Auf dem spanischen Jakobsweg
vor Christus eine Siedlung
namens Pompejopulus gegründet wurde und zwar, worauf dieser Name hin weist, von
keinem Geringeren als Pompeius. Von jenem berühmten römischen Feldherrn und
Politiker, der die aufständischen Sklaven unter Spartakus besiegt, das
Mittelmeer von Seeräubern gesäubert und auch noch Mithridates VI. bezwungen
hatte. Jenen gefürchteten kleinasiatischen Erobererkönig, der mit dem
sogenannten „Blutbefehl von Ephesus“ 80.000 Römer hatte hinschlachten lassen.
Historisch gesicherter ist, was Pamplona angeht, dass bereits um das Jahr 465
die Westgoten in diesem Gebiet siedelten, bevor dann von 738 bis 750, also nur
für kurze Zeit, die Mauren auch in dieser Stadt die Fahne des Propheten
flattern ließen. Bis aber hier, im Kernland der Basken, das christliche
Königreich Navarra mit seinem Regenten Sancho Garcés I. an der Spitze
entstanden war, dauerte es noch etwa 150 Jahre. Diesem ersten König von
Navarra, der bis zum Jahr 925 von Pamplona aus regierte, gelang es dann
allerdings, die Mauren aus dieser Ecke Spaniens endgültig zu vertreiben. Damit
waren dann auch die ersten Grundlagen für den „camino francés“, also für den
„Jakobsweg“ gelegt, auf dem ich soeben durch die Vororte Pamplonas laufe. Zum
eigentlichen Pionier des Pilgerweges aber wurde ab dem Jahre 1000 Sancho III.
von Navarra, auch „der Große“ genannt, der den Camino von Nájera über Belorado
und durch die wegen der Räuberbanden so gefürchteten Montes de Oca bis Burgos
ausbauen ließ. Und aus Navarra war inzwischen ein beachtliches Königreich
geworden. Sancho der Große herrschte nicht nur über die Provinz Navarra,
sondern auch über weite Teile der Grafschaft Kastilien und auch über das
angrenzende Aragón. Nach seinem Tod im Jahre 1035 wurde sein hispanisches Reich
auf seine Söhne aufgeteilt, Aragón wurde unter Ramiro I. selbständiges
Königreich und ebenso Kastilien unter Ferdinand I. der sich im
Jahre 1037 auch noch das Königreich León und Asturien einverleibte und von dem
wir noch hören werden.
Damals hatte
auch Spaniens „Heldenzeit“ begonnen. Der Ritter und Nationalheld El Cid wurde um
das Jahr 1040 geboren, und die Reconquista drückte jetzt die Mauren in blutigen
Auseinandersetzungen langsam aber stetig zurück. Die Pilgerbewegung breitete
sich wie ein Fieber über ganz Europa aus und der Heilige Jakobus war nicht mehr
nur der fromme Mann mit der Pelerine und dem Pilgerstab, der Kürbisflasche und
der Muschel, sondern er saß jetzt auch schon mal als „Matamoros“, als
Maurentöter, hoch zu Ross und schwang das Schwert gegen den Islam. Auf
Zeugnisse aus diesen alten Zeiten werden wir am Camino noch oft stoßen.
Wir aber
stehen plötzlich vor der berühmten romanischen Magdale-nenbrücke in Pamplona.
Auch sie überspannt den Arga, dem wir schon seit Zubiri gefolgt waren. Ich
lehne mich über die Brückenmauer und schaue, wie so oft in den letzten Tagen,
in das ewig grüne Wasser des Arga hinunter. So stehe ich also auf dieser
historischen Brücke und vor meinem geistigen Auge ziehen sie alle vorbei, die
ungezählten Pilger, die seit fast tausend Jahren hier in die Stadt
hineingezogen sind. Könige und Königinnen, Fürsten und Bischöfe, Mächtige und
Heilige und die nie gezählten Namenlosen — Fromme und Zweifler, Kranke und
Bettler, Haudegen und Furchtsame, Künstler und Kaufleute, Soldaten und
Abenteurer, Gaukler, Spielleute und Verbrecher, das ganze Kaleidoskop
menschlicher Profile aus dem gesamten abendländischen Siedlungsraum.
Und hier
stand eben kurz vor dem Jahre 1495 auch der schon erwähnte Servitenmönch
Hermann Künig von Vach und schrieb in sein Tagebuch:
„Dan komestü in ein stat heist
Pepelonia
Und wann du körnest über die
brücken
Da magstu in ein spital rucken
Darinne gybt man zuyn und
brot.“
Wir gehen
weiter durch das Portal de Francia, das Stadttor, und kommen gleich darauf an
die Kathedrale. Aber auch sie ist verschlossen. Also weiter, immer den gelben
Pfeilen nach, die den Jakobsweg meist auch in den Städten markieren, bis zur
Herberge. Doch auch die Pilgerherberge, in der Altstadt gelegen und turmartig
nach oben strebend, weil zum Gebäudekomplex der Kirche San Saturnino gehörend,
ist nicht geöffnet. Ein Zettel in spanischer Sprache fordert uns auf, etwa zwei
Kilometer lang den gelben Pfeilen bis zu einem Gymnasium zu folgen. Wir maulen
etwas herum, denn die Hitze ist schon wieder gewaltig. Das Pilgerbuch des
Servitenmönchs, aus dem ich
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