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Auf dem spanischen Jakobsweg

Auf dem spanischen Jakobsweg

Titel: Auf dem spanischen Jakobsweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Dannhäuser
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März des Jahres 1312. Dort kam es dann zu einer
Sensation. Papst Clemens legte die Bulle „Vox in excelsis“ vor, in der er
einräumte, dass eine endgültige Verurteilung des Ordens zwar nach kirchlichem
Recht nicht zu rechtfertigen, aber die Auflösung des Ordens durch den Heiligen
Stuhl, nicht durch einen Beschluss des Konzils, unumgänglich sei, schon der
vielen Ärgernisse wegen, die man mit den Templern gehabt habe. Das akzeptierte
man auf dem Konzil, war es damit doch die Verantwortung los, da hatte der
Nachfolger Petri den „schwarzen Peter“. Und die Templer selbst, die Menschen?
Ach das sollten die Provinzialkonzilien regeln. Die Menschen waren, da man an
die Güter des Ordens herankam, unwichtig geworden. Was allerdings das Vermögen
des Ordens anging, setzte sich Clemens durch, das Vermögen sollte dem
Johanniterorden vermacht werden. Da aber lächelten die Herren nur in sich
hinein, das amüsierte sie denn doch ein bisschen. König Philipp war für’s Erste
seine Geldschuld an die Templer in Höhe der von ihm gepumpten 500 000 Livres
mit einem Schlage los. Vieles andere riss er sich bedenkenlos auch noch unter
den königlichen Nagel.
    Eines muss
man allerdings auch sagen, wenn man, in Ponferrada im Schatten der großen
Templerburg steht. In vielen Ländern Europas, in England und Deutschland und
auch hier in Spanien wurden die Templer zwar ebenfalls verfolgt, teilweise
sogar gefoltert, letztendlich aber fairer behandelt. Auch wenn Papst Clemens
mit seinem Sendschreiben an den König von Aragon, Jakob II., diesem für die
unnachsichtige Verfolgung der christlichen Ordensbrüder die ewige Seligkeit
versprach und damit auch ein hartes Vorgehen gegen sie erreichte, wurden sie in
Aragón dann doch schon im Jahre 1311 freigesprochen. Auch in Kastilien gab es
Widerstände gegen den Papst, der inzwischen schon in Avignon, in der
sogenannten „babylonischen Gefangenschaft“ saß. In einem Prozess vor den
Bischöfen, nicht vor der Inquisition, wurden die Templer in Kastilien
freigesprochen. Portugal gewährte den Templern sogar Zuflucht, hier waren sie
vor Verfolgung gänzlich sicher.
    Aber auch in
Spanien musste man letztendlich die Auflösung des Ordens durch den Heiligen
Stuhl akzeptieren. Das fiel den Herrschenden vielleicht nicht einmal schwer.
Denn jetzt konnten auch sie sich über das Vermögen der Männer im weißen Mantel
hermachen. In Kastilien vor allem der König, der Adel und die Städte und auch
für die Orden von Santiago und Calatrava, schließlich sogar für die Johanniter,
die jetzt den Schutz der Jakobspilger übernahmen, blieb etwas übrig. In Aragón
und Katalonien schlossen diese sogar wesentlich besser ab. Und was wurde aus
Jakob von Molay, dem letzten Großmeister der Templer? Den schleppten sie vor
ein kirchliches Gericht in Paris. Dort wollten sie ihn, da er ja „gestanden“
hatte, begnadigen — zu lebenslänglichem Kerker. Aber da schrie er plötzlich
seinen erstaunten Richtern ins Gesicht, dass er nur schuldig sei, seinen Orden
unter der Folter verraten zu haben. Sonst aber sei er rein und heilig, sein
Orden ohnehin, alle Anklagen seien erdichtet und alle Geständnisse erpresst
worden.
    Der König
aber, der im Hintergrund lauerte, wurde jetzt wirklich böse. Noch am selben
Tag, bei Sonnenuntergang, hat man den letzten Großmeister der Templer auf dem
Scheiterhaufen verbrannt, ganz in der Nähe des Königlichen Schlossgartens in
Paris, auf einer kleinen Insel in der Seine. Das Volk aber las seine Asche auf
und verehrte ihn als Märtyrer.
     
     

Der Liebe Gott aus Holland
     
    Gesehen
hatten wir ihn schon einige Male, den hochgewachsenen, mageren Mann mit dem
etwas zerzausten, weißen Bart, den asketischen, aber feinen, fast etwas
verletzlich wirkenden Gesichtszügen und den hellblauen Augen, die wohl nie
lachen konnten. Aber wir waren, wie das manchmal so ist, nie mit ihm ins
Gespräch gekommen, vielleicht weil wir nie mit ihm im gleichen Schlafraum
gelegen, vielleicht nicht einmal in der gleichen Herberge übernachtet hatten.
Ich erinnere mich an ihn eigentlich nur, wie er in abendlichen Pilgermessen
kniet und tief in sich versunken betet, ein frommer Mann, ernst und unnahbar,
ein Heiliger.
    Aber heute,
in Ponferrada, in der kleinen, verschachtelten Herberge, liegt er nun bei uns
in diesem fensterlosen, dunklen Zimmerchen, in welchem außer mir und meinen
Gefährten nur noch die beiden älteren Engländer Al und Mike — schon seit
etlichen Etappen waren wir ihnen nicht mehr

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