Auf dem Schlachtfeld der Liebe
elegantem Speiseraum. Auf einem schneeweißen Tischtuch schimmerten englisches Porzellan, kostbares Tafelsilber und edles Kristall.
Zu exzellenten Weißfischen wurde frisches Gemüse serviert. Auch Jensons Madeira schmeckte ausgezeichnet und der Whiskey noch besser. Aber Jerome wußte noch immer nicht, was die Nordstaaten-Presse über ihn schrieb. Das erfuhr er erst, als sich die Gentlemen nach dem Dinner mit Zigarren und Brandy in die Bibliothek zurückzogen.
»Nun, Major«, begann er, einen Schwenker in der Hand. »In letzter Zeit war ich meistens auf See. Deshalb bin ich nicht besonders gut über die Ereignisse an Land informiert. Dürfte ich die Zeitungen sehen, die Sie erwähnt haben?«
»Natürlich, Captain.« Jenson nahm einen Stapel Zeitungen von seinem Schreibtisch. »Aus Washington, New York und Boston.« Während Jerome die Artikel überflog, staunte er zunächst über die Aufmerksamkeit, die er erregte, dann ärgerte er sich. Nachdem General Angus Magee erfahren hatte, seine Tochter sei aus St. Augustine verschwunden, nannte er die Soldaten der Südstaaten-Navy >Barbaren< und Captain McKenzie einen >wilden Piraten<, den jeder Vater einer unschuldigen Tochter sofort erschießen sollte. Erbost legte Jerome die Zeitungen beiseite.
»Vielleicht hätte ich Ihnen diese Artikel besser vorenthalten«, meinte Major Jenson nun bedrückt. »Aber hier in Charleston finden wir sie eher amüsant als ehrenrührig.«
»In der Tat«, bestätigte Pierce Thompson, der Vater des hübschen Mädchens. »Was hatte diese junge Dame in feindlichen Gewässern zu suchen? Kein Mann, der auf sich hält, würde seiner Tochter solche Eskapaden erlauben.«
»Nun, in den Zeitungen wird auf das Seminolenblut meines Vaters hingewiesen«, bemerkte Jerome und nickte seinem eifrigen Verteidiger zu. »Und deshalb bin ich ein Barbar.«
»Aber jeder Militär müßte wissen, daß Sie in diesem Fall keine Wahl hatten«, betonte Jenson.
Thompson lachte leise. »Wie ich vielleicht hinzufügen darf, Captain - unsere Damen fanden die Geschichte sehr interessant, und einige würden sich sehr gern auf Ihr Schiff entführen lassen.«
Die Zähne zusammengebissen, zwang sich Jerome zu einem Lächeln.
»Nicht einmal die Aussage der jungen Dame konnte Ihre Landsleute von Ihrem tadelnswerten Verhalten überzeugen, Sir«, verkündete der Major.
»Was? Sie hat sich zu den Vorfällen geäußert?«
»Ja, in der Tribüne. Tut mir leid, ich vergaß Ihnen die Zeitung zu geben. Hier ist sie.«
Mühsam bezähmte Jerome seine Wut und begann zu lesen. Der junge Reporter war Risa in Richmond begegnet und hatte sich anscheinend in sie verliebt. Jedenfalls schwärmte er in den höchsten Tönen von ihrer Schönheit und Tapferkeit. »Nach den schrecklichen Qualen, die sie als Gefangene eines wilden Rebellen erlitten hatte, konnte sie es kaum erwarten, in die Arme ihres liebenden Vaters zu sinken. Natürlich hofft sie, daß in diesen Krieg die Gerechtigkeit siegen wird.« Von einer Verführung wurde nichts erwähnt. Alle anderen Zeitungen hatten angedeutet, die junge Dame sei vergewaltigt worden.
Jerome ließ die Tribüne sinken und fürchtete, man würde seine zitternden Hände bemerken.
»Nun haben Sie einen Ruf erworben, der die Damen zweifellos fasziniert, Sir«, meinte Trilby Harris, ein Artillerie-Captain.
»Aber der alte Angus will Blut sehen«, warf Jenson ein.
»Kennen Sie den >alten< Angus?« fragte Jerome.
»Bevor ich meinen Dienst bei der United States Army quittierte, stand ich unter seinem Kommando«, erklärte der Major. »Ein respektabler Gentleman - und ganz vernarrt in seine Tochter. Nun, wir alle mochten Miss Risa. Eine erstaunliche junge Dame, selbstbewußt und ungewöhnlich klug. Und sie vertritt sehr vernünftige Ansichten. Vor dem Krieg war ich ein bißchen in sie verliebt, so wie viele Offiziere. Eine Zeitlang dachten wir, sie würde sich verloben, mit Ian Mc ...« Verlegen unterbrach er sich.
»Mit meinem Vetter?«
»Ja, aber offensichtlich waren sie nur gute Freunde. Was für eine Frau! Allein schon diese leuchtendblauen Augen. Eine klassische Schönheit... Wirklich, Sir, ich beneide Sie um Ihr Erlebnis«, gestand der Major grinsend und hob sein Glas.
Ehe Jerome antworten konnte, kam Jensons altjüngferliche Tante in die Bibliothek. »Meine Herren, hoffentlich genießen Sie Ihre Zigarren. Aber wir Damen sehen nur selten so viele attraktive Männer auf einmal, und deshalb bitten wir Sie, mit uns zu tanzen. Wir haben bereits
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