Auf dem Schlachtfeld der Liebe
er seine Frau in die Obhut Alfred Mores, eines älteren Soldaten mit stahlgrauem Haar und klugen braunen Augen. Der Mann brachte Risa und Jamie in eine komfortable Pension nahe dem Weißen Haus der Konföderierten und erklärte, Jeromes Besprechungen würden einige Stunden dauern. In seiner Gefangenschaft habe er wichtige Informationen gesammelt, die er nun an die Behörden weitergeben würde. Währenddessen wanderte Risa rastlos in ihrem Zimmer umher. Vor der Tür stand ein Wachtposten. Eine Mahlzeit wurde ihr serviert. Später fragte Lieutenant More, ob sie ein Bad nehmen wolle. Dankbar stimmte sie zu, und er ließ eine Wanne bringen. Darin saß sie, bis das Wasser erkaltete.
Durch die offenen Fenster wehte Frühlingsluft herein. Irgendwo erklang Musik, ein Walzer. Dann wurden >Dixie< und »The Bonnie Blue Flag< gespielt. Risa beugte sich aus dem Fenster, ihr Fuß klopfte im Takt der Melodien auf den Boden. Weiter unten an der Straße sah sie zahlreiche Kutschen vor dem Weißen Haus der Konföderation stehen.
Ihr Atem stockte, als sie Jerome auf der Veranda entdeckte, in ein Gespräch mit einem kleinen Zivilisten, einem etwas größeren uniformierten Mann und einer Frau vertieft.
Erbost starrte sie zu ihm hinüber. Während sie in diesem Zimmer festsaß, ganz allein in der Hauptstadt ihrer Feinde, flirtete er auf einer Party. Nach kurzem Zögern öffnete sie lautlos die Tür. Lieutenant More ließ sich nicht blicken, und der junge Wachtposten döste auf einem Stuhl, den Kopf an die Wand des Flurs gelehnt. Vorsichtig schloß sie die Tür und inspizierte die Sachen, die sie im Plantagenhaus eingepackt hatte - nur Reisekleidung, keine eleganten Roben. Aber eines der Kleider war über dem Busen mit einer Spitzenborte verziert. Risa trennte den oberen Teil des Stoffes heraus, und so entstand ein einigermaßen >gewagtes< Dekollete. Seit sie Jamie stillte, besaß sie üppige Brüste. Rasch steckte sie ihr Haar zu einem lockeren Knoten hoch, von dem aus sich ein paar Löckchen im Nacken und vor den Ohren herabringelten.
Dann trat sie vor den Spiegel und kniff sich in die Wangen. Bedauerlicherweise fehlte ihr ein Unterrock. Aber in den krisengeschüttelten Kriegszeiten konnten sich nur wenige Frauen modisch kleiden. Außerdem wäre eine allzu elegante Aufmachung geschmacklos, besonders in den Südstaaten, deren Bevölkerung so viel entbehren mußte.
Sollte sie tatsächlich eine Rebellenparty im Weißen Haus besuchen, als ungebetener Gast? Reiner Wahnsinn ...
Doch sie mußte einfach hingehen. Offenbar kannte Jerome die brünette Frau, die an seinem Arm hing, viel zu gut. Und die Tochter eines Generals wurde überall respektiert, im Süden ebenso wie im Norden.
Risa hob das Baby aus dem Bett, öffnete lautlos die Tür und schlich auf Zehenspitzen an dem schlafenden Wachtposten vorbei.
Glücklicherweise schrie Jamie nicht und schien instinktiv zu spüren, daß er die kühnen Pläne seiner Mutter nicht vereiteln durfte. Sie huschte die Treppe hinab und aus der Pension.
Nach wenigen Minuten erreichte sie das Weiße Haus. Jerome stand nicht mehr auf der Veranda. Während sie sich unschlüssig umsah, eilte eine hübsche, dunkelhaarige Frau zu ihr. »Hallo, meine Liebe, Sie schauen so verwirrt drein. Kann ich Ihnen helfen?« Risa wollte antworten, aber ihre Stimme versagte.
Jetzt gab es kein Zurück mehr. Sie kannte die Frau des Konföderationspräsidenten Jefferson Davis, des einstigen Kriegsministers der Union. Vor einigen Jahren war sie ihm gemeinsam mit ihrem Vater oft begegnet.
»Risa!« rief Varina Davis entzückt aus. »Risa Magee! Neuerdings McKenzie, nicht wahr? Kommen Sie, gehen wir ins Haus. Da drin finden Sie Ihren Captain.«
»Mrs. Davis ...«, begann Risa verlegen. Um Himmels willen, warum war sie so dumm gewesen, hierherzukommen?
»Nennen Sie mich Varina, so wie früher. Ich möchte Sie mit einigen Leuten bekannt machen. Warum hat Ihr Mann Sie nicht zu unserer Party mitgebracht? Das verstehe ich nicht. Ihr erstes Kind?« Lächelnd musterte Mrs. Davis das Baby. »Darf ich's mal halten?«
»Natürlich.« Risa wußte, wie kinderlieb Varina war. Ihren Erstgeborenen hatte sie vor vielen Jahren verloren, doch seither schwärmte sie für alle Babies.
»Oh, ich fürchte, mein Sohn wird Ihr schönes Kleid beschmutzen.«
»Als ob mich das stören würde! Kommen Sie nur.«
»Lieber nicht. Jerome ist sehr beliebt. Nachdem ich beschuldigt wurde, ich hätte seine Verhaftung und den Verlust seines Schiffs
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