Auf dem spanischen Jakobsweg
Pyrenäen herüberpfiff, schon im
Kloster Irache kennengelernt und das Gezetere der dortigen Mönche klingt uns
auch noch in den Ohren. Dieses Lamento wird hier nicht geringer gewesen sein.
Doch es nützte alles nichts. Im Jahre 1080 wurde der Kluniazenser Bernard de
Sedirac sogar Vorsteher in Sahagún und vorbei war es mit dem gemütlichen
Schlendrian im Kloster.
Für die
Pilgerbewegung war Sahagún von großer Bedeutung. Schon gegen Ende des 11.
Jahrhunderts hatten sich rund um die Abtei Bürger aus vielen Ländern jenseits
der Pyrenäen angesiedelt, Bretonen, Engländer, Deutsche, Gaskogner, Burgunder,
Normannen, Toulouser, Provencalen, Lombarden und andere. Es gab schon etliche
Pilgerhospize und die damals errichtete Brücke „Puente de Canto“ wird noch
heute benutzt. Schließlich stand in Sahagún die damals mächtigste Abtei am
Jakobsweg. Im 19. Jahrhundert wurde dieses berühmte Kloster, das so viele
gelehrte Persönlichkeiten hervorgebracht hat, durch eine Feuersbrunst
vernichtet.
Obwohl wir
heute schon viele Kilometer gelaufen sind, wollen wir uns wenigstens die beiden
Kirchen San Tirso und San Lorenzo noch ansehen, das berühmte Museum der
Benediktinerinnen ist leider schon geschlossen. Das Besondere an diesen beiden
Kirchen ist schon von weitem zu sehen: Beide sind nämlich im Mudejar-Stil
erbaut, aus unverputzten Backsteinen und mit den typischen hufeisenförmigen
Bögen. Die Mudejaren waren Mauren, die nach den Siegen der christlichen
Reconquista, insbesondere nach der folgenreichen Schlacht von Navas de Tolosa,
nicht etwa mit den maurischen Heeren geflohen, sondern in den jetzt wieder
christlichen Städten ansässig geblieben oder sogar neu hinzugekommen waren.
Unter ihnen gab es viele geschickte Handwerker, aber auch Künstler und
Baumeister. Ihren eigenen Baustil verwoben sie bis in das 15. Jahrhundert
hinein mit der christlichen Romanik und Gotik in einer subtilen gegenseitigen
Befruchtung. Christliche Könige aus Kastilien hatten nicht nur für diesen
Baustil eine besondere Vorliebe, sondern für die maurische Kultur und Lebensart
schlechthin. Hier muss man insbesondere den uns schon bestens bekannten Alfons
X. erwähnen. Er hat nicht nur Marienstatuen in seinen Cántigas besungen, er
war, wie wir erfahren haben, auch einmal deutscher König und vor allem schätzte
er die Kultur der Mauren. Ein so weltoffener Geist wie er, der Weise, wie man
ihn nannte, konnte eben viele kulturelle Strömungen in sich assimilieren.
Es ist ohnehin
interessant, wie sich das Zusammenleben zwischen Christen, Mauren und Juden
nach der Vertreibung der Mauren gestaltete, auch wenn es hier über die
Jahrhunderte hinweg sehr unterschiedliche Strömungen zwischen Toleranz und
Verfolgung gegeben hat. Im Jahre 1465 — nur Granada konnte sich noch unter
maurischer Herrschaft halten — unternahm ein Schwager des polnischen Königs
Georg von Podiebrad mit großem Gefolge eine Pilgerreise nach Santiago. Mit
dabei auf dieser Reise war ein gewisser Gabriel Tetzel aus Nürnberg, der einen
anschaulichen Reisebericht hinterlassen hat, wobei er die Mauren, der damaligen
Zeit entsprechend, immer als „Heiden“ bezeichnete. Zunächst einmal fiel ihm
auf, dass Christen, Mauren und Juden — jedenfalls damals — einträchtig nebeneinander
lebten. Besonders groß scheint diese Eintracht zumal dann gewesen zu sein, wenn
es galt, die Pilger mit Wegezöllen und Brückenmauten zu schröpfen:
Von dannen ritt wir auss in der
grossen hitz über ser gross hoch berg und oft einen ganzen tag über und über,
das wir weder häuser, leut, vich sahen, und kamen an ein brücken, do hetten
cristen, beiden, juden uns an der brücken verloffen mit iren weren und wollten
gelt von uns haben. Also gewunnen wir jn die brücken an und schluogen uns durch
sie. Darnach verliefen sie uns die engen weg in dem gebirg und theten uns gross
not an mit iren armbrustern und lantzenschiessen, und wir schussen uns auch mit
jn, wann unser iederfurt sein armbrust. Doch das sie uns an der letzt so hart
noteten und wurden jr so vil gesamet, das jn mein herr von der brücken den zol
muost geben, wann sie sagten, es waer ein ieder schuldig zu geben.
Und was die
feine maurische Art am Hofe von Heinrich IV., dem Halbbruder und Vorgänger von
Isabella der Katholischen, anging, so scheint der gute Gabriel aus Nürnberg
doch vollends irritiert gewesen zu sein:
In dem selben stätlein sitzen
der merer teil beiden. So hat der alt kunig vil an seinem hofund hat vil
cristen
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