Auf den ersten Blick

Titel: Auf den ersten Blick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Wallace

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gesagt, ich sollte es tun, damit ich mal aus der Wohnung rauskomme«, sagte ich wütend. »Das war kein Spruch. Du hast die ganze Zeit was im Schilde geführt. Beim Bier am Nachmittag oder im Fotoladen oder bei Hey-fahren-wir-doch-nach-Whitby? Alles nur, um mich abzulenken, weil du die Auseinandersetzung scheust? Damit dein Dad herkommen kann, um die Wohnung auszumessen oder sie jemandem zu zeigen oder um Fotos zu machen oder …«
    »Du sagst es, als hätte ich gewollt, dass es so kommt! Und Whitby war auch für mich. Ich brauchte das. Eine Auszeit. Dad hatte angerufen und meinte, er wollte rüber kommen. Ich musste irgendwohin, und ich brauchte einen Freund. Für mich war es viel schwerer, Jason. So ein Laden war immer mein Traum.«
    »Und dann gibst du ihn so einfach auf?«
    »Versuch du mal, mit einem IQ aufzuwachsen, dem du nicht entsprechen kannst. Versuch du mal, deinem Dad zu beweisen, dass er unrecht hat, wenn du ihm dabei jedes Mal nur beweist, dass er recht hat. Er hält mich jetzt schon für einen Versager. Meinst du, ich wollte, dass mein bester Freund das weiß?«
    »Was hast du immer zu mir gesagt? Dass ich die Bilder entwickeln soll, diesem Mädchen folgen, den Moment nutzen? «
    »Ich wollte dir nur Hoffnung geben, Jase.«
    Hoffnung. Wieder dieses Wort.
    »Und was ist mit dir?«, sagte ich. »Wo ist deine Hoffnung?«
    »Ach, komm schon. Ich sag doch, das hier war mein Traum. Dad hat mir die Chance gegeben und es bewiesen: Träume sind unrealistisch, denn deshalb sind sie Träume. Dieser Laden hatte ungefähr dieselben Chancen wie … also …«
    »Wie ich, dieses Mädchen zu finden.«
    »Ja!«, sagte er plötzlich böse. »Ja, wenn du so willst. Allerdings heißt das nicht, dass man es nicht versuchen sollte, oder? Aber dieser Traum ist vorbei, Jase, denn ich habe es versucht. Dad hat mir ein Jahr gegeben, um es zu versuchen. Weißt du, wie viel ich gestern eingenommen habe? Zwei lumpige Pfund für ein gebrauchtes Sonic 2 . Die Leute wollen neue Spiele, sie kommen nicht zu mir, sie gehen zu GAME oder HMV oder in irgendeinen Laden, von dem sie annehmen, dass er auch nächste Woche noch da ist. Ich dachte, ich hätte eine Nische, aber wie Dad mir wieder und wieder liebend gern unter die Nase gerieben hat, funktionieren Nischen in der Rezession nicht so besonders. Seine Läden an der Brick Lane laufen gut, er will sich darauf konzentrieren, und es gibt im ganzen Land keinen Buchhalter, der ihm in diesem Punkt widersprechen würde.«
    »Das war’s also? Es ist alles schon unter Dach und Fach?«
    »Es ist sein Laden. Sein Geld. Das war von Anfang an klar. Aber es könnte sein, dass niemand diesen Laden so schnell haben will. Die alte Tierhandlung um die Ecke steht schon seit einer Ewigkeit zum Verkauf, also bleibt immer noch die Wohnung! Ich wollte nicht, dass du dir Sorgen machst. Du bist mein bester Freund, Jase. Könnte sein, dass wir noch ewig hier wohnen.«
    Ich hatte kaum Ersparnisse, ich hatte kaum Perspektiven, und jetzt ging mir auch noch die Hoffnung aus. Es war schon schlimm genug, wenn ich an dem Glauben festhielt, dass aus diesem Abend in der Charlotte Street etwas Gutes erwachsen würde. Aber es war etwas völlig anderes, wenn ich feststellen musste, dass selbst Dev das Ganze von vornherein hirnrissig gefunden hatte. Ich fühlte mich albern, hintergangen, hoffnungslos.
    Ich sah mich in der Wohnung um, wohl wissend dass wir nicht mehr ewig hier sein würden. Ich zumindest nicht. Also ging ich raus, wütend, und ich trank, wütend, und als ich nicht nach Hause gehen wollte, aber auch nicht wusste, wohin ich sonst sollte, machte ich einen Anruf, und sie ging ran und meinte: »Komm her. Jetzt gleich .«
    Und das Mädchen?
    Das Mädchen war nur ein Traum, und wie mein großer Freund Devdatta Patel sagen würde: Träume sind unrealistisch.
    »Was herunterfallen kann, hält man mit Händen, doch was in meinem Herzen ist, damit werde ich sterben.«
    Altes Sprichwort der Shona, Simbabwe
    Hallo. Inzwischen seid Ihr siebzehn, oder? Das reicht für eine Party. Wir könnten uns betrinken, ohne zu reden, und dann nach Hause gehen und darüber bloggen.
    Martin in Malaysia, das wird Dir bestimmt gefallen: Heute früh in der U-Bahn, an der Goodge Street, fiel mir eine Anzeige ein, die ich vor Kurzem in einem dieser Werbeblätter gesehen habe. Da hat ein Mann einer Wildfremden seine Liebe gestanden.
    Normalerweise lese ich so was nicht, denn es ist mir viel zu peinlich. Und ich fürchte, ich könnte eines