Der Hohepriester führte uns in die Mitte der Kapelle, und zwei Ritter begannen, einen Kreis um uns herum zu ziehen, und sprachen, während sie ihn heiligten.
So wurde der Kreis als unentbehrlicher Schutz für jene gezogen, die sich in ihm befanden. Ich bemerkte, daß vier von uns eine weiße Tunika trugen, was bedeutete, daß sie vollkommene Keuschheit gelobt hatten.
»Amides, Theonidias, Anitor!« sagte der Hohepriester. »Kraft der Engel, Herr, lege ich das Gewand der Erlösung an. Möge alles, was ich wünsche, Wirklichkeit werden durch Dich, hochheiliger Adonai, dessen Reich ewig währt. Amen.« Der Hohepriester legte den weißen Umhang mit dem rotgestickten Templerkreuz über das Kettenhemd, und die anderen Ritter folgten seinem Beispiel.
Punkt neun Uhr, in der Stunde Merkurs, des Boten, stand ich erneut inmitten eines Kreises der >Tradition<. Der Duft von Weihrauch, Minze, Basilienkraut und Benzoe erfüllte die Kapelle. Und die Ritter begannen mit der Anrufung des mächtigen Königs N. Ich hatte bereits an unzähligen ähnlichen Zeremonien teilgenommen, doch die Templerburg schien meine Phantasie anzuregen, denn plötzlich vermeinte ich in der linken Ecke der Kapelle einen glitzernden Vogel zu sehen.
Dann besprengte uns der Hohepriester mit Wasser, ohne das Innere des Kreises zu betreten, und schrieb mit geweihter Tinte die 72 Namen auf den Boden, mit denen Gott in der >Tradition< angerufen wird.
Wir alle, Pilger und Ritter, begannen die heiligen Namen zu sprechen. Die Flammen der Fackeln knisterten, ein Zeichen, daß der angerufene Geist sich unterworfen hatte.
Dann kam das Tanzen. Niemand durfte den Schutzkreis übertreten. Ich prägte mir den Umfang des Kreises ein und tat genau, was Petrus mich gelehrt hatte.
Ich dachte an meine Kindheit. Eine Stimme, eine ferne weibliche Stimme in mir, stimmte ein Wiegenlied an. Ich kniete nieder, rollte mich ganz in Samenposition ein und spürte, wie meine Brust, nur meine Brust, zu tanzen begann. Ich fühlte mich wohl und war bereits ganz in

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