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Auf dem spanischen Jakobsweg

Auf dem spanischen Jakobsweg

Titel: Auf dem spanischen Jakobsweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Dannhäuser
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lachen, weil sie sich etwas Lustiges zu erzählen haben. Ich setze
meinen Rucksack auf und ziehe weiter bis Los Arcos.
     
     

Ein Ungeheuer
wird aus der Kirche Santa María geworfen
     
    Auch in Los
Arcos verlasse ich die Herberge noch bei Dunkelheit. Mit meiner kleinen
Taschenlampe ertaste ich die gelben Pfeile, die durch ganz Spanien den Camino
markieren. Der Río Odrón, den ich nach wenigen Metern überquere, fließt in der
Dunkelheit lautlos dahin. Auch vor seinem Wasser warnte Aymeric schon im Jahre
1130. Es brächte den Pferden und den Mannen, die daraus tränken, den Tod und
sogar die Fische seien giftig. Etwas oberhalb des Flusses komme ich an den
Friedhof und entdecke in seinem Portal, ins Deutsche übertragen, die Inschrift:
„Ich war, was du bist, du wirst sein, was ich bin.“ Nachdenklich gehe ich
weiter. Hinter mir, weit im Osten, wird bereits ein fahler Lichtstreifen am
Horizont sichtbar. Die Sonne setzt langsam und lautlos zum Sprung an. Langsam
erkenne ich auch den Feldweg, der mich schnurgerade und tischeben westwärts
führt. So, als wollte er mir die Möglichkeit geben, vor der Sonne wegzulaufen.
Aber die Sonne ist in den frühen Morgenstunden den Pilgern eine gute Freundin.
Noch zeigt sie sich nicht, aber schon lässt sie als Vorboten ihre Lichtstrahlen
in die abgeernteten Getreidefelder links und rechts von mir fluten. Ein erster
Weißton fließt lautlos und ganz allmählich in ein helleres Gelb hinüber. Dieses
wird kräftiger, beginnt plötzlich zu leuchten und sogleich erstrahlen die
abgeernteten Getreidefelder, erstrahlt die Welt um mich in purem Gold. Und
schon beginne ich, die neue Wärme zu fühlen. Die dunklen Gedanken, die seit der
Inschrift am Friedhof von Los Arcos lautlos, aber bedrückend mit mir gewandert
sind, sind verscheucht. Wie an jedem Morgen werfe ich auch jetzt wieder diesen
langen Schatten auf den Weg vor mir, so langgestreckt, als wolle er mich mit
Gewalt nach Santiago ziehen.
    Ich habe
seit einiger Zeit den gelben Pfeil nicht mehr bewußt wahrgenommen, auch sehe
ich trotz des ebenen Landes, über das ich wandere und das den Blick
kilometerweit nach allen Seiten freigibt, keine Pilger. Habe ich mich
verlaufen? Vielleicht war ich auch nur unaufmerksam und habe die Pfeile nicht registriert.
Egal, ich gehe völlig sorglos weiter. Solange ich am frühen Morgen meinem
Schatten nachlaufe, wandere ich auf jeden Fall westwärts, auf Santiago zu. Und
weit vor mir sehe ich einen Kirchturm und ein paar Häuser. Dort wird es Wasser
geben und Auskunft darüber, wo ich eigentlich bin. Aber da taucht nach einiger
Zeit der gelbe Pfeil wieder auf. Mein Schatten war mir auch heute ein guter
Kompass.

    Das Innere
der stilrein romanischen Kirche von Torres del Río kann ich nicht betreten,
weil sie abgeschlossen ist. Heute kommt auch keine alte Frau mit dem Schlüssel,
um in der Kirche zu beten. Sicher könnte ich mir irgendwo einen Schlüssel
besorgen. Aber ich bin schon wieder durchgeschwitzt und habe bis Logroño noch
etwa 20 Kilometer vor mir. So laufe ich nur um die Kirche Santo Sepulcro herum
und setze mich danach in ihren Schatten, um Wasser zu trinken. Über den
Ursprung dieser Kirche gibt es nicht einmal eine Urkunde. Ist sie von Templern
errichtet worden, die bis zu ihrer tragischen Vernichtung den Schutz der Pilger
übernommen hatten? Oder ist sie, wie manche meinen, eine Gründung des Kloster
Irache, an dessen Mauern wir gestern noch Wein getrunken haben?
    Genau um 12
Uhr mittags, nach weiteren zehn Kilometern, komme ich in Viana an, einem
mittelalterlichen Städtchen, das bereits auf die römische Siedlung Cornava
zurückzeigt und seit dem Jahre 1423 sogar den Titel eines Fürstentums trug.
Durchgeschwitzt, hungrig und von Durst geplagt, kaufe ich mir in einer
Seitenstraße gleich am Eingang von Viana die Zutaten für eine kräftige
Brotzeit. Ich muss allerdings noch durch schmale und holprige Gassen, vorbei an
verfallenen Palästen, die eine große Vergangenheit vermuten lassen, steil
hinaufsteigen. Endlich komme ich auf dem kleinen Platz vor der Kirche Santa
María an.

    Im Gegensatz
zu den meisten kleineren Orten am Camino, die wir bislang durchwandert haben
und die oft wie ausgestorben wirkten, gibt es hier viele Menschen auf dem
kleinen Platz mit dem Brunnen in seiner Mitte. Auch Heinz und Tobias sitzen
dort an einer Mauer und begrüßen mich lachend und mit der Frage, wo ich mich
denn so lange herumgetrieben hätte.
    Ich lehne
meinen Rucksack und meinen Pilgerstock an

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